Fabian Lichters Economy Class
Keinen Plan
Es muss schon einigermaßen schlimm um die Wahrnehmung der Leute stehen, wenn ein Faktencheck der Tagesschau notwendig wird, um zu klären, dass die Grünen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Planwirtschaft einführen werden. Denn das ist bekanntlich der Grundton u.a. im AfD-Umfeld, aber eben auch darüber hinaus. Auch Christian Lindner, man erinnert sich, raunte 2019 noch, die Grünen würden den Klimawandel nutzen, um "mit Planwirtschaft die Industrie umzubauen und Menschen umzuerziehen". Und man fragt sich, wo bloß die unsichtbare Hand bleibt, die den Mann einmal sorgsam aber bestimmt des Platzes verweist.
Bei einer Umfrage unter Wirtschaftsvertretern zur präferierten Kanzlerin kam Annalena Baerbock kürzlich jedenfalls noch auf 26,5 Prozent der Stimmen. Entweder ist man neuerdings an den Hebeln der Macht überraschend offen für ökonomische Experimente, oder aber man traut den Grünen in rechten Kreisen zu viel zu. Fragt sich nur: Wie weit müssen sich die Grünen noch in Richtung Wirtschaft und Altparteien bewegen, damit der Spuk in rechten Hirnen endlich ein Ende nimmt? Und wie um Himmels willen sollte so ein Übergang zum – dann eben grünen – Sozialismus aussehen? Wird es Bananensmoothies geben?
Wer im jüngst erschienen Wälzer "Schriften zu Planwirtschaft und Krise" von Friedrich Pollock Antwort sucht, stellt fest, dass es ihm zumindest 1929 (nach einer Forschungsreise nach Moskau für das Frankfurter Institut für Sozialforschung) tatsächlich möglich schien, dass eine Planwirtschaft, heißt eine Planung aller (!) Wirtschaftsbereiche, innerhalb einer Volkswirtschaft im Westen funktionieren könnte. Nur eben aller Voraussicht nach nicht im Einvernehmen mit den Eigentümern der Produktionsmittel. Man kann sich nun spaßeshalber ausmalen, wie Baerbock, Habeck und Co. ein solches Vorhaben 2021 Industrie und Bankenwesen schmackhaft machen würden. Ob das Habeck-Lächeln da ausreichte?
Seit den Tagen wissenschaftlichen Arbeitens zur Planwirtschaft und den realen Versuchen folgten eben doch noch einige Jahrzehnte Wirken und Walten des Kapitalismus, Globalisierung und Neoliberalismus (hierzulande nicht zuletzt salonfähig gemacht durch die Grünen). Und wer nun ausgerechnet in diesen Grünen die neuen Geburtshelfer der klassenlosen Gesellschaft sieht, dem kann man eigentlich wirklich nur noch gute Besserung wünschen. Es ist dann natürlich schon eindeutig dem Wahnhaften zuzuordnen, was da von rechts auf diese Partei hereinprasselt, und – das dürfte ein mindestens gleichrangiges Problem sein – von allerlei anderen Stimmen dankend aufgenommen und weitergesponnen wird, solange sich damit nur Stimmung gegen jedwede Idee von Regulierung vom Tempolimit bis selbst zum nachhaltigen Kantinenplan machen lässt. Da wünscht man sich doch schon beinahe wieder, es wäre nur ein klein wenig was dran, an den Geschichten.