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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Klassensprecher

Sind es also doch große Männer, die Geschichte machen?

An den Gedanken hatten wir uns ja nun gewöhnt, daß die Geschichte die Geschichte von Klassenkämpfen ist – oder, hinter Marx zurückgehend, „die Auslegung des Geistes in der Zeit“ (Hegel) – , und daß es letztlich keinen Unterschied macht, wer sich als „Geschäftsführer des Weltgeistes“ (ders.) betätigt oder den Klassenkampf der Bourgeoisie anführt. Nun aber Trump, der vielleicht kein großer Mann ist (eher schon, mit Jacob Burckhardt, ein „kräftiger Ruinierer“), aber drauf und dran, Weltgeschichte zu hinterlassen: rücksichtslose Rückkehr zu Gas und Öl, eine Mauer zu Mexiko, ein Rückzug aus Europa, der die transatlantische Nachkriegszeit beenden und die Deutschen in den Besitz von Atomwaffen bringen könnte. Alles nichts ohne Trump und alles anders als unter Clinton, die ja nicht insofern Opposition war, als sie die amerikanische Arbeiterklasse vertreten hätte. Das tut, wollen wir’s vereinfachen, eher Trump, der als Feind von Freihandel und Arbeitsplatzkonkurrenz der blue collar-Welt als völlig plausibel erscheinen muß.

Es empfiehlt sich, die Absage an die großen Männer (oder Frauen) als eine zu lesen, die weiß, daß personalisierte Verengung Absolution will: Daß Mao die Kulturrevolution erfunden und losgetreten hat, spricht nicht jene frei, die ihre Lehrer an den Haaren durch die Straßen gezogen haben, und Hitler, ohne den es sicher auch einen deutsch-imperialistischen Revanchekrieg gegeben hätte, aber vermutlich nicht diesen, haben die Leute gewählt, verehrt und bis aufs Blut (zumal fremdes) verteidigt. Beide sind aber ohne jenen Klassenkampf nicht zu denken, den der Nationalsozialismus auf die schlimmstmögliche Weise, nämlich durch völkischen Raubmord, stillgestellt hat und dessen chinesischer Anführer Mao war.

„Dies sind die großen Menschen in der Geschichte, deren eigene partikuläre Zwecke das Substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist.“ Hegel, 1837

Trump nun, bei allem, was er tut und was andere eben nicht täten und was ihn also einzigartig macht, ist natürlich Bourgeoisie und auch politisch Nutznießer des schlechten alten Klassengegensatzes, den er, „America First“, übers Nationale, Rassistische und insgesamt Ressentimentale zu befrieden gedenkt, so wie seine rechten Freunde in Europa auch. Teilen seiner Klasse, denen er (hier paßt der Hitler-Vergleich einmal) zu proletig ist, mag das nicht behagen; der Dow Jones Index hat indessen die historische Marke von 20 000 Punkten überschritten. Seinen Wahlsieg verdankt Trump jahrzehntelanger, haßblinder Propaganda wider „Washington“, die Liberalen, die Wissenschaft, die Komplexität als solche, Propaganda, die seit Ronald Reagan (der als der amerikanische Erfinder des antiintellektuellen Ressentiments zu Wahlkampfzwecken gilt) natürlich Klassenpropaganda ist: Denn wo die Welt Gottes Wille ist und der Markt die Dinge regelt, werden die Reichen reicher und haben die Depravierten nichts zu melden.

Daß sie das nicht erfahren (oder es, noch besser, billigen), dafür sorgt nicht nur die Propaganda aus Fox-News und „The Apprentice“, sondern eine Kulturindustrie insgesamt, deren Produkt Trump ist (Georg Seeßlen), und zwar in viel stärkerem Maße noch, als es der Schauspieler Reagan war. „Denn das ist natürlich das Risiko“, schrieb Gremliza 1980 zu dessen Wahl: „ ... Daß die so entmündigten, kretinisierten Bürger mit ihrem verballhornten Bewußtsein und ihrer verkitschten Gefühlswelt auch einen Führer wollen, in dem sie sich ,wiederfinden’. Was also bleibt den Herrschenden übrig, als ihnen einen Kretin zu präsentieren, einen, der als das erscheint, wozu sie die anderen gemacht haben, bloß höher. Daß sie diesmal ausgerechnet einen Westernhelden genommen haben, ist natürlich Zufall. Das nächste Mal könnte es Pat Boone sein.“

Er ist es leider nicht geworden.




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Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg