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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Danke

Groß ist die Angst vorm neuerlichen Lockdown, und meine ist sogar noch größer, denn am Ende singen sie wieder, und das muss ja nun nicht sein.

„Danke“ hängt gegenüber immer noch im Fenster; derweil warnstreikt die Kita, weil sich, wie auf einem Transparent im TV zu lesen war, vom Applaus die Miete nicht zahlen lässt, und gut möglich, dass ich darum nicht geklatscht habe. Dass Corona ein „Charaktertest für den Westen“ sei, hat derweil der CSU-Generalsekretär mit dem schönen Namen Markus Blume in die FAZ hineingepinnt: „Der erste Maßstab für unser Handeln ist die unantastbare Menschenwürde. Sie verbietet uns, das Leben zu gewichten, zugespitzt die über 80jährigen sterben zu lassen, damit der Rest unbeschwert leben kann.“ Nicht nur dieser Zentralwert, nein, die Werte des Westens als solche stünden auf dem Spiel, weil nämlich „die Welt nach Corona … neu verteilt“ werde und der Chineserer, gewissermaßen zum Dank dafür, alle angesteckt zu haben, nur darauf warte, sich die dicksten Stücke zu schnappen.

Man muss das politische China nicht mögen, um zu finden, dass die Werte des Westens das Leben natürlich doch gewichten, und nicht nur indem arme Menschen sehr viel früher sterben als wohlhabende. Das Leben der Kita- oder sonst einer Erzieherin, insofern es ein arbeitendes ist, ist der westlichen Wertegesellschaft nämlich sehr viel weniger wert als das vieler derjenigen, deren Kinder sie betreut, damit diese Eltern, zugespitzt, unbeschwert arbeiten können. Das durchschnittliche Bruttojahresgehalt einer Erzieherin oder eines Erziehers liegt bei knapp unter 30 000 Euro im Jahr. Das Reihenhaus noch in einer langweiligen deutschen Großstadt notiert derweil ohne weiteres bei einer halben Million. „Die Fahne des Westens hochhalten“ möchte derweil Generalsekretär Blume, denn „unsere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ist freiheitlich und resilient“. Dass sie solidarisch sei, sagt Blume nicht. Es wäre auch geschwindelt.

„Danke für meine Arbeitsstelle, / danke für jedes kleine Glück, / danke für alles Frohe, Helle / und für die Musik“ Martin Gotthard Schneider, 1961

Mag es auch hier und da und immer wieder zu Akten der Solidarität kommen, weil Menschen, wo sie können, helfen wollen, und verpflichtet das Grundgesetz den Staat dazu, ein sozialer zu sein, geht es doch immer ums Reparieren, um Nothilfe: darum, dass, wer nicht mitkommt, deshalb nicht gleich sterben muss. Als der Sozialismus noch eine Konkurrenz war, hatte, wer nicht mitkam, sogar Rechte; dass er und sie die jetzt nicht mehr haben, sondern mit Hartz IV das Almosen kriegen, das jederzeit entzogen werden kann, ist, sowenig wie das Tafelwesen, keine Verirrung oder Perversion, sondern die Konsequenz aus Kapitalismus, der verwerten will und muss und das nicht Verwertbare liegenlässt.

Das muss nicht heißen, dass ein sozialerer Kapitalismus nicht denkbar wäre, mindestens wenn man von den Kosten absieht, die er jenseits der Landesgrenzen verursacht. „Was man verteilen will, muss man erst erwirtschaften“, diese klassisch konservative Parole, die General Blume sofort unterschreiben würde, widerspricht ja immerhin nicht der Möglichkeit, mehr und anders zu verteilen. Das aber ginge an die Substanz, müsste also von den sog. Leistungsträgern und -trägerinnen weggesteuert werden, von den Kapitalvermögen sowieso, was aber eine andere Vorstellung von Gesellschaft bedingte, als sie zumal in Deutschland herrscht. Dort bildet man sich zwar allerhand ein auf den sog. sozialen Frieden und empfindet Streiks als Anschlag darauf, hält von Gerechtigkeit aber so wenig, dass man sie als „Chancengerechtigkeit“ ins Gegenteil verkehrt hat. Gerechtigkeit wäre, dass Konzernchefs nicht am Tag soviel verdienen wie eine Erzieherin im Jahr; Chancengerechtigkeit ist bloß, dass ja jede Erzieherin auch Konzernchefin hätte werden können.

Das Klatschen, so gut es gemeint war, ist ganz im Sinne der Herrschaft, die sich beim Butler dafür bedankt, dass das Frühstücksei heut’ wieder mal genau richtig weich ist, und wenn sie schon singen, warum dann nicht gleich: Danke für deine Arbeitsstelle?




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Briefe an die Leser

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

 Kleiner Tipp, liebe Eltern!

Wenn Eure Kinder mal wieder nicht draußen spielen wollen, zeigt ihnen doch einfach diese Schlagzeile von Spektrum der Wissenschaft: »Immer mehr Lachgas in der Atmosphäre«. Die wird sie sicher aus dem Haus locken.

Gern geschehen!

Eure Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Mahlzeit, Erling Haaland!

Mahlzeit, Erling Haaland!

Zur Fußballeuropameisterschaft der Herren machte erneut die Schlagzeile die Runde, dass Sie Ihren sportlichen Erfolg Ihrer Ernährung verdankten, die vor allem aus Kuhherzen und -lebern und einem »Getränk aus Milch, Grünkohl und Spinat« besteht.

»Würg!« mögen die meisten denken, wenn sie das hören. Doch kann ein Fußballer von Weltrang wie Sie sich gewiss einen persönlichen Spitzenkoch leisten, der die nötige Variation in den Speiseplan bringt: morgens Porridge aus Baby-Kuhherzen in Grünkohl-Spinat-Milch, mittags Burger aus einem Kuhleber-Patty und zwei Kuhherzenhälften und Spinat-Grünkohl-Eiscreme zum Nachtisch, abends Eintopf aus Kuhherzen, Kuhleber, Spi… na ja, Sie wissen schon!

Bon appétit wünscht Titanic

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster