Dax Werners Debattenrückspiegel KW 28
Liebe Leser_innen,
Ein alter Glaubenssatz aus der Comedy-Branche besagt: Humor, dass sei Tragödie plus Zeit. Nun waren die Hochwasser in Westdeutschland gestern Nachmittag schon wieder ein paar Tage her und Armin Laschet machte im Prinzip nichts anderes als eins und eins zusammen zu zählen: Die Zeit ist reif, befand er nach einigem Nachdenken, der Hochwasser-news-cycle neigt sich seinem Ende, ein bisschen Spaß muss jetzt auch mal wieder sein, ein, zwei flotte Sprüche, das hält die Moral der Truppe oben. Denn das Leben birgt, niemand weiß das besser als er, so manchen Rückschlag, vieles lässt sich nicht ändern, et hätt noch immer jot jejange: Diagnose resilient-Rheinisches Karnevals-Mindset eben bei Laschet, dem Instinkt-Politiker. Und während also Bundespräsident Steinmeier in Erftstadt mit dem ihm typischen heiligen Ernst in Mikrofone pastoralte, dieses und jenes versprach, bückte sich der CDU-Kanzlerkandidat im Hintergrund herrlich ab, bespaßte die versammelte Lokalprominenz aus dem Rhein-Erft-Kreis ab, fletschte die Zähne, prustete befreit auf. Im Grunde sind es schöne Bilder.
Im World Wide Web gab es dafür wieder einmal viel Kritik: Pietätlos sei die Darstellung, Laschet besäße kein Gespür für die Situation und hätte mit seinem Erftstadt-Stand-up seine Nicht-Eignung fürs Kanzleramt unter Beweis gestellt. Kurz gesagt: Im moralischen Elfenbeinturm herrschte einmal mehr Katastrophenalarm.
I beg to differ.
Es stimmt ja: Wir hier im hochwassergebeutelten NRW wünschen uns eigentlich nichts mehr, als dass der Noch-Landesvater kurz vorbeischaut, ein paar Fotos macht, Interesse simuliert, ein offenes Ohr suggeriert. Gleichzeitig leben wir nun schon einige Jahre unter der Regentschaft Armin Laschets, sind sozusagen bundesweite Modellregion für die sich abzeichnende Kanzlerschaft des kleinen Mannes aus Aachen. Armin Laschet’s Regierungsstil, das wissen wir hier jedoch längst, zeichnet sich durch 12 unterschiedliche Meinungen zu ein und demselben Thema aus, oft alle innerhalb von 24 Stunden geäußert. Seine Performance wirkt nicht selten rätselhaft, erratisch, launisch, immer wieder unterbrochen durch Episoden gespenstischen Ulks. Laschet, der Getriebene, von dem niemand so wirklich weiß, wie’s in ihm ausschaut. Was geht in seinem Herzen vor? Die Nächte verbringt er einem aktuellen Interview zufolge alleine schlaflos vor der Glotze, bevor dann um halb 7 schon wieder WDR2 oder der Deutschlandfunk durchbimmelt. Armin als moderner Hamlet. Vielleicht ein wenig far-stretched, aber das sind nunmal die Gedanken, die wir uns hier in NRW machen. In Armins vergeblicher Suche nach sich selbst erkennen wir Nordrhein-Westfalener uns wieder, das connected uns zu ihm.
Vielleicht würde es helfen, wenn auch der Rest der Republik es einmal versucht. Und vielleicht müssen wir einfach lernen, mit Armin Laschet zu leben. Er ist jetzt einfach da. Nicht erst in 50 Jahren, nicht in 20, nein: Jetzt.
Machen wir das Beste daraus.
Einen friedlichen Sonntag wünscht euch: Euer Dax Werner