Inhalt der Printausgabe

Die PARTEI informiert


Martin Sonneborn (MdEP)
Bericht aus Brüssel

»Man soll nur von Europa sprechen, denn die deutsche Führung ergibt sich ganz von selbst.«

Außenpolitisches Amt der NSDAP

Liebe Leser,

Sie sind doch verrückt! Einen bekennenden EU-Kritiker und »Politclown« (Süddeutsche Zeitung) nach Brüssel zu schicken, das ist kein Spaß. Mit anderen Worten: Die Grenzen der Satire sind weit überschritten, wenn Typen wie Bernd Lucke, Udo Voigt und ich plötzlich Typen wie Sie von Brüssel aus regieren müssen.


→ Sachdienlicher Hinweis von Radio Bremen

Zum Einzug von »Die Partei« ins EU-Parlament: Stimmen vergeuden heißt Demokratie beleidigen

Anmerkung der PARTEI: Rund 185.000 Wähler haben am 25. Mai Die PARTEI gewählt, das sind 0,62 Prozent. Dank der schludrigen Wahlrechtsbeschlüsse des Bundestages sind die Stimmen gut angelegt und mehr wert als das Kreuz eines Merkel-Sympathisanten: Die CDU benötigte über 303.000 Stimmen für jedes Mandat.


Am. 1. Juli tritt das neue EU-Parlament erstmals zusammen. Die Deutschen haben wie üblich die besten Plätze reserviert.

Wobei meine Situation wohl am dramatischsten ist – herausgerissen aus dem halbwegs seriösen Umfeld von TITANIC und »Heute-Show« und hineingeworfen mitten in ein Brüsseler »Spaßparlament« (BVerfG, kein wörtliches Zitat).

Nachdem der Staatsrechtler von Arnim in der Legal Tribune* meinen angekündigten Rücktritt und die geplante monatliche Rotation von 60 PARTEI-Freunden als »Verächtlichmachung des Parlamentes« charakterisiert hat, »gegen das die Geschäftsordnung ausreichend Sanktionsmittel zur Verfügung« stelle, stehe ich in der Verantwortung, vor Ihnen und vor Europa: »Gäbe Sonneborn sein Mandat faktisch auf, könnten andere Listenbewerber nicht nachrücken.«


→ Sachdienlicher Hinweisder Süddeutschen Zeitung

Frank-Walter Steinmeier regt das auf: »Parteien, die sich am Tag nach der Wahl einen Spaß daraus machen, sich publikumswirksam zurückziehen, leisten keinen Beitrag zur Demokratie, eher das Gegenteil.«

Anmerkung der PARTEI: Steinmeier sollte am Aufbaukurs »Grammatik für Außenminister (I)« teilnehmen. Und darüber nachdenken, ob nicht die SPD mit einem publikumswirksamen Rückzug einen Beitrag zur Demokratie leisten sollte.


Ich kann Ihnen nicht versprechen, daß ich für die komplette Legislaturperiode von fünf Jahren für diesen – gut dotierten** – Irrsinn zur Verfügung stehe. Ich kann Ihnen aber versprechen, daß alle 60 PARTEI-Führungskader auf unserer EU-Liste ebenfalls für einen Monat nach Brüssel müssen, sei es als Büroleiter, als Praktikanten oder als EU-Kommissionspräsidenten. Schon damit es stets genügend Neider gibt – mein neuer, luxuriöser Lebensstil fällt in Brüssel nicht sonderlich auf, so mein erster, relativ junger Eindruck.


→ Presseerklärung der Sprecherin der EVP-Fraktion im Haushaltskontrollausschuß des Europäischen Parlaments, Inge Gräßle, CDU

Neukollege Sonneborn zeigt peinliche Schwächen bei den Inhalten seines angeblichen 1-Monat-Jobs: Europaabgeordnete verdienen weit weniger als er behauptet, sagte die CDU-Europaabgeordnete und Sprecherin der EVP-Fraktion im Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments, Inge Gräßle.

Der Parteivorsitzenden der »Partei«, Martin Sonneborn, hat behauptet, Europaabgeordnete würden pro Monat über mehr als 30 000 Euro verfügen. Tatsächlich verdient ein deutscher Europaabgeordneter ungefähr so viel wie ein Bundestagsabgeordneter und muß sein Gehalt selbstverständlich in Deutschland versteuern. Sonneborn will sich die Gelder für seine Mitarbeiter unter den Nagel reißen. Das wäre ein Betrugsversuch. Offensichtlich ist Sonneborn schon vor seinem Einzug ein Fall für das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung!**


Und da ich ab sofort offenbar über ausreichend Tagesfreizeit verfüge – Silvana Koch-Mehrin schwänzte über mehr als ein Jahr hinweg sämtliche Sitzungen ihres einzigen Ausschusses –, möchte ich Ihnen hier in den kommenden Monaten ab und an kleine Einblicke in mein neues Umfeld geben.


→ Sachdienlicher Hinweis des NDR

Diese politikparodistische Spaßguerilla verhöhnt die Menschen in nicht-demokratischen Ländern. Was sollen eigentlich die Wählerinnen und Wähler in der Ukraine denken, die nicht ins Wahllokal gelassen wurden?

Anmerkung der PARTEI: Ja, was sollen sie wohl denken? Z.B. »Verdammter Wodka, hab’ ich hier auch Lokalverbot?«


→ Sachdienlicher Hinweis von »Spiegel online« Spon Sie haben im Wahlkampf eine Faulenquote, eine Mauer um die Schweiz, ein Wahlalter von 12 bis 52 gefordert. Was gehen Sie als Erstes an?

M.S. Ich glaube, das Europaparlament kann keine eigenen Punkte setzen. Außer Resolutionen zu verabschieden, kann man dort nicht viel erreichen. Ich sehe mich eher als Stimmvieh, das die Vorgaben der Europäischen Kommission im Hauruckverfahren abnickt.

Spon Wie stimmen Sie ab, wenn Jean-Claude Juncker und Martin Schulz im Plenum zur Wahl stehen?

M.S. Juncker werde ich auf keinen Fall wählen, der ist Ausländer und für Europa nicht tragbar. Schulz? Nun ja ...


→ Sachdienlicher Hinweis
von Henryk M. Broder

Martin Schulz ist ein fröhlicher Rheinländer, mit dem man jede Woche Weiberfastnacht feiern möchte. In seinem vorigen Leben war er Bürgermeister der Gemeinde Würselen bei Aachen und in dieser Eigenschaft, so lesen wir es bei Wikipedia, »insbesondere für den Bau des Spaßbades Aquana verantwortlich«; angesichts der Haushaltslage der Stadt werde diese Entscheidung inzwischen »kritisch gesehen«. Soll heißen: Das Spaßbad liegt der Gemeinde schwer auf der Tasche. Aber damit hatte sich Schulz für eine wichtige Aufgabe in der EU qualifiziert. In seinem Kabinett beschäftigt er einen Bürochef, einen stellvertretenden Bürochef, eine Anzahl von Assistenten und Beratern; dazu Berater der Assistenten und Assistenten der Berater, vier Pressesprecher, einen Spokesman, einen Redenschreiber, einen Terminverwalter, einen Büroboten, einen Kammerdiener und einen Fahrer. Alles in allem 38 Mitarbeiter, die mit ihm zwischen Brüssel und Strasbourg hin- und her fahren.


Ich habe gerade zum ersten Mal das Parlamentsgebäude betreten, da kommen im sogenannten »Micky-Maus-Café« zwei junge Männer auf mich zu, überreichen mir ihre Visitenkarten und fragen, ob wir »nicht lieber in die Fraktion der EVP kommen wollen, da gibt es viel mehr Geld«.


→ Sachdienlicher Hinweis der »Deutschen Wirtschafts Nachrichten«

Abgeordnete des EU-Parlaments sparen sich im Steuerparadies Luxemburg eine zweite Pension zusammen. Zwei Drittel der Einlagen stammen aus Steuergeldern. Der Fonds verlor während der Finanzkrise mehr als 230 Millionen Euro durch Spekulation. Das EU-Parlament entschied damals, daß der Steuerzahler auch dieses Loch stopfen muß. Die Liste der Nutznießer reicht vom stets polternden EU-Kritiker Nigel Farage bis zur Linken Sahra Wagenknecht.


Natürlich habe ich nicht die Absicht, diesem dubiosen Fonds beizutreten, schon weil er seit der Aufdeckung der Angelegenheit 2009 leider keine neuen Mitglieder mehr aufnimmt. Immerhin haben über 1100 Abgeordnete und Ex-Abgeordnete Anteile und damit später ein zweites Ruhestandsgehalt von z.T. über 50 000 Euro p.a. zu erwarten. Daß der europäische Rechnungshof keine legale Basis für den Fonds sieht, ändert nichts an der Tatsache, daß er bis zum Ableben des letzten daran beteiligten Parlamentariers weitergeführt wird – und Finanzierungslücken auch zukünftig vom Steuerzahler geschlossen werden.


Über Twitter kommt von der polnischen KNP eine Einladung zu Fraktionsgesprächen. Der KNP-Vorsitzender Janusz Korwin-Mikke will das Frauenwahlrecht abschaffen, weil sich Frauen eh nicht für Politik interessierten. Die KNP geht schließlich zu den Rechtsextremen, zusammen mit der Litauer Partei »Recht und Ordnung«, die von Rolandas Paksas angeführt wird, ehemaliger Präsident von Litauen und erstes europäisches Staatsoberhaupt, das mit einem Amtsenthebungsverfahren aus dem Amt gejagt wurde.


Erste politische Idee des PARTEI-Büroleiters Dustin Hoffmann (real name): die legendäre EU-Gurkenkrümmungsverordnung, die 2009 abgeschafft wurde (1 cm Krümmung auf 10 cm Länge), wieder einzuführen – für Exportwaffen.


»Wir im Europäischen Parlament machen unglaublich viele wichtige Sachen!« Ska Keller, MdEP, Bündnis 90/Die Grünen**


Für einen letzten »Heute-Show«-Beitrag treffe ich 20 Kilometer außerhalb von Brüssel den Waffenlobbyisten Giles Merritt, Chairman der Security & Defense Agenda, eines einflußreichen Think Tanks mit zwei weiteren politischen Schwergewichten an der Spitze: Javier Solana, vormals Hoher Vertreter der EU für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, und Jaap de Hoop Scheffer, ehemaliger NATO-Generalsekretär.

Es wird viel geredet in Brüssel. V.l.n.r.: Waffenlobbyist, MdEP, Pussy (nicht im Bild)

→ Auszug aus dem Gespräch

M.S. Mr. Merritt, wir treffen Lobbyisten auch aus anderen Bereichen, lassen uns von denen einladen und bekommen tolles Essen bezahlt, Champagner und Muscheln. Würden Sie uns auch einladen?

Merritt Sehr gerne, aber ich habe heute Abend schon 150 Gäste.

M.S. Einige Verteidigungsminister und Generäle darunter?

Merritt Ja, sogar der russische Konsul.

M.S. Gute Güte, ist das nicht gefährlich?

Merritt Nein, überhaupt nicht. Er ist eine Pussycat.

M.S. Der russische Botschafter ist eine Pussycat? Ist Putin auch eine Pussy?

Merritt Ja, absolut. Er ist sehr simpel. Ich glaube nicht, daß er begriffen hat, welche Auswirkungen die Ukraine-Krise auf die russische Wirtschaft hat.

M.S. Glauben Sie, wenn Engländer, Deutsche und Franzosen zusammenhalten, können wir den Russen plattmachen?

Merritt Ja, sicherlich...

M.S. (zeigt auf eine Katze, die an der Balkontür auftaucht) Da ist eine Pussy auf dem Balkon.

Merritt Was zum Teufel geht hier vor, in meinem Haus?


* Vgl. Internet, Legal Tribune, »Die PARTEI im EU-Parlament: ›Wir werden uns vor allem bereichern‹«

** Zur Vergütung von EU-Abgeordneten vgl. Wikipedia oder von Arnim in der Legal Tribune vom 16.5.2014: Diäten, steuerfreie Spesenpauschale, Tagegeld, diverse Pauschalen, Kilometergeld (ca. 0,5 €), Freifahrten, -bier, -büros und -flüge, andere Pauschalen, Mehrwertsteuernachlaß, Rentenansprüche etc.

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner