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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Er ist Gechichte

Mit Helmut Kohl ist „ein großer Europäer“ (Angela Merkel, Focus online, Sigmar Gabriel, SZ, „Hannoversche Allgemeine Zeitung“, Jean-Claude Juncker, Cem Özdemir, ZDF u.v.a.) von uns gegangen, dessen Vision von einem europäischen Deutschland „ein Vermächtnis an die deutsche Nation und an ganz Europa“ sei, wie einer gesagt hat, der den Unterschied zwischen einem europäischen Deutschland und einem deutschen Europa sowenig kennt wie den zwischen einem sozialdemokratischen Parteivorsitzenden und einem, der nicht gelernt hat, Vermächtnisse an die deutsche Nation rechts liegen zu lassen. Chulz hätte auch sagen können, er melde vor der deutschen Geschichte den Eintritt ihres Größten in das Reich des Herrn.

Es ist eine gut bekannte Tatsache, daß den „großen Staatsmann“ (Zeit online, Annegret Kramp-Karrenbauer, Sigmar Gabriel, SWR, Henriette Reker, Frank-Walter Steinmeier, Volker Bouffier, Wiesbadener Tagblatt u.a.m), politisch angeschlagen, wie er 1989 war, allein der Fall der Mauer gerettet hat (und, glauben wir Heiner Geißler, die Intervention der Deutschen Bank). Daß er diesen Fall wie kein zweiter zu nutzen verstanden habe und den Mantel der Geschichte im entscheidenden Moment ergriff, wird nur der nicht bejubeln, dem die deutsche Nation am Podex vorbeigeht und der überdies Schwierigkeiten hat, sich vorzustellen, irgend etwas wäre 1989ff ohne Kohl anders gelaufen, als es gelaufen ist. Kohl hat es, in einem späten Interview, selbst gesagt, daß die Sowjets aus dem letzten Loch pfiffen und eine DDR hergaben, die sie nicht mehr finanzieren wollten oder konnten (der Anfang vom Ende waren zwei Millionen Tonnen Erdöl, die die UdSSR ab 1981 nicht mehr lieferte), und er war der Mann, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und Gorbatschow die DDR gewissermaßen abkaufte, für 15 Milliarden D-Mark. Seine Strickjackendiplomatie mochte die Hoffnung nähren, das neue Deutschland werde ebenfalls ein gemütliches.

„Geschichte ist nur das, was in der Entwicklung des Geistes eine wesentliche Epoche ausmacht.“ Hegel, 1805

Dieses Deutschland, als es dann da war, war eines, das seinen östlichen Teil dem westlichen zur Ausplünderung überließ, begünstigt durch die Währungsunion, die, trotz verzweifelter Warnungen von Fachleuten, auf Kohls Drängen einen Umtauschkurs von 1:1 vorsah und damit auf einen Schlag die DDR-Industrie ruinierte, die ihre Produkte zum regulären Westpreis nicht mehr loswurde. Als, auch deshalb, dann die Asylantenheime und Häuser türkischer Familien brannten, „hat Kanzler Kohl sich an diesen Tatorten leider nicht sehen lassen“, und der nächste Pressepreis gehe an H. Prantl für dieses „leider“, in Prantls Nachruf auf den „großen Instinktpolitiker Helmut Kohl“. Dessen Instinkt ihm halt sagte, daß seine Bundesdeutschen, die neuen noch weniger als die alten, ihr Deutschland nicht als Einwanderungsland begriffen, was er ja ebensowenig tat, er, der Ende ’89 in Dresden davon sprach, man sei jetzt wieder so etwas wie eine große deutsche Familie; und halt keine ausländische.

Für einen Staatsmann hat Helmut („Weiter so!“) Kohl innenpolitisch wenig hinterlassen, wenn man von den Folgen seines Umtausch-Befehls absieht (die ostdeutsche Wirtschaftsleistung liegt nach wie vor nur bei 70 Prozent der westlichen), seinem legendären Besuch auf dem SS-Friedhof, seiner Haltung zu Parteispende(r)n und der geistig-moralischen Vorbereitung dessen, was heute, zwischen „Famillje“, Leistungsfetisch und Privatfernsehen, neues Biedermeier heißt: „Von der Birne heiß / rinnen muß der Schweiß / Ist der Feierabend da / Hausschuh Marke Romika“ (Gremliza, 1982). Außenpolitisch ist Osteuropa deutscher Hinterhof und leidet der Westen unterm Euro, der es unmöglich macht, die deutsche Wirtschaftsmacht per Abwertung der nationalen Währung zu unterlaufen. Privat hatte sich der legendäre Männerfreund Kohl zuletzt mit so gut wie allen seinen Männerfreunden (wie auch seinen Söhnen) zerstritten, und mit derart hölzernen Worten, wie sie Theo Waigel im Heute-Journal sprach, der als einer der letzten beim Altkanzler gelitten war, möchte ich jedenfalls nicht verabschiedet werden.

Daß Helmut Kohl Dutzende unvergeßlicher TITANIC-Titel stimuliert hat, bleibt sein historisches Verdienst.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Besser-Essis

Man ist der Dinge manchmal müde, und wie müde, merkt man mitunter erst, wenn man von der Müdigkeit der Mitmenschen Mitteilung erhält. Der Freund und Kollege R., der noch richtig Kritische Theorie studiert hat, sogar in Frankfurt, hat im Alumni-Newsletter seiner alten Universität einen Aufmacher titels „EAT! Essen schafft Identität“ zur Kenntnis nehmen müssen. „Essen ist heute nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Ausdruck eines Lebensgefühls, eine Botschaft.“ Und die lautet: „Wir sind Besser-Esser. Spaß, Genuß, Kultur. Gemeinsam kochen und essen als Event läuft gut. Besser-Esser wissen, was gut für den eigenen Körper und vor allem fürs Ego ist.“ Denn: „‚Essen ist Pop‘, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Hanni Rützler, weil es als Ausdruck eines Lifestyles längst zu einem Medium der Individualisierung geworden sei.“ Was heute halt alles als Individualität durchgeht. „Wer es schafft, den perfekten Speiseplan zu erstellen, hat mehr als nur einen Lebensstil gefunden:‚Ernährungsentscheidungen schaffen Identität‘, sagt die Frankfurter Professorin für Literaturwissenschaft, Christine Ott.“ Als wäre die Unverschämtheit, mit der die Leute „ich“ sagen, nicht schon groß genug. „‚Man kauft heute nicht nur Lebensmittel ein, man kauft ein Konzept‘, sagt Ott. ‚Der Ernährungsstil demonstriert Lifestyle und die persönliche ethische, politische Haltung. (…) Es gibt den starken Wunsch nach ethisch und politisch korrektem Essen. Junge Menschen erleben hier, daß sie mit Ernährung etwas in der Welt ändern können.‘“

Nun ist die Herrschaft spätestens da in die Menschen eingewandert, wo von „perfekten Speiseplänen“ die Rede ist, und wenn junge Menschen beim konzeptuellen Besser-Essen überhaupt etwas erleben, was über das spätkapitalistische Dumm- und Zurichtungsformat „Event“ hinausgeht, dann die Mechanismen der konsumierenden Klassengesellschaft, die beim Essen nicht nur nicht aufhört, sondern sogar anfängt.

Denn Essen ist die Grundform des Konsums, und wer seine „Individualität“ durch ein „Beef“-Abo zu stärken sucht, der hat schon keine mehr. Nichts gegen den starken Wunsch nach ethisch und politisch korrektem Essen, den habe ich auch; aber wer mit Ernährung, per Konsum versucht, etwas in der Welt zu ändern, der sorgt dafür, daß alles so bleibt. In der verschärften Klassengesellschaft ist jeder Selbstausdruck, noch der gutgemeinte, eine klassenpolitische Ansage, und niemand, der im Bioladen einkauft, hat nicht mindestens Abitur. Vegetarismus und Veganismus, was immer sich zu ihren Gunsten vorbringen läßt, sind da zur distinktorischen Waffe geworden, wo die Bürgermutti bei der Kita-Besichtigung nicht deshalb lauthals nach fleischlosem Essen fragt, weil ihr die Tiere leid tun, sondern damit es jeder mitkriegt. (Es gibt längst auch zuckerfreie Kitas. Denn wo schon jeder Honk aufs Gymnasium darf, lassen sich die Prolos zuverlässig daran erkennen: daß es bei ihnen Zucker gibt und Fleisch und Fernsehen.) Die Wurst, hoffen Wohlmeinende, werde über kurz oder lang zur „Zigarette des 21. Jahrhunderts“, also etwas für Ausländer, Drogensüchtige und verbildete Randfiguren wie R., der Zigaretten raucht und Würste ißt; wenn er denn mal was ißt, vorbildlicher Konsumverweigerer auch hier.

„Einer Menschheit, welche Not nicht mehr kennt, dämmert gar etwas von dem Wahnhaften, Vergeblichen all der Veranstaltungen, welche bis dahin getroffen wurden, um der Not zu entgehen, und welche die Not mit dem Reichtum erweitert reproduzierten.“ Adorno, 1945 

Sollen in Zeiten, wo in acht von zehn Restaurants die Soßen aus dem Tetrapack kommen, die Schulen – alle Schulen – ruhig zeigen, daß Kochen eine Kulturleistung ist, und wer den „Veggie-Day“ verhöhnt, der werde einen Tag lang in den Schlachthof geschickt. Darüber hinaus herrsche bitte die Einsicht, daß „ausdrucksuchende Rudereien“ (Henscheid) Rudereien sind und nichts, was man ernst meint, zum Lifestyle werden darf. Adorno, falls man das selbst in Frankfurt schon nicht mehr weiß, auf die „Frage nach dem Ziel der emanzipierten Gesellschaft“: „So illegitim die unvermeidliche Frage, so unvermeidlich das Abstoßende, Auftrumpfende der Antwort, welche die Erinnerung an das sozialdemokratische Persönlichkeitsideal vollbärtiger Naturalisten der neunziger Jahre aufruft, die sich ausleben wollten. Zart wäre einzig das Gröbste: daß keiner mehr hungern soll. Alles andere setzt für einen Zustand, der nach menschlichen Bedürfnissen zu bestimmen wäre, ein menschliches Verhalten an, das am Modell der Produktion als Selbstzweck gebildet ist. In das Wunschbild des ungehemmten, kraftstrotzenden, schöpferischen Menschen ist eben der Fetischismus der Ware eingesickert, der in der bürgerlichen Gesellschaft Hemmung, Ohnmacht, die Sterilität des Immergleichen mit sich führt.“

Ich brauch’ jetzt einen Kaffee, und ob er fair & bio ist, behalte ich für mich.

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Gärtners kritisches Pfingstsonntagsfrühstück: Alles gut

Es mag daran liegen, daß ich diese Zeilen, weil ich über Pfingsten müßiggehen will, vorfristig schreibe und noch nicht wieder genug passiert ist; oder daß ich meines ewigen Gemosers überdrüssig bin; oder schlicht daran, daß ich einen passenden Text für den schönen Kolumnentitel benötige.

Es gehe heute jedenfalls darum, wie gut doch alles sei; ja wie geradezu herrlich.

Der Fernseh-Wettermann Plöger z. B. kündigt Maitemperaturen von 33 Grad an und hält das nicht für ein Menetekel, sondern für „schönes Wetter“. In Koblenz waren es dann fast 35, der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen, und die Unwetter folgten prompt; und ich wohne Erdgeschoß und überlege bisweilen, ein Notfallköfferchen bereit zu halten, damit mir nicht irgendwann die mühsam erworbenen Anstreichungen im Adorno wegschwimmen; und denke mir weiters, daß es einem Fernseh-Wettermann, auch wenn ihm solche Sorgen fremd sein mögen, nicht schlecht zu Gesicht stünde, einfach mal zu sagen: Für die Jahreszeit zu warm. Aber der Wettermann, der ist halt für die guten Nachrichten da, und darüber wollen wir uns ja heute freuen.

In der druckfrischen „Konkret“ zitiert Kollege Leo Fischer aus einem Programm der Frankfurter Goethe-Universität, die einen „starken Start ins Studium“ ermöglichen will, und zwar mit Kursen wie „Bausteine der Grammatik“, „Selbstorganisation und Zielmanagement“ oder „VORbereitungskurs Literaturwissenschaften“, den z.B. Josefine glücklich absolviert hat: „Mir hat es sehr gut gefallen, daß wir über verschiedene Autoren gesprochen haben, da ich mich bisher mit deutscher Literatur nicht so viel beschäftigt habe. Mir hat es auch gefallen, daß wir auf die Unterschiede zwischen Drama, Prosa und Lyrik eingegangen sind. Ich wußte natürlich, daß es welche gibt, aber die Frage ist dann: Welche? Jetzt weiß ich es.“ Und wir für unseren Teil wissen und haben unseren Gefallen daran, daß mit der Bildungsrepublik Großdeutschland, an deren Hochschulen „die Alphabetisierung noch einmal nachgeholt“ wird (Fischer), alles zum wirklich Allerbesten steht, ja geradezu massiv zum Besten steht, wie es heute morgen in meinem geliebten Morgenblatt wieder derart massiv zuging, daß sogar der arme Sellering (Krebs) keinen Ausweg mehr sah und mitteilte, er habe sich jetzt einer „massiven Therapie“ zu unterziehen.

„... und es war alles, alles gut!“ Eichendorff, 1826

Variatio delectat? Auf die Unterschiede eingehen, ja überhaupt welche machen? Aber wo; bzw. sind wir nun alternativlos, oder sind wir es nicht? Deshalb geht auch das Plusquamperfekt seinem stillen Tod entgegen („Nachdem Männer aus dem arabischen Raum … Frauen sexuell belästigten und beklauten, herrschte in dieser Frage große Verunsicherung“, SZ, wo sonst) und es aber bei der Frühförderung heiter weiter; und hat die Deutsche Post Kinderbücher im Regal, die unter dem Reihentitel „Ich lerne“ auftreten: „Ich lerne: Spielen & Toben. Meine Freizeitgestaltung für drinnen und draußen“, und deshalb ist moderne Kindheit auch nicht mit der öden zu vergleichen, die, sagen wir, die Kinder aus Bullerbü hatten, die ganz ohne Anleitungen zur Freizeitgestaltung spielten und tobten, daß es nur so eine Art hatte, aber eben nicht die, die unsere „westliche Wertegemeinschaft“ (Dr. G. Seibt, München) immer reichlicher auszeichnet. Deren würgend komplementäre Hauptimpulse, Selbstvermarktung und Gängelung, sich nun in der Mode niederschlagen, die Kinder im Holzwagen vor dem Fahrrad spazierenzufahren. Irgendwas Holländisches und garantiert eine gute Möglichkeit, distinktionswirksam tausend Euro aus dem Fenster zu werfen.

Wo war ich? Ach ja. Daß alles gut ist. Deswegen sagen es ja auch alle immerzu. Wirklich ständig!

Es wird doch keine Beschwörung sein?

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Und fertig

Es gibt eine Aufnahme von Hitler, auf der er, noch vor der Machtübernahme, erschöpft eine seiner Massenkundgebungen verläßt, nach welchen ihn sein Adjutant abschirmt mit den u.a. von Joachim Fest zitierten Worten: „Lassen Sie ihn doch in Ruhe, sehen Sie nicht, der Mann ist fertig!“ In Ruhe lassen konnte Sandra Maischberger den sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten am Mittwoch abend freilich nicht, und allerdings war Chulz auch bereits vor seiner Kundgebung erschöpft; und so grau und trostlos, wie er da saß und fahrig Maischbergers Auflockerungsfragen beantwortete: Ja, er könne schon mit Geld umgehen, er brauche ja auch nicht viel, er kaufe allenfalls Bücher usw. – tat er mir leid, weil das mir Teilzeit-Vortragskünstler so bekannt vorkam: Wenn mal wieder bloß acht Leute da sind, von denen nur drei bezahlt haben, und man etwas, das schon verloren ist, mit Haltung hinter sich bringen muß.

Der Mann war fertig, und es ist ganz ausgeschlossen, daß aus der sozialdemokratischen Kampagne noch was wird; zumal der SPD-Spot, Youtube hat ihn, vor Banalität geradezu schimmert. Nichts einfacher, als jetzt hämisch zu werden und der SPD ihren ständigen Verrat am kleinen (und sogar größeren) Mann vorzurechnen, den der halt nicht vergißt. In der Mai-„Konkret“ holte Kollege Florian Sendtner aber nun die April-„Konkret“ aus dem Jahr 1965 aus dem Archiv, wo Sebastian Haffner, damals ein bürgerlicher Linker, eine Lanze für das kleinere Übel brach: „Nichts ist leichter, als aus SPD-Reden und -Schriften der letzten Jahre entmutigende Zitate zusammenzustellen oder aus der Parteigeschichte entmutigende Episoden. (…). Nun gibt es auf der deutschen Linken eine Tradition, in solcher Lage lieber das größere Übel gewinnen zu lassen – 1925 lieber Hindenburg als Marx, 1932 lieber Hitler als Hindenburg. Man bestraft mit einer gewissen selbstquälerischen Schadenfreude die SPD dafür, daß sie nicht besser ist, als sie ist, und schlägt die Folgen in den Wind: ,Ist ja doch alles eins.’ Aber ist wirklich alles eins?“

„Komm! Die Rechnungen / sind geschrieben, / aus den Trompeten fährt Staub.“ Eich, 1964

Das findet der liebe Florian zum Beispiel nicht, denn wer SPD wähle, verhindere vielleicht vier weitere Jahre Merkel und damit die Nebenregierung des Parafaschisten Seehofer; wie überhaupt der Supereuropäer Chulz eine Bank wider die allüberall erstarkenden Nationalen sei. Eine Seite weiter rechnet Georg Fülberth zwar vor, daß auch mit dieser SPD kein Rechtstrend zu stoppen ist; aber, um einen klassischen Haffner-Satz zu kopieren: Das gibt zu denken. Ist ein gemildertes Hartz-IV-Regime, bei allen Verlogenheiten, nicht besser als ein ungemildertes? Ist die Scheißpartei SPD, wenn es darum geht, was nach Lage der Dinge in diesem Land möglich ist, nicht etwas weniger scheiße als die Scheißpartei CDU, schlimmstenfalls im Verbund mit der Oberscheißpartei FDP? Sollen wir, weil Revolution ja erst einmal nicht zu haben ist, mit den Revisionisten gehen, für die Revision überdies bloß heißt, die Depravierten, denen vom Euro immer nur der Cent bleibt, jetzt mit anderthalb Cent zu locken?

Für eine polemisch gemeinte Kolumne ist die Antwort: Ich weiß es nicht, keine recht passende; und glücklich vielleicht, wem der Rückzug auf die Maxime gelingt, daß Politik nicht gemacht, sondern exekutiert wird. Doch auch hier lauert Dialektik, denn wenn egal ist, wen man wählt, weil ja immer bloß der scheiß Standort gewinnt, dann könnten wir auch den wählen, der die Parteienkonkurrenz nutzt, um für irgendeinen und irgendeine eine Erleichterung herauszuholen, unabhängig davon, ob er nur etwas zurücknimmt, was er selbst ins Werk gesetzt hat.

Gottlob ist auf die SPD Verlaß; und hat ihr Chef bei Anne Will verlauten lassen, es sei nicht okay, wenn vor Bahnhöfen „unsere Frauen“ angegriffen würden. Das fand sogar der „Spiegel“ eklig; und wir können die Akte SPD mit der Feststellung schließen, daß die SPD noch da das größere Übel vorstellt, wo sie vorgibt, das kleinere zu sein. Und ich bin „SZ“-Abonnent und weiß, wovon ich rede.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Nicht leben und nicht leben lassen

In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern werden, auf die Einwohnerzahl gerechnet, mit Abstand die meisten Nazi-Straftaten begangen, also das, was amtlich unter „rechtsextremistische Gewalt“ fällt. Die für die Studie verantwortlich Ostbeauftrage der Bundesregierung will natürlich nicht sagen, daß nun alle Ostler Nazis wären, glaubt aber Spezifika erkannt zu haben, als das Aufwachsen in der „geschlossenen“, „homogenen“ DDR-Gesellschaft jene, die sie noch erlebt haben, fürs Fremde eher untauglich gemacht habe. Dann – zusammengefaßt – kam der Westen, und die Landschaften blühten viel weniger als erhofft, und was die große Freiheit sein sollte, war Konkurrenz und Arbeitslosigkeit, denn aus der Wärme des sozialistischen Wohnküchenkollektivs war es in die Kälte der freien Marktwirtschaft gegangen, und woran sich in Ostdeutschland mehr Menschen wärmen als im Westen, ist nicht allein ostalgische Erinnerung, sondern wieder das, woran sich Deklassierte eben wärmen, und hier ist es nicht die Religion.

Die Linkspartei, Sachwalterin ostdeutschen Lebensgefühls, ist mit der Studie nicht einverstanden: „Wenngleich nostalgische Attitüden ohne Zweifel mitschwingen, läßt sich daraus beim schlechtesten Willen keine Ursache für einen gesellschaftlichen Rechtsruck momentanen Ausmaßes konstruieren“, verriet die Vorsitzende Katja Kipping, und „momentanen Ausmaßes“, das hatten wir auch noch nicht gehört; und jedenfalls ist es jetzt so, daß die einen sagen, die DDR ist schuld, die anderen, die DDR ist nicht schuld.

In einem jener Bücher, die zum festen Bestandteil politischer Bildung in diesem Land gehören sollten (und es, versteht sich, genau darum nicht tun), in Wolfgang Pohrts „Das Jahr danach“ aus dem Jahr 1992, läßt sich unvergeßlich nachlesen, daß der Ausländerhaß in den Ostgebieten seinen Ursprung in der Projektion hat, mittels deren sich die DDR-Bevölkerung die Scham über die eigene Schamferne von 1989f. vom Hals schaffte: „In der DDR und an ihren Grenzen spielten sich Szenen an, bei denen die Ossis ihrem Namen alle Ehre und eine ziemlich schäbige Figur machten. Um Plastiktüten mit Reklamematerial, die von Lastautos herab in die Menge geworfen wurden, prügelte man sich fast, wie dies in Elendsvierteln der Dritten Welt die Kinder tun, oder wie es früher angeblich die Eingeborenen taten, wenn es Glasperlen gab. Die Gratisverteilung von Bananen und Kaffeepäckchen erinnerte stark an die Viehfütterung im Zoo. Auf jegliche Selbstachtung verzichteten Leute, die Verzicht wirklich nicht nötig hatten (…) Der Ossi Ende 1989 also, wie der Wessi ihn sah und wie er sich auf Grund seines vorangegangenen Verhaltens bald selber sehen mußte: ein gieriger Schnorrer, der sich gern erniedrigen und beschämen läßt“.

„Der Ossi als Revolutionsheld, der im Westen das große Wort schwingt und alles kostenlos haben will, zur Belohnung dafür, daß er so mutig für die Einheit des Vaterlandes kämpfte. Aber natürlich auch der Wessi als reicher Protz, der dem Ossi eine Banane und ein Bier spendiert. Die ganze Wiedervereinigung war eine Mischung aus Selbstdemütigung und wechselseitiger Demütigung.“ Pohrt, 1992

Und nun die Projektion, denn „mit den Ostdeutschen, wie sie waren, konnte keiner leben. Sie selber konnten es nicht, und die Westdeutschen konnten es auch nicht“, und dafür mußte nun einmal wer herhalten und büßen, für diesen Minderwertigkeitskompex, genauer: diese „wirkliche Minderwertigkeit, wie jeder Mensch sie sich selber vorwerfen muß, wenn er moralisch versagt hat“.

Also ist, wo man schon mit sich selbst nicht leben kann, aber schließlich leben muß, mit den Fidschis, Negern und Wirtschaftsflüchtlingen kein Auskommen möglich, diesen minderwertigen, unmoralischen, schnorrenden Menschen zweiter Klasse: sic, sic und dreimal sic. Für mich klingt’s plausibel, und wer heute noch nichts Besseres vorhat, der lese bitte gleich noch mal das ganze Buch. Nicht daß jemand auf die Idee kommt, die Kolonialmacht sei ausnahmsweise weniger schuldig, als es die Kolonisierten sind.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Analog ist besser

Und dann hatte mein Bruder den „Spiegel“ dabei, und natürlich wollte ich gleich die Titelgeschichte lesen, in der die legendäre Illustrierte in bewährter Personalisierung einen „eitlen“ Kampf der Ministerin gegen „ihre skandalreiche Truppe“ ausmalte, den von der Leyen bereits „verzweifelt“ kämpfe usw., was, nach allem, was man so mitbekommen hat, der üblich aufgeblasene Quatsch ist – wer hätte uns’ Uschi je verzweifelt erlebt! – und also so vergessenswert wie der Rest des Heftes; wäre da im Kulturteil nicht die Begegnung Thomas Hüetlins mit der hirntoten Hose Andreas Frege („Campino“) gewesen.

„Die Toten Hosen haben die Hymne des Jahrzehnts geschrieben. Jetzt sollen die goldenen Schallplatten brennen. Unterwegs mit der besten Punkband des Landes.“ Erstaunlich, wieviel Blindheit in drei Untertitelzeilen paßt, denn eine Band kann entweder die beste Punkband des Landes sein oder für hymnentauglichen Formatradio-Unrat sorgen („Tage wie diese“), zu dem, wir erinnern uns ungern, sogar die CDU ihren letzten Bundestagswahlsieg feierte. „Nach der Party rief die Bundeskanzlerin persönlich bei Campino an und entschuldigte sich dafür, daß ,wir so auf Ihrem Lied herumgetrampelt sind’. Als wären die Hosen die Könige eines anderen, ihr unbekannten Deutschlands’“ und eben nicht jene des bekannten Formatradiodeutschlands, das sich so schön in Merkel inkarniert und dessen „Spiegel“-lesendem Teil der Hüetlin den masssentauglich mediokren Campino als gequälten Linksintellektuellen verkaufen muß; denn Campino hat es sich „nie leicht gemacht mit Deutschland. Campinos Mutter war Engländerin“, der Opa väterlicherseits ein Richter, der „sich weigerte, Juden ohne Verhandlung zu verurteilen. Die Drohungen von Nazis und Rechtsradikalen begleiten die Band bis heute. Bei Fußballspielen hält Campino zu England. Selbst im Finale 2014 schaffte er es nicht, Deutschland die Daumen zu drücken. Er war für Argentinien. Was verrückt ist, denn im Fußball ist Argentinien so etwas wie ein Erzgegner Englands. Probleme, irgendjemand?“ Absatz. „Na ja, Probleme sind so etwas wie Campinos zweiter Vorname.“ Absatz. „Er hat sie.“ Absatz. „Manchmal lacht er über sie. Manchmal lassen sie ihn toben vor Wut. Manchmal löst er sie auch. Auf jeden Fall geht er seinen Problemen selten aus dem Weg.“

„Nein, Sie und ich, wir sind beide – Menschen ein und desselben Wahnsinns!“ Dostojewski, 1875

Eine wirkliche Ausnahmeerscheinung also, ganz anders als sein Fan Hüetlin, der das macht, was Schmöcke wie Osang und Kurbjuweit auch machen, und die übelsten Platitüden durch Kurz- und Absätze derart aufbläst, daß das Publikum sich in einem Film wähnen kann, dessen Drehbuch von Hemingway persönlich stammt.

Um so besser, wenn dann noch Kerle aneinandergeraten, so wie Jan Böhmermann und Frege, als dieser einen deutschen Benefizsong für afrikanische Ebola-Waisen organisiert hatte und jener fernsehöffentlich den Titel verriet: Do they know it’s Scheiße? „Dazu war eine Fotomontage eingeblendet. Ein Bild von Campino. Mit einem Doppelkinn, geformt aus einem Hodensack … Die Assoziation war klar: ein reicher alter Sack, der sich mit der Not in Afrika wichtig macht. Eine Denkfigur, immer wieder gern genommen. Vor allem in Deutschland, wo der Staat für alles Mögliche zuständig sein soll und individuelle Wohltäter Verdacht auf sich ziehen.“ Jedenfalls dann, wenn sie der besten Punkband des Landes vorstehen und nicht sehen, daß Großkopferten-Benefiz als Establishmentveranstaltung das reine Gegenteil von Punk ist und Benefizsongs, weil sie ja ins formatierte Radio müssen, kaum anders sein können als Scheiße.

Fünf Millionen Euro kamen zusammen, davon ist in Sierra Leone eine Schule gebaut worden. „Es hätte möglicherweise eine viel größere Schule werden können“, spekuliert da Hüetlin in Richtung Böhmermann, der ja, zersetzender Charakter, der er ist, nicht einmal dann Rücksicht nimmt, wenn es „um das Leben von Menschen“ geht. Campino: „Ich halte nichts von diesem böhmermannschen Zeitgeistgeplapper, sich lustig zu machen, weil der Joke wichtiger ist als die Sache, um die es geht“, denn wenn die Sache auf den Witz trifft, das Wahre auf den Zeitgeist und Substanz auf Oberfläche, dann sehen gute Deutsche selbst dann rot, wenn sie beim Fußball zu England halten oder in hochdemokratischen Wochenblättern Fazits ziehen: „Campino gegen Böhmermann, das ist auch ein Kulturkampf. Analog gegen digital, Herz gegen Kälte, Spontaneität gegen Strategie, offenes Visier gegen jüdische Tücke“, hoppla: „geschlossenes Visier.“

Deutscher Volkspunk sozusagen, der dann auch in „Bild“ sein Plätzchen hat. Wer solche Fans hat, der braucht das „Arschloch“ (Frege) Böhmermann jedenfalls nicht mehr.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: In schwerer Zeit

Noch könnte ich auf das Thema zurückgreifen, das ich eigentlich vorgesehen hatte, daß nämlich Leute, die „Zero Waste“ betreiben, gleichzeitig alles richtig machen (keinen Abfall produzieren), gleichzeitig aber auch alles falsch (Rückkehr in die Tante-Emma-Welt der Fünfziger), denn, ich bitte: Rechtsextreme in der Bundeswehr, wie unbrisant ist das denn.

Daß die Wehrmacht keine Traditionsstifterin für die Bundeswehr sein dürfe, ist schon mal ein großartiger Quatschsatz, denn natürlich haben, wer auch sonst, Wehrmachtsgeneräle die Bundeswehr aufgebaut, den Abwehrkampf wider den Bolschewismus fortzusetzen; und als Verteidigungsminister Blank am 12. November 1955 den ersten Offizieren der Bundeswehr ihre Ernennungsurkunden überreichte, tat er es mit den Worten, daß eine „neue Wehrmacht“ ein „gleichberechtigtes Glied der staatlichen Ordnung Deutschlands“ sein solle. An der Frontseite der Halle, in der die Zeremonie stattfand, „prangte ein fast fünf Meter großes Eisernes Kreuz – Preußens Eisernes Kreuz, zuletzt das Ehrenzeichen der Wehrmacht. Fast alle Anwesenden hatten diesen Orden im Kriegseinsatz erhalten“ („Zeit“ online), der ja bekanntlich darin bestanden hatte, 20 Millionen Sowjets zu massakrieren und auch das restliche Europa von allerlei Untermenschen zu säubern.

Noch 2014 konnte „Spiegel online“ melden, Historiker hätten von derselben Verteidigungsministerin, die sich heute eine wehrmachtsfreie Bundeswehr wünscht, die Umbenennung von „zahlreichen Kasernen der Bundeswehr“ gefordert, die die „Namen umstrittener Weltkriegsgeneräle“ tragen, zum Beispiel den des als „Wüstenfuchs“ verklärten Rommel: „Der Name des berühmten Nazi-Generals hängt bis heute an der Rommel-Kaserne in Augustdorf und an der Rommel-Kaserne in Dornstadt. Der Fall Rommel zeigt, wie schwer sich die Bundeswehr bis heute mit dem Spagat aus der Pflege der Tradition der deutschen Streitkräfte und der politischen Sensibilität im Fall von berühmten Nazi-Militärs tut.“ Denn die Tradition der deutschen Streitkräfte ist halt bloß eine bedingt republikanische, wie 2009 dem ARD-Magazin „Kontraste“ interne Ausbildungshandbücher zugespielt wurden, in denen die Wehrmacht noch immer Vorbild war: „Hunderte Wehrmachts-Kriegsgeschichten werden hier dem Bundeswehrsoldaten vorgesetzt –  die ihn bei der Ausbildung in ,Kampfstimmung’ bringen sollen. So findet sich darin zum Beispiel der Erlebnisbericht von einem Panzervernichtungstrupp 1944, Zitat: ,Die Panzerfaust schußbereit, lauern wir und verfolgen die Stahlkolosse … Gespannt sehen wir, wie ein Kamerad, die Panzerfaust in der Hand und von Deckung zu Deckung springend, den Panzer ‚angeht’ wie ein Jäger das Wild …Eine riesige Stichflamme und der Koloß brennt lichterloh.’“

„Wie der Herr, so’s G’scherr.“ Volksweisheit

Erst 2005 beschloß die damalige Bundesregierung, die Mölders-Kaserne in der Lüneburger Heide umzutaufen, die nach einem Freiwilligen der Legion Condor und nationalsozialistischen Kriegshelden benannt war, woraufhin es zu Unmutsbekundungen in der Truppe kam und pensionierte Offiziere und Generäle der Bundeswehr eine „Ehrenanzeige“ in der FAZ schalteten: „Er bewies Charakter und Anstand in schwerer Zeit“, und wiederum die Online-„Zeit“ gab einen Hinweis auf diesen Charakter, indem sie den alten Namenspatron über den Vernichtungsfeldzug gegen die UdSSR jubeln ließ: „Ein gewaltiger Krieg ist im Gange, und ich bin stolz darauf, mit meinem Geschwader im Schwerpunkt der Kampfhandlungen eingesetzt zu sein.“ 1995 hatte die Eduard-Dietl-Kaserne in Füssen ihren Namen verloren, denn auch der Hitler-Spezi Dietl war ein Mann von Charakter und Anstand: „Der Frontsoldat weiß, daß es sich um den Schicksalskampf des deutschen Volkes handelt, daß sich die Juden der ganzen Welt zusammengeschlossen haben zur Vernichtung Deutschlands und Europas. (…) Der Krieg ist der unerbittliche Läuterer der Vorsehung. Ich erkläre feierlich: Ich glaube an den Führer!“ Der Beispiele sind viele.

Strukturell „rechts“ sind Armeen, die ja auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruhen, freilich sowieso, nur daß in der amerikanischen oder französischen das Hakenkreuz nicht als Traditionssymbol verstanden wird. Daß die große Zeit in der Bundeswehr dann noch nicht vorbei ist, kann nur die überraschen, die die Zivilität der Bundesrepublik überschätzen, denn die „zivile“, demokratische Bundeswehr ist nur so zivil und demokratisch wie das Land, dem sie dient; und da hat sich Sarrazins Blaupause für die rassistische Masterarbeit des Franco A. nun einmal millionenfach verkauft.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.05.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
05.05.2024 Magdeburg, Factory Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner