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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: The Fast and the Furious 2

Ich muß das Urteil des Kollegen Mentz über die ZDF-„Anstalt“ hier nicht wiederholen: „sehr intellektuell, informiert und elegant, ohne jeden Gratismut, dafür mit dem streng unpopulistischen (,Wollen Sie schon wieder mit Fakten die Stimmung relativieren?’) Bekenntnis zu Aufklärung, Humanitas und allem, was der Marktstaat und seine Agenten unter die Räder nehmen“, doch am Dienstag war’s wieder eine starke Sendung; und im Kolumnenzusammenhang der reine, von mir aus auch höhere Zufall, daß es ums Automobil ging, um PS- und SUV-Wahn und einen Abgasskandal in Permanenz, wo Verbrauchswerte im wesentlichen Erfindungen sind und Grenzwerte nur im Labor nicht überschritten werden, in der Praxis dafür ums tödlich Mehrfache, von den Umweltkosten fürs Benzin und jedes neue und noch so „ökologische“ Automobil zu schweigen, und daß die Politik das alles weiß und billigt und fördert und wie sie kriecht und kriecht und immer bloß kriecht. Unvergeßlich auch der Auftritt des Kollegen Gsella, der eine Schwester und eine Nichte auf der Autobahn verloren hat, genauer: an jenes fehlende Tempolimit, dem Studien zufolge 20 Prozent der Toten auf deutschen Fernstraßen geschuldet sind. Ausländischen Studien zufolge, wohlgemerkt; die letzte deutsche Studie ist 25 Jahre alt, der für sie Verantwortliche wurde danach kaltgestellt.

„Die Welt will betrogen sein, also werde sie betrogen.“ Gian Pietro Carafa, später Papst Paul IV., 16. Jahrhundert

Das Publikum war begeistert: Szenenapplaus und kathartischer Jubel, als sei es allerhöchste Zeit gewesen, daß das mal wer ausspreche, eine welch monströse Idiotie und kriminelle Unvernunft die hiesige (per „Dienstwagenprivileg“ auch noch schwer subventionierte) Fixierung ist; dabei zeigten die Kamerafahrten, daß hier, wo schon nicht der CSU-Stammtisch, so doch auch nicht die Antifa zustimmte, sondern ganz normales Publikum. Leute, die natürlich alle selbst Auto fahren, und nicht nur Kleinwagen, denn der deutsche PS-Durchschnitt von mittlerweile 144 PS kommt ja nicht von ungefähr, und die ihren Wohlstand, auf welchen Umwegen immer, den Hunderten Milliarden Euro verdanken, die die deutsche Automobilindustrie Jahr für Jahr umsetzt. Dieser Wohlstand und die „Sorglosigkeit seines Genusses“ bilden sogar unsere „kollektive Identität“, wie das in der „Süddeutschen Zeitung“ der Münchner Soziologe Stephan Lessenich genannt hat, der einen Grund fürs Hoch des Kanzlerkandidaten der SPD gesucht und sie in einem „gigantischen gesellschaftlichen Selbstbetrug“ gefunden hat, nämlich in der „Hoffnung, daß mit neuem Personal die alte Leier weitergehen kann“.

Das Nähere regele der „geheime Sozialvertrag der Wohlstandsrepublik Deutschland“: „Ihr, die politischen und ökonomischen Funktionseliten dieser Gesellschaft, dürft uns, die besitzlosen, aber mit dem allgemeinen Wahlrecht ausgestatteten Massen, im Betrieb und über das Parlament beherrschen, soweit und solange ihr für permanentes Wachstum und steigende Konsummöglichkeiten (…) sorgt (…). Und, so der wichtige Zusatzartikel zu diesem Vertrag auf Gegenseitigkeit, wenn ihr die Kosten dieses Arrangements von uns fern und uns dessen Nebenwirkungen vom Halse haltet: nämlich die für ökonomisches Wachstum notwendige Naturzerstörung, die trotz Umverteilung verbleibende Armut, das Wissen um die Gründung hiesigen Wohlstands auf der harten Arbeit von Menschen anderswo auf der Welt“. So beruht, kann man sagen, die Deutschland-AG auf dem Stillhalten derer, die es nicht besser wissen, und jener, die es nicht besser wissen wollen. Daß die, die in der „Anstalt“ sitzen, es wenigstens wissen wollen, ehrt sie; doch ihre schizophrene Lage macht den Applaus immer dann am lautesten, wenn es gegen eine Herrschaft geht, von der sie gern annehmen – oder sich wünschen? –, sie hätten nichts mit ihr zu tun.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: The Fast and the Furious

Man soll sich ja nicht wundern, was die Leute alles wissen; oder eben nicht wissen. Ein mir nahestehender männlicher Verwandter schwört Stein und Bein, die Antwort auf die im Zuge einer TV-Umfrage gestellte Frage nach der Einwohnerzahl der Bundesrepublik Deutschland habe gelautet: „Lassen Sie mich nicht lügen – eine Milliarde!“ Ähnlich kuriose Ergebnisse darf erwarten, wer nach der Zahl der Bundesländer fragt oder der Zahl der Abgeordneten im Bundestag, der ungefähren auch nur, nach dem (vergleichsweise komplizierten) Unterschied von Erst- und Zweitstimme oder dem (vergleichsweise simplen) Inhalt des Rechtsfahrgebotes, von dessen Existenz nach meiner Erfahrung die Hälfte der Automobilisten (m/w) noch die etwas gehört hat.

Nun kann man finden, daß, wer mit einem Kraftfahrzeug in einer geschlossenen Ortschaft mit 140 oder gar 160 Stundenkilometern unterwegs ist und reihenweise rote Ampeln überfährt, unbedingt wissen müßte, was für Konsequenzen das haben kann; genauso wie man wohl findet, es sollte auch der Schulabbrecher wenigstens eine ungefähre Idee von der Größe des Staatswesens haben, in dem er seine Tage zubringt. Nun ist „man“ aber der, der es weiß, und es ist, siehe oben, schlicht unglaublich, wie viele Leute selbst simple Dinge nicht wissen, nicht einmal einschätzen können. So soll einer der Fahrer von Berlin einer Verkehrsgutachterin auf die Frage, wie man denn bei Rot vorausschauend fahren könne, geantwortet haben: „Ich gucke kilometerweit voran.“ Er hätte vorausschicken können: Lassen Sie mich nicht lügen.

„Wissen ist Macht. Weiß nichts. Macht nichts.“ Spontispruch, 1970er Jahre

Es steht hier nicht zur Debatte, Hamid B. und Marvin N., die bei einem sog. Straßenrennen einen Rentner totgefahren haben, freizusprechen. Die Frage ist, ob es eine Verurteilung wegen Mordes sein muß, selbst wenn wir davon absehen, daß bei der legalen Raserei auf deutschen Fernstraßen ja ebenfalls „gemeingefährliche Mittel“ unterwegs sind. Sogar der bedingte oder Eventualvorsatz, der für eine Verurteilung wegen Mordes nötig ist, setzt nach deutscher Rechtsprechung voraus, daß „der Täter den Taterfolg als Folge seines Handelns ernsthaft für möglich hält und ihn zugleich billigend (im Rechtssinne) in Kauf nimmt“ (Wikipedia). Deutsche Richter, welche in aller Regel weder Hamid noch Marvin heißen, halten es selbstredend für möglich, daß bei einem innerstädtischen Autorennen wer zu Schaden kommt. Was sie nicht für möglich halten, ist, daß es jemand nicht für möglich hält; daß jemand auf die Frage, wie viele Einwohner die Bildungsrepublik Deutschland hat, sagt: eine Milliarde.

Daß man Dummheit, Unbildung, Ahnungslosigkeit nicht für möglich hält, schafft sie nicht aus der Welt, und der Richterspruch am Berliner Landgericht setzt die bürgerliche Neigung ins Bild, mangelnde Bildung und alles, was daraus folgt, allein dem voll schuldfähigen einzelnen in die Schuhe zu schieben. In der Chancengesellschaft und vor Gericht sind alle gleich, und wenn Marvin und Hamid ihre Chancen nicht nutzen, sondern lieber Rentner totfahren, dann sind sie selber schuld, so schuld wie ihre Eltern, die sie nicht aufs Gymnasium geschickt haben.

Das Berliner Urteil, eine „historische Entscheidung“ (Künast), ein „richtungweisendes Signal“ (Gewerkschaft der Polizei)? Lassen Sie mich nicht lügen, aber ich würde sagen, es ist das Signal einer Klassenjustiz, die sich von den Ursachen so verabschiedet wie die Klassengesellschaft von ihren Folgen.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ich, Yücel

Ich stelle mir das so vor: Ich bin Korrespondent in der Türkei und werde, weil ich aus meiner Ablehnung der immer autoritärer werdenden türkischen Regierung keinen Hehl mache, unter erfundenen Vorwürfen eingesperrt. Unliebsame Ausländer wirft die Türkei zwar eigentlich aus dem Land, aber ich besitze neben der deutschen Staatsbürgerschaft die türkische: Meine Eltern stammen von dort, ich habe zwei Muttersprachen, ich habe mir gewünscht, als Journalist aus der Türkei zu berichten. Als Inländer werde ich so behandelt wie andere inländische Kollegen auch, nämlich schlecht. Ich bin überhaupt der erste deutsche Journalist, der sich hier im Gefängnis wiederfindet.

Dann geht, so stelle ich mir das vor, ein Aufschrei durch die Reihen der Kolleginnen und Kollegen und braust Solidarität wie Donnerhall durch die Flure der Redaktionen: In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ fragt Kollege Martens, warum denn auch immer Türken über die Türkei berichten müßten, es sei dies doch im Grunde diskriminierend und außerdem nicht gut für den journalistischen Ertrag, schließlich mache Liebe blind: „Warum reduzieren deutsche Verlage die Kinder oder Enkel türkischer ,Gastarbeiter’ so oft auf die Rolle von Türkei-Erklärern? Weil sie türkisch sprechen? Hoffentlich nicht, denn es gibt viele Menschen, die die Sprache eines Landes gut beherrschen und das Land dennoch oder just deshalb fließend mißverstehen. Enge emotionale oder gar familiäre Verbundenheit mit einem Land muß kein Vorteil sein, wenn man über das Land berichtet.“ Weshalb z.B. bei der FAS die Inlandsredaktion nicht etwa, wie man denken könnte, aus autochthonen Patrioten (m/w) besteht, sondern aus familienlosen Ausländern, und meine Parteinahme für die Gegner Erdoğans auch nicht „objektiv“ ist, sondern gewissermaßen verblendet, eben weil ich Türke bin, Türke mit deutschem Paß, wie es so treffend heißt, ich kann das alles nämlich gar nicht beurteilen.

„Gewiß glaube ich nicht, daß Hitler Herr der Welt werden wird; auch sage ich nicht, daß sie es verdient. Das verdient man schwerlich. Aber sie wird es kaum verdient haben, wenn er ihrer nicht Herr wird.“ Thomas Mann, 1941

In der Berliner „Tageszeitung“, wo ich, der eingesperrte Korrespondent, einmal gearbeitet habe, wird dieser fiese Mist dann in Tat und Wahrheit noch geadelt: „Journalismus darf nicht Betroffenenjournalismus sein. Eine Diskussion über den Umgang mit Minderheiten in Redaktionen ist überfällig. Auch wenn Deniz Yücel dafür nicht den Anlaß liefert“ bzw., wie’s aussieht, eben doch, und warum ist ein Deutscher mit türkischen Vorfahren von Vorgängen in der Türkei anders betroffen als ein Deutscher mit hessisch-niedersächsischen von solchen in Frankfurt oder Braunschweig?

„Besonders“, grub auch die SZ mit Lust die fremden Wurzeln aus, „dürfte Yücel ein Autokorso gefreut haben, der am Sonntag durch Berlins Straßen fuhr, um laut hupend auf sein Schicksal hinzuweisen. Die Türken lieben den Autokorso. Yücel liebt die Liebe der Türken zum Autokorso und die lauten Hupen.“ Und ist überdies ein „Dauerraucher“ und „Journalist auf Seiten der Gegner Erdoğans“, „der Übergang zum Aktivisten: fast schon fließend“, was von einer so vorbildlichen Neutralität wie z.B. im „Heute-Journal“ absticht, das in seiner Ausgabe vom 20. Januar zweimal und ohne jede Einschränkung die Mitteilung machte, die Agenda 2010, die Schulz (SPD) jetzt freundlich anmalen will, habe Deutschland sozusagen gerettet. Dieselbe Agenda, die der objektive deutsche Bürgerjournalismus einhellig begrüßt, wo nicht sogar herbeigeschrieben hat.

„Yücels Journalismus ist immer auch ein ganz großes: ,Trööt!’“ (SZ) und mußte den Faschisten halt irgendwann aufstoßen. „Deshalb hatte er sich auch mit den türkischen Journalisten solidarisiert, die reihenweise weggesperrt worden sind.“ Die germanischen Kollegen schaffen es nicht einmal bei einem. Hut ab.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Vergeblich

Die Zeitung vom Mittwoch war umständehalber liegengeblieben, jene vom Samstag erst gar nicht gekommen, so wie die Zeitung recht regelmäßig nicht kommt, ohne daß die Beschwerden irgend etwas nützten. „Ist ja auch kein Job, den man machen wollte“, sagt die Nachbarin, deren Taz vom selben Austräger oder derselben Austrägerin geliefert wird oder eben nicht geliefert wird, und da hat sie freilich recht; andererseits kostet mein tägliches Liberalquatschblatt 700 Euro im Jahr. Allein deshalb bin ich für den Sozialismus: daß er mit diesen quälenden Widersprüchen endlich einmal aufräumt.

Aber es war dann Glück im Pech, denn auf der Seite drei der aus dem Altpapier gezogenen frischen Mittwochszeitung fand sich eine Reportage über das Elend in den katastrophal überbelegten, heillos vergammelten, von Mord, Bandenkriegen, sogar Kannibalismus heimgesuchten brasilianischen Gefängnissen. „Reginaldo Santos Soares ist seit zwei Jahren hier. Er sagt: ,Das Essen ist schlecht, das Klopapier reicht längst nicht für alle, wir brauchen uns nicht über Menschenwürde zu unterhalten.’ Santos ist der Gefängnisdirektor.“

Das Hauptproblem ist die üble Überbelegung: Drei Mann in einer Einzelzelle, sechs Quadratmeter brutto, sie schlafen in Schichten. Die meisten Insassen sind Kleindealer und -dealerinnen oder „Untersuchungshäftlinge, die auf ihren Prozeß warten – oder einfach vergessen wurden“. Ein Anwalt wird zitiert: „Der klassische brasilianische Häftling hat ein Alter, eine Hautfarbe und eine Adresse: jung, schwarz, Vorstadtsiedlung.“ Der Anwalt begleitet eine 19jährige zum Haftrichter, die wegen 20 Gramm Gras einfahren wird, für Jahre. „Ihr Fall sei in jeder Hinsicht typisch … Das Gericht kann bei der Entscheidung, ob sie als Konsumentin oder Dealerin einzustufen ist, … den ,sozialen Kontext’ bewerten. In der Praxis bedeutet das: ,Die Armen wandern wegen kleinster Mengen von Marihuana in den Bau. Die Kids der Oberschicht können mit noch so viel Kokain erwischt werden, sie kommen als Konsumenten davon.’ Menschenrechtler laufen seit Jahren Sturm gegen diese Form der Segregation. Vergeblich.“

„Wenn es net so traurig wär', / entsetzlich schaurig wär', / man würde lachen ohne End'.“ Falco, 1982

So vergeblich wie in den USA die Appelle, das groteske Mißverhältnis zwischen der Zahl weißer und schwarzer Strafgefangener zu ändern, und auch hier ist die Drogenkriminalität die Eintrittskarte in die Welt des Strafvollzugs, der halbe Generationen schwarzer junger Männer aus dem Leben nimmt. Das wird leicht für die Spezialität US-protestantischer Moraldrakonik gehalten, verschärft durch Rassismus und ein Geschäftsinteresse, das ein privatisierter Strafvollzug haben muß. Daß es im fröhlichen Mañana- (bzw. Amanhã-)Brasilien genauso zugeht, läßt es noch etwas unwahrscheinlicher werden, daß all dies nichts mit einem Klassenkampf von oben zu tun hätte, für den die Drogen, bei allem moralistischem Gejammere, ein willkommener Vorwand sind, den Menschenmüll von der Straße zu schaffen.

„Menschenrechtsexperten, Kriminalwissenschaftler, Soziologen, UN-Beobachter … kommen zu dem Schluß, daß der Drogenkrieg deutlich mehr Opfer fordert als der Drogenkonsum. Kaum irgendwo ist das so offensichtlich wie in den Gefängnissen. Aber kaum etwas ist politisch so schwer vermittelbar.“ Weil nämlich nicht gewollt: um die Unterschicht im Gefängnis verschwinden zu lassen und die Affekte der Mittelschicht umzulenken. Der „Krieg gegen die Drogen“ ist in Bausch und Bogen gescheitert, wird aber aus klassenpolitischem Interesse weitergeführt werden, so wie das deutsche Klasseninteresse Schulkinder nach der vierten Klasse (aus-)sortiert, allen gebetsmühlenartigen Warnungen aus Pädagogik und Sozialarbeit zum Trotz.

Mit Appellen an die Vernunft kommt man da nicht weiter, weder hier noch da. Es wird doch nicht so sein, daß die Klassengesellschaft als solche schlicht unvernünftig ist?

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: In Deutschland gehn die Lichter aus

Der Elektriker kam auf Zuruf, nach einer halben Stunde war im Bad wieder Licht, und ich bedankte mich herzlich für die schnelle Erledigung. Der Geselle, ein paar Jahre älter als ich, nickte müd und sagte, das gehöre bald der Vergangenheit an. Ich fragte: Ja? Warum? Er sagte, sie hätten niemanden mehr. In ihrer Firma seien sie mal zu zehnt gewesen, jetzt nur mehr zu dritt. Nachwuchsprobleme. Sie hätten keine Lehrlinge mehr. Ein Teil schmeiße nach spätestens einem Jahr, ein anderer Teil sei schlicht nicht zu gebrauchen, und „Aussiedler“ (er nannte das so), gern, aber das sei, trotz allem, ein Riesenproblem, sprachlich.

Ich stand dabei und hob die Schultern. Im heimischen IHK-Bezirk, machte der Geselle weiter, habe sich die Zahl der Elektrikerlehrlinge in den letzten dreißig Jahren um volle zwei Drittel reduziert. Es gebe zwar immer mehr Firmen, denn die Gesellen machten sich alle selbständig, aber diese Firmen hätten immer weniger Leute. In anderen Berufen, ob nun Gas/Wasser oder Tischler, sei es genauso, wenn nicht noch schlimmer. Jetzt hob er die Schultern, und da mir dazu nichts einfiel – jedenfalls nichts, was sich zwischen Tür und Angel und unter Vermeidung der Vokabel „Klassengesellschaft“ hätte anbringen lassen –, verlegte ich mich auf diese wortlose Mischung aus Brummen und Kopfwackeln, die zugleich Interesse und Distanz ausdrückt.

„Und die Arbeiter dürfen auch in den Park … / Gut. Das ist der Pfennig. / Aber wo ist die Mark –?“ Tucholsky, 1928

Denn irgendwas Klassengesellschaftliches, wenn die Spekulation erlaubt ist, wird der Sache ja zugrunde liegen, zumal die bessere Hälfte zuhause bestätigte, haargenau diese Geschichte habe sie neulich beim Friseur gehört: Wer überhaupt noch komme, um sich ausbilden zu lassen, habe im Grunde keine Lust, schwänze die Berufsschule und sei bald weg. Friseure (m/w), wußte ich da, seien legendär schlecht bezahlt, zumal in der Ausbildung, und daß Klempner zwar alle mit Badsanierung in Marmor werben, im Tagesgeschäft aber eher verstopfte Klos wieder gängig machen, ist sicher auch kein Grund für Fünfzehnjährige, bei der Berufsberatung „Hier!“ zu schreien.

Die Klassengesellschaft, steht irgendwo in Rudolf Bahros „Die Alternative“, beginnt da, wo die einen sich hintern Schreibtisch setzen können und die anderen nicht, und in Zeiten, wo die Leute hinterm Schreibtisch immer mächtiger werden, sollen Akademiker sich hüten, über den „Akademisierungswahn“ zu klagen. Denn das Abitur, wie gehaltvoll es immer sei, ist und bleibt die Eintrittskarte in jene Gesellschaft, die den legendären deutschen Facharbeiter zwar für ihr Exportwunder benötigt, ihn aber allenfalls dann im selben Stadtviertel wohnen läßt, wenn er sich als Handwerksmeister selbständig gemacht und sein Proletarisches abgelegt hat; und um wieviel weniger die, für die in der Exzellenz- und Elitengesellschaft nicht mehr genug Bildung überbleibt, daß es selbst für einfachere Texte noch reichte: „Bei Eignungstests“, berichtet die Morgenzeitung, „scheitern viele Kandidaten an der Rechtschreibung. Aber muß man wirklich korrekt schreiben können, wenn man zum Beispiel Feuerwehrmann in Nordspanien ist?“ Eine Frage, die noch im schäbigsten Realsozialismus undenkbar gewesen wäre; hier sind die studierten Redakteure sich ihrer Herablassung nicht einmal mehr bewußt, die eine zentrale Kulturtechnik an jene, die den Laden Tag für Tag am Laufen halten, schon gar nicht mehr verschwendet sehen will.

Bleibt ausnahmsweise die Hoffnung auf die Marktwirtschaft, die auf ein sich verknappendes Angebot durch steigende Preise reagiert. Könnte sein, der Klempner, die Elektrikerin wird bald richtig teuer. Ich gönne es ihnen.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Sie sind wieder da

Es gibt, glauben wir „Spiegel online“, in Deutschland also einen „Schulz-Hype“, denn in der Frage, wen die Deutschen lieber als Kanzler hätten, habe Martin Schulz Angela Merkel bereits „überflügelt“. In der Printausgabe hat der Sozialdemokrat „die Kernpunkte seiner Kampagne“ vorgestellt: „Millionen von Menschen fühlen, daß es in diesem Staat nicht gerecht zugeht“, denn „Unternehmensgewinne und Bonuszahlungen haben ebenso zugenommen wie die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse“. Diese Zahl soll kleiner werden, denn Leiharbeit sei eigentlich bloß was für „Engpässe“: „Wir könnten die Zulässigkeit von Leih- und Zeitarbeit deutlich mehr begrenzen, wenn wir die dafür notwendige Mehrheit hätten.“ Zwar sei die Agenda 2010 „die richtige Antwort auf eine Phase der Stagnation“ gewesen. „Aber wir haben auch Fehler gemacht. Wir hätten gleichzeitig den Mindestlohn einführen und Superreiche stärker belasten müssen.“

Die Geschichte der „Agenda 2010“ geht ja bekanntlich so, daß in einer Phase der Stagnation die Sozialdemokratie dafür sorgen durfte, Arbeitskraft so billig, willig und verfügbar wie möglich zu machen. Was unter einer CDU-Regierung so reaktionär erschienen wäre wie ein Angriffskrieg gegen ein Land, das einem erstens nichts getan und zweitens unter einem früheren deutschen Angriff mal ziemlich gelitten hatte, war unter einem SPD-Kanzler eine coole, unbedingt nötige Reform, um heillos Verkrustetes so nachhaltig aufzusprengen wie, sagen wir, ein Belgrader Krankenhaus. Jetzt, zwanzig Jahre später, ist Deutschland der unangefochtene Champ Europas: Das Exportgeschäft brummt, so viele Leute wie noch nie sind in Arbeit, dem Bundeshaushalt geht es gut. Genutzt hat der SPD dieser Kärrnerdienst fürs Kapital nichts: Als sie ihre Schuldigkeit getan hatte, durfte sie gehen oder allenfalls als Juniorpartnerin einer christdemokratischen Kanzlerin mitmachen. Zwischenzeitlich sanken die Werte der SPD bei Sonntagsfragen auf unter 20 Prozent.

„Alles in allem … begann das Gewisse in bezug auf die Gerechtigkeit, in den stummen Zeiten, mit dem Körper; dann, als die sogenannten artikulierten Sprachen gefunden waren, ging es über auf die gewissen Ideen oder Formeln aus Worten; endlich, als sich unsere menschliche Vernunft ganz entwickelt hatte, endete es in dem Wahren der Ideen über das Gerechte, die von der Vernunft bestimmt werden nach den jeweiligen Tatumständen.“ Giambattista Vico, 1744

Damit soll nun Schluß sein, denn es geht, ist Martin Schulz aufgefallen, in diesem schönen Land „nicht gerecht“ zu. Das kann es auch nicht, denn spätestens seit Schröder gilt in Deutschland das Diktat der supply-side economics: Steuern und Arbeitskosten werden gesenkt, damit Unternehmen günstiger und wettbewerbsfähiger produzieren. Das funktioniert auch, allerdings nur für die Unternehmen, denn der angenommene trickle down effect, daß also von den steigenden Gewinnen ein bißchen was unten ankomme, tritt und tritt nicht ein: Der Boom kommt, die Löhne bleiben niedrig, der Sektor prekärer Arbeit – Leih- und Zeitarbeit, Minijobs, Scheinselbständigkeit – wächst, die Besitzenden profitieren.

Also wird es irgendwann wieder Zeit für die SPD; denn erstens tut sich hier ein politischer Markt auf (sofern die Leute vergessen haben oder vergessen wollen, wer ihnen das alles eingebrockt hat), und zweitens leidet unter der Angebotspolitik nicht nur die Infrastruktur (weil die Unternehmen viel weniger Steuern zahlen, als sie könnten), sondern auch die Binnennachfrage: Sind die Löhne niedrig und die Arbeitsverhältnisse unsicher, geben die Leute kein (oder weniger) Geld aus, so daß sich der deutsche Boom ganz und gar dem Exportgeschäft verdankt, das naturgemäß ein einseitiges ist. Wenn jene Volkswirtschaften, die unter Deutschlands stark positiver Außenhandelsbilanz leiden, nun hergehen und Importzölle verhängen, ist es mit dem Boom vorbei.

„Die Demokratie kennt weder Herr noch Knecht.“ Martin Schulz, 2017

Also wird die SPD wieder gebraucht, als Sozialpartei, die „Ungerechtigkeit“ aus der Welt schafft bzw. dem Standort so dient, wie sie es immer getan hat. Daß die Unternehmenssteuern zu steigen hätten, ist deshalb auch keine Option: „Ganz sicher müssen wir bei der Besteuerung von großen Vermögen nachlegen.“ Denn in die Portokasse der Superreichen, welche die Agenda 2010 noch reicher gemacht hat, traut sich die SPD allemal zu fassen.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Klassensprecher

Sind es also doch große Männer, die Geschichte machen?

An den Gedanken hatten wir uns ja nun gewöhnt, daß die Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist – oder, hinter Marx zurückgehend, „die Auslegung des Geistes in der Zeit“ (Hegel) – , und daß es letztlich keinen Unterschied macht, wer sich als „Geschäftsführer des Weltgeistes“ (ders.) betätigt oder den Klassenkampf der Bourgeoisie anführt. Nun aber Trump, der vielleicht kein großer Mann ist (eher schon, mit Jacob Burckhardt, ein „kräftiger Ruinierer“), aber drauf und dran, Weltgeschichte zu hinterlassen: rücksichtslose Rückkehr zu Gas und Öl, eine Mauer zu Mexiko, ein Rückzug aus Europa, der die transatlantische Nachkriegszeit beenden und die Deutschen in den Besitz von Atomwaffen bringen könnte. Alles nichts ohne Trump und alles anders als unter Clinton, die ja nicht insofern Opposition war, als sie die amerikanische Arbeiterklasse vertreten hätte. Das tut, wollen wir’s vereinfachen, eher Trump, der als Feind von Freihandel und Arbeitsplatzkonkurrenz der blue collar-Welt als völlig plausibel erscheinen muß.

Es empfiehlt sich, die Absage an die großen Männer (oder Frauen) als eine zu lesen, die weiß, daß personalisierte Verengung Absolution will: Daß Mao die Kulturrevolution erfunden und losgetreten hat, spricht nicht jene frei, die ihre Lehrer an den Haaren durch die Straßen gezogen haben, und Hitler, ohne den es sicher auch einen deutsch-imperialistischen Revanchekrieg gegeben hätte, aber vermutlich nicht diesen, haben die Leute gewählt, verehrt und bis aufs Blut (zumal fremdes) verteidigt. Beide sind aber ohne jenen Klassenkampf nicht zu denken, den der Nationalsozialismus auf die schlimmstmögliche Weise, nämlich durch völkischen Raubmord, stillgestellt hat und dessen chinesischer Anführer Mao war.

„Dies sind die großen Menschen in der Geschichte, deren eigene partikuläre Zwecke das Substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist.“ Hegel, 1837

Trump nun, bei allem, was er tut und was andere eben nicht täten und was ihn also einzigartig macht, ist natürlich Bourgeoisie und auch politisch Nutznießer des schlechten alten Klassengegensatzes, den er, „America First“, übers Nationale, Rassistische und insgesamt Ressentimentale zu befrieden gedenkt, so wie seine rechten Freunde in Europa auch. Teilen seiner Klasse, denen er (hier paßt der Hitler-Vergleich einmal) zu proletig ist, mag das nicht behagen; der Dow Jones Index hat indessen die historische Marke von 20 000 Punkten überschritten. Seinen Wahlsieg verdankt Trump jahrzehntelanger, haßblinder Propaganda wider „Washington“, die Liberalen, die Wissenschaft, die Komplexität als solche, Propaganda, die seit Ronald Reagan (der als der amerikanische Erfinder des antiintellektuellen Ressentiments zu Wahlkampfzwecken gilt) natürlich Klassenpropaganda ist: Denn wo die Welt Gottes Wille ist und der Markt die Dinge regelt, werden die Reichen reicher und haben die Depravierten nichts zu melden.

Daß sie das nicht erfahren (oder es, noch besser, billigen), dafür sorgt nicht nur die Propaganda aus Fox-News und „The Apprentice“, sondern eine Kulturindustrie insgesamt, deren Produkt Trump ist (Georg Seeßlen), und zwar in viel stärkerem Maße noch, als es der Schauspieler Reagan war. „Denn das ist natürlich das Risiko“, schrieb Gremliza 1980 zu dessen Wahl: „ ... Daß die so entmündigten, kretinisierten Bürger mit ihrem verballhornten Bewußtsein und ihrer verkitschten Gefühlswelt auch einen Führer wollen, in dem sie sich ,wiederfinden’. Was also bleibt den Herrschenden übrig, als ihnen einen Kretin zu präsentieren, einen, der als das erscheint, wozu sie die anderen gemacht haben, bloß höher. Daß sie diesmal ausgerechnet einen Westernhelden genommen haben, ist natürlich Zufall. Das nächste Mal könnte es Pat Boone sein.“

Er ist es leider nicht geworden.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg