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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ausgleichend Gerechtigkeit

Die Welt ist eine aus Dialektik, und wenn in meinem Stadtviertel die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands „Hoch die internationale Solidarität!“ plakatiert, und vor meinem Haus hat mal wieder wer seine Töle auf den Gehsteig scheißen lassen, dann steht die Synthese in dieser Kolumne. (Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands, nebenbei, kann ich leider nicht wählen, denn neben durchgehend Richtigem will sie „Freiheit für Palästina“, und ich muß im Leben nicht mehr viel werden, und linker Antisemit schon gar nicht.)

Gegen die populäre Vermutung hat nicht bloß die Wurst zwei Enden, wie mir wiederum bei der Lektüre meines liberalen Morgenblatts auffiel, das ich, um mal in seinem „Roboterstil“ (Benn) zu sprechen, vermutlich darum so spannend finde. Bei der Frankfurter Allgemeinen Konkurrenz ist es ja fad: Da sind im Politik- und Wirtschaftsteil die Bekloppten und die anderen im Feuilleton; liberalitas bavariae hingegen bedeutet, daß sich alles auf engstem Raum die Waage und in Schach hält.

Der Samstagskommentar auf Seite 4, der den Landsleuten eine „wahnhafte Beziehung“ zum Auto ankreidet und sie, als Heuchler, „mitverantwortlich für den Dieselskandal“ macht („Die PS-Zahl verdoppeln und gleichzeitig die Schadstoffe senken? Hat das wirklich jemand geglaubt? Oder wollte man es nicht auch gerne glauben?“), verlangt den „Abschied vom Auto als kraft- und technikstrotzende Identifikationsmaschine“. Auf Seite 2 war es aber noch so, daß der Diesel „totgesagt, aber lebendig“ ist: „Diesel-Autos gelten inzwischen generell als Dreckschleuder. Doch neue Modelle zeigen: Es geht auch anders. Das räumen selbst die schärfsten Kritiker ein.“ Als Saubermänner geraten ein Audi (190 PS) und ein Benz (224 Spitze) ins Rampenlicht.

„Staunend schaun wir auf und nieder, / Hin und Her und immer wieder.“ Goethe, 1828

Auf Seite 6 verdichten sich weiter die Hinweise, daß in Hamburg zuerst die Polizei hingelangt hat, nicht der Schwarze Block (falls es einen gab); es gibt da wohl ein aufschlußreiches Polizeivideo: „6.28:05 Uhr: Eine bengalische Fackel fliegt aus dem Pulk heraus in Richtung der Polizei (…). Der Bengalo landet auf leerer Straße, etwas rosafarbener Rauch steigt auf. 6.28:10 Uhr: Ein zweiter Bengalo fliegt, wiederum auf die weithin leere Straße. 6.28:18 Uhr: Ein dritter Bengalo landet auf der Straße, wieder zu weit entfernt von den Beamten, um als eine versuchte Körperverletzung gelten zu können. Irgendwo knallt ein Böller. Ein Polizeiführer hat jetzt genug, wie man im Video hören kann: ,Bleib stehen’, befiehlt er dem Fahrer eines Polizeibusses, der noch im Schritttempo voranrollt, ,steigt aus, mir reicht das aus’. Auf das Kommando hin stürmen die Polizisten los, die Demonstranten drehen sich um und rennen fort. 6.28:36 Uhr: Wasserwerfer beschießen von hinten die Demonstranten, die also eingekesselt worden sind. Was man in dem Video nicht sieht: ein einziger“, lies: einen einzigen, „Steinwurf. Oder eine einzige Flasche. Unmittelbar angegriffen wurde – zumindest vor dem Sturm der Polizei – kein Beamter. Man würde es sehen.“ Nur gut, daß das freitägliche SZ-Magazin „ein Heft über die Polizei“ war, genaugenommen über gut fotografierte Polizisten (m/w), die es auch nicht immer leicht haben („Jeder Polizist weiß, daß ihm Fehler unterlaufen können“).

So geht es hin, so geht es her / und vorwärts geht es gar nicht mehr. Manchmal freilich (Seite 3) geht es auch nur hin: „Eine letzte Sequenz aus diesem Fußballsommer: Wie der Experte Mehmet Scholl beim Confed-Cup sich offenbar weigert, eine journalistische Selbstverständlichkeit abzuliefern und über die Dopingvorwürfe gegen Gastgeber Rußland zu sprechen“, weshalb die ARD „ihrem mittelgebildeten und maximal bezahlten Querdenkerdarsteller“ beibringen soll, „daß Fußball und Politik sehr viel miteinander zu tun haben“. Wie es – wenn ich hier das Her übernehmen darf – die reine Politik ist, Dopingvorwürfe fernsehöffentlich nur in die eine Richtung zu erheben, und sich einer entscheiden mag, lieber die Klappe zu halten, als wieder mal dem Iwan alles in die Sportschuhe zu schieben.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Vor Mißbrauch wird gewarnt

Auch für den altgedienten Meinungsbeobachter gibt es noch Schätze zu entdecken; oder sagen wir Schätzchen: „Die Skandalskala der deutschen Autoindustrie scheint nach oben offen“, klagt der Frankfurter Allgemeine Mitherausgeber Holger Steltzner. „Wer glaubt dieser Branche noch ein Wort?“ Folgt eine lange Schimpfe: „Branche demontiert sich … Kartellbrüder von VW, Audi, Porsche, Mercedes und BMW … Kunden übers Ohr gehauen … Marktwirtschaft mißbraucht“, dann noch eine, in die andere Richtung: „Dabei ist der moderne Dieselmotor besser als sein Ruf, er verbrennt effizienter und verbraucht ein Fünftel weniger Sprit als ein Benziner, weshalb er viel weniger von dem vermeintlichen Treibhausgas Kohlendioxid ausstößt. (…) Weil die modernen, großen Möchtegerngeländewagen spezielle Katalysatoren haben, in denen durch Harnstoffeinspritzung das gefährliche Stickoxid unschädlich gemacht wird, sind sie sauberer als die meisten Kleinwagen. Aber das will in der Hatz auf den Diesel und die verhaßten SUV niemand mehr hören. Die Diskrepanz zwischen moralisierenden Eiferern, die von Verboten träumen und denen die ,Umerziehung’ der Verkehrsteilnehmer nicht schnell genug geht, und den bislang gelassenen Autokäufern könnte größer kaum sein. Denn die Masse fährt am liebsten SUV.“

Und die Masse hat halt immer recht, denn der Holger Steltzner ist ein Demokrat und kein Eiferer wie der Tagesthemen-Kollege vom Wochenbeginn, der, ungewöhnlich genug für einen (gemeinhin restlos stumpfsinnigen) Tagesthemen-Kommentar, sich den Vorwurf erlaubte, die Kundschaft sei es, welcher Stickoxide und das vermeintliche Treibhausgas Kohlendioxid, die in Mengen aus ihren Panzerfahrzeugen strömen, im Zweifel am Podex vorbeirauschten.

„Sie wollen nicht den Fortschritt / Sie wollen den Vorsprung.“ Brecht, ca. 1942

Die Marktwirtschaft, die der Steltzner hier mißbraucht sieht, funktioniert aber so, daß Kunde und Kundin König sind, und zumal in der Postdemokratie sind die Leut’ Kundschaft und sonst wenig. Und diese Kundschaft will immer dickere, immer schwerere, immer idiotischere Autos, und damit diese dicken, schweren, idiotischen Autos als umweltfreundlich gelten können, haben sie Dieselmotoren, die zwar ein Fünftel weniger verbrauchen als dicke, schwere, idiotische Benziner, aber doppelt soviel wie die meisten Kleinwagen. Dieselfahrzeuge emittieren Stickoxide, und es ist technisch längst möglich, diese Stickoxide zu neutralisieren, aber dazu müßte eins regelmäßig Harnstoff nachtanken, „und nachfüllen will man den bequemen US-Kunden (…) nicht zumuten“, so die SZ in einem Feature über den Grund für Audis Griff in die Trickkiste: Kundenfreundlichkeit, oder was man dafür hält, eine Erzählung nicht von Kapitalismus, Markt und Konkurrenz, sondern „von Gier, Gehorsam und Realitätsverweigerung“ und darüber, „daß bei Audi vieles wichtig war, nicht aber die Gesundheit von abgasgeplagten Stadtmenschen“. Ein echter Sonderfall mithin, an dem jedenfalls nicht deutsche Ingenieurskunst schuld ist, sondern die Verkaufsabteilung, die, übersetzen wir uns das, die Marktwirtschaft dahingehend mißbraucht hat, der Kundschaft bei durchaus besserem Wissen schädlichen, allgemeingefährlichen Blödsinn unterzujubeln, damit der Laden laufe und die „Deutschland AG“ (SZ) gleich mit.

Ein moralischer Eiferer mit Neigung zur Ironie könnte finden: Die Mutter aller Mißbräuche.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Gefahr gebannt

Ist das nun das Gute oder das Schlechte an meinem Beruf, daß es nie aufhört? „Beim G20-Gipfel folgte auf die naive Erwartungshaltung der Politik die untaugliche Taktik der Polizei“, und da hatte ich gestern schon zwei Gründe, nicht weiterzulesen; auch wenn die naive Erwartungshaltung immerhin weniger blödsinnig ist als die hohe Erwartungshaltung, die neulich den Beweis dafür antrat, daß es nicht nur nie aufhört, sondern sogar immer dümmer wird.

Aber daß unsere Liberalen jetzt langsam kritisch werden, weil es in Hamburg wohl nicht 500 halbtote Polizisten gewesen sind, sondern nur 30 erschöpfte; daß sie es für „nicht ausgeschlossen“ halten, „daß es Beweise für Brandsätze und andere gehortete Waffen am Ende nicht gibt und auf den Dächern der Schanze viel weniger Ausnahmezustand herrschte, als die Polizei annahm“ (die SZ bereits am 20.7.), was „im Rückblick ein deutlich weniger dramatisches Licht (…) auf die Gewalt aus den Reihen der Autonomen an jenem Abend“ würfe: geschenkt und egal. Denn genau neben dem Artikel vom Donnerstag war zu erfahren, daß Bayern ein neues „Gefährder“-Gesetz beschlossen hat, das es erlaubt, dunkle Elemente auch mal ein bißchen länger in Schutzhaft zu nehmen: „Bisher galt eine Höchstdauer von zwei Wochen, die nun völlig aufgehoben ist. Alle drei Monate muß die Haft von einem Richter überprüft werden. Theoretisch können Betroffene so jahrelang im Gefängnis sitzen, ohne ein Urteil. (…) Das neue Gesetz bezieht sich aber nicht nur auf mögliche terroristische Anschläge. Es betrifft jeden Bürger. Bisher konnte die Polizei erst tätig werden, wenn eine konkrete oder eine unmittelbar bevorstehende Gefahr drohte. Jetzt aber kann die Polizei Personen schon vorher überwachen oder in Gewahrsam nehmen. Statt einer konkreten Gefahr braucht es zukünftig nur noch eine drohende Gefahr, eine von der CSU-Regierung neu geschaffene Kategorie. Für eine drohende Gefahr muß die Begehung einer Straftat nicht mehr konkret erkennbar sein. Es reicht aus, wenn die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet ist, daß in überschaubarer Zukunft eine Straftat begangen wird. ,Die effizienteste Abwehr von Gefahren ist doch, diese gar nicht entstehen zu lassen’, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, der schon bald an den Berliner Kabinettstisch wechseln will. Die Ausschreitungen beim G-20-Gipfel in Hamburg hätten gezeigt, daß man nicht zusehen dürfe, bis wirklich etwas passiere. Nicht der Staat bedrohe die Bürgerrechte, sondern ,Extremisten und Chaoten’.“

„Daher meine schärfste Abneigung gegen alle Spezialpolizeien, Sondergesetze, und andere ,zur Abwehr und zur Verteidigung der Verfassung’ nötigen Einrichtungen, Das ist stets von Übel und geht immer schief aus.“ Kurt Tucholsky, 3.12.1935

Zum Spiel gehört, daß Prantl schäumt (wenn auch nicht im Leitartikel, denn so wichtig ist die Sache nicht): „eigentlich unvorstellbar“, „Guantanamo“, „eine Schande für den Rechtsstaat“ und aber im Zweifel weniger Aufmerksamkeit erhält als, sagen wir, „Hörzu Wissen“ (aktuelle Ausgabe): „Wo Deutschland am gefährlichsten ist: Bandenkriege, Verbrecher-Clans, No-Go-Areas – die dunkelsten Orte unseres Landes“, und nun müßten wir schon eine sehr naive Erwartungshaltung haben, um das nicht für eine überaus taugliche Taktik der Faschisierung zu halten, die von den dunkelsten Orten unseres Landes (bayerische Staatskanzlei, Redaktion „Hörzu Wissen“*) ins vom Hamburger Verbrecher-Chaos ausgemalte Gefährder-Deutschland blickt, während es in der Türkei „wie in der DDR“ (Schäuble) zugeht. Und also nicht so gegenteilig herrlich wie bei uns: „Deutschland ist ein tolles Land. Es ist reich und schön und wunderbar“ (René Hoffmann, „Süddeutsche Zeitung“, 24./25. Juni).

Könnte freilich sein, daß es doch irgendwann aufhört. Und man Schwedisch lernen muß.

* Weiteres Thema dieser Ausgabe übrigens: "Wie die Mächtigen uns manipulieren". Jessesmariaundjosef. Falls nicht schon -joseph.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Die dunkle Seite des Mondes

Ich mag hier nicht von „Staatsfernsehen“ schreiben, weil es ja nicht so ist, daß der Staat eine Meinung in Auftrag gäbe. Der Journalist, die Journalistin berichten nach bestem Wissen und Gewissen, und daß die Apparate beides formen, ist eine andere Geschichte.

Die Tagesthemen vom Mittwoch, der Aufmacher ist immer noch G20. Der Filmbericht, des Hamburger Ersten Bürgermeisters Krängen betreffend, hat sich als Aufhänger einen Polizisten gesucht – vermutlich genauer: hat sich von der Pressestelle der Polizei einen Kollegen liefern lassen –, wie er im Polizeibilderbuch steht: groß und freundlich und mit warmer Stimme. Einer, dem wir ein Auto abkaufen würden. Er, hören wir, war „mittendrin“, war „tagelang immer dort eingesetzt, wo es krachte, er hat Angst gespürt, Gewalt erlebt: ,Diese Haßtiraden, die uns entgegengeschrien wurden von einzelnen oder auch von vielen auf diesen Demonstrationszügen. Wir haben gar nicht geschlafen. Wir haben mal geruht, an Schlaf war nicht zu denken an diesem Wochenende.’“ Einsätze wie seiner, so das Off, hätten „teilweise fünfzig Stunden ohne Schlaf“ bedeutet, „aber dann auch Bürger voller Dankbarkeit“; der nette Polizist: „Wir haben Beifall bekommen, haben Dankeszurufe bekommen, und einfach das Lächeln, das Klopfen auf die Schulter von Kollegen, das ist Balsam für die Seele und tut richtig gut.“

Die Polizei, hatten wir eingangs bereits von Caren Miosga gehört, sei am Rande ihrer Kräfte gewesen, und daß zum Streiten meistens zwei gehören, erfahren wir auch im Bericht bloß über Bande, als es um die Rota Flora geht und anrainende Geschäftsleute, die sich, trotz kaputter Fensterscheiben, mit der Flora solidarisiert haben: „In einem Brief prangern sie unverhältnismäßige Gewalt von beiden Seiten an.“ Mehr erfahren wir nicht von der unverhältnismäßigen Gewalt der anderen Seite, es hätte den Bericht mit dem netten Polizisten in der Mitten in formale Schwierigkeiten gebracht, vielleicht sogar Ärger mit der Pressestelle heraufbeschworen.

„Et audiatur altera pars. / Auch die andere Seite werde gehört.“ Rechtsgrundsatz

Der Brief, von dem die Rede ist (falls es nicht noch einen gibt), liegt dem Sonntagsfrühstück vor. In Auszügen: „Uns fällt es in Anbetracht der Wahllosigkeit der Zerstörung schwer, darin die Artikulation einer politischen Überzeugung zu erkennen, noch viel weniger die Idee einer neuen, besseren Welt. (…) Ja, wir haben direkt gesehen, wie Scheiben zerbarsten, Parkautomaten herausgerissen, Bankautomaten zerschlagen, Straßenschilder abgebrochen und das Pflaster aufgerissen wurde. / Wir haben aber auch gesehen, wie viele Tage in Folge völlig unverhältnismäßig bei jeder Kleinigkeit der Wasserwerfer zum Einsatz kam. Wie Menschen von uniformierten und behelmten Beamten ohne Grund geschubst oder auch vom Fahrrad geschlagen wurden. (…) Zum Höhepunkt dieser Auseinandersetzung soll in der Nacht von Freitag und Samstag nun ein ,Schwarzer Block’ in unserem Stadtteil gewütet haben. / Dies können wir aus eigener Beobachtung nicht bestätigen, die außerhalb der direkten Konfrontation mit der Polizei nun von der Presse beklagten Schäden sind nur zu einem kleinen Teil auf diese Menschen zurückzuführen. (…) Wir leben und arbeiten hier, bekommen seit vielen Wochen mit, wie das ,Schaufenster moderner Polizeiarbeit’ ein Klima der Ohnmacht, Angst und daraus resultierender Wut erzeugt. / Daß diese nachvollziehbare Wut sich am Wochenende nun wahllos, blind und stumpf auf diese Art und Weise artikulierte, bedauern wir sehr. (…) Dennoch sehen wir den Ursprung dieser Wut in der verfehlten Politik des Rot-Grünen Senats, der (...) einer hochmilitarisierten Polizei das komplette Management dieses Großereignisses auf allen Ebenen überlassen hat. (…) Wenn Olaf Scholz jetzt von einer inakzeptablen ,Verrohung’, der wir ,uns alle entgegenstellen müssen’, spricht, können wir dem nur beipflichten. / Daß die Verrohung aber auch die Konsequenz einer Gesellschaft ist, in der jeglicher abweichende politische Ausdruck pauschal kriminalisiert und mit Sondergesetzen und militarisierten Einheiten polizeilich bekämpft wird, darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben. (…) Wir hatten als Anwohner mehr Angst vor den mit Maschinengewehren auf unsere Nachbarn zielenden bewaffneten Spezialeinheiten als vor den alkoholisierten Halbstarken, die sich gestern hier ausgetobt haben. / Die sind dumm, lästig und schlagen hier Scheiben ein, erschießen dich aber im Zweifelsfall nicht.“

Das müssen wir den Tagesthemen freilich nachsehen, daß sie nicht über meine Möglichkeiten verfügen, beide Seiten ins Licht zu rücken, und irgendwer muß ja schließlich die Sache der Polizei vertreten. Daß die vierte Gewalt es mit der dritten hält, bringt jedenfalls mich nicht um den Schlaf.

Mein Schlafbedürfnis ist allerdings legendär.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Die schönen Rosen

Daß es, wie DPA verbreiten ließ, in Hamburg zu „massiven Ausschreitungen“ gekommen ist, wird alle entsetzt haben, die mit leichten oder luftigen Ausschreitungen gerechnet hatten; mich trifft es doppelt. Denn nicht allein kann ich mit meinem Virusinfekt nicht im Bett bleiben, was lästig genug ist; ich muß meine Meinung nun auch noch zu ausgerechnet diesem Zirkus haben. (Die Betrachtung zu Sebastian Kurz, Arbeitstitel: „Arsch mit Ohren“, wird möglicherweise nachgereicht.)

Wer sich nicht gern auf offizielle Versionen verläßt, findet im Netz vielfache Hinweise darauf, daß die Polizei vielerorts nicht lange bis praktisch gar nicht gefackelt hat, und wer sich bei Youtube die Kommentare antut: „Ohhhh das tut so gut zu sehen wie diese dämlichen Demonstranten auf ihre Untermenschen Fresse bekommen (…) In anderen Ländern werden solche Leute hingerichtet“, mag finden, daß faschistische Fantasie und Praxis sich wieder ein Stück angenähert haben. Das hindert nicht, daß schwarze Gestalten, die Brandsätze in Kleinwagen senken und Ladenzeilen verwüsten, eher wie Hools denn politische Aktivisten wirken. Nehmen wir an, es sei dies nicht einfach Hooliganismus, sondern der Versuch, Bilder vom kommenden Bürgerkrieg zu produzieren, so ahnt mein anginöser Schädel, daß der Bürgerkrieg, sehen die Leute, wie er ausschaut, noch viel weniger kommt als eh schon. Auch mögen das Auto und die Einkaufsstraße Sinnbilder kapitalistischen Unrechts sein, und wer sie kaputtmacht, setzt ein Zeichen; aber die geborstenen Schaufenster kehrt ja nicht der CEO zusammen, und wessen gebrauchter Fiat in Flammen aufgegangen ist, den wird der revolutionäre Kampf fürs erste am Arsch lecken können.

„Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet!“ Eich, 1950

Natürlich hat eine Gruppe wie die Interventionistische Linke recht, wenn sie sagt, daß sich am Gewaltverhältnis nichts ändert, wenn man an der Alster Lieder singt. Durch Gewalt, die keine revolutionäre ist, ändert sich am Gewaltverhältnis aber erst recht nichts (im Gegenteil, es verhärtet sich noch), und wer die Puppen trotzdem tanzen läßt, setzt Wasserwerfer und Schlagstock noch da ins populäre Recht, wo sie in friedliche Demos fahren. Jetzt jammern alle, die Politik habe versagt, denn so etwas wie G20 hätte nie in einer Großstadt stattfinden dürfen. Stellen wir’s auf die Füße, ergibt sich, daß es die beste Idee aller Zeiten war, den Gipfel in Hamburg stattfinden zu lassen, denn bessere Bilder als solche, die Linke als flaschenwerfenden, brandschatzenden Mob zeigen, können herrschende Verhältnisse sich nicht wünschen.

Den Ablauf des Gipfels zu stören war erklärtes linksaktivistisches Ziel. Ich will, malad vom Schreibtisch aus, Engagement nicht denunzieren, nicht mal unter Verweis auf Adornos bekannte Worte vom Geblök und von der Pseudoaktivität; aber daß Mrs. Trump ihr Hotel nicht hat verlassen können, muß das nun als Erfolg gewertet werden? Lassen sich Zeugnisnoten verhindern, indem man den Ablauf der Zeugnisnotenkonferenz stört? Die Chefin der Interventionistischen Linken zitiert, weiß die Zeitung, Pablo Neruda: Mögen sie die Blumen abschneiden, der Frühling kommt trotzdem.

Ich will nicht unken, aber: Nein, so kommt er nicht.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Antworten mit ja

Erinnern wir uns noch? Dreieinhalb Jahre ist es her, daß das Coming out eines Fußballers für den Frankfurter Allgemeinen Chefstrategen Altenbockum eine „Rocky Horror Hitzlsperger Show“ war: „Mit gewohnter Eilfertigkeit setzen die üblichen Verdächtigen deutscher Gesellschaftspolitik zum Time Warp an, wir erinnern uns: Hände an die Hüften, Knie zusammen, das Becken drei Mal nach vorne. Die Schwarmintelligenten, angeführt von Manuela Schwesig, geben im deutschen Spukschloß eine köstliche Vorstellung, an der die ganz Schlauen kritisieren, daß wir das ja nur nötig hätten, weil wir Homosexualität noch immer als etwas Besonderes, nicht als die Norm, nicht als etwas Gleichberechtigtes, sondern als Verirrung, als Tabu und unnormal empfänden. Aber auch wer nicht mittanzt, ist ein Spielverderber, den ein homophobes Virus daran hindert. Der deutsche Michel darf es sich also aussuchen, warum er ein Schwulenfeind ist. Daß er es ist, soviel ist sicher.“

Einen Tag nachdem der Bundestag, der Mehrheitsmeinung in Umfragen folgend, die Ehe für alle beschlossen hatte, sah sich Jasper mitsamt den anderen Nein-Sagern jammernd „in die Rolle der Besiegten versetzt, der Minderheit, die künftig um Respekt für ihren Standpunkt geradezu flehen muß. Solange das angesichts einer teils haßerfüllten Lobbyarbeit nötig ist und der Holzhammer angeblicher Homophobie selbst über dem Bundesverfassungsgericht schwebt, wird es mit dem gesellschaftlichen Frieden, den sich Angela Merkel von der Abstimmung versprach, nicht weit her sein.“

Von dieser Projektion, als Minderheit zum Objekt derselben unterschwelligen Verachtung zu werden, deren Subjekt man doch gern geblieben wäre, kommt und kommt uns’ Jasper halt nicht runter, und den Holzhammer der Homophobie muß inskünftig nicht etwa der Schwule im Stadtpark fürchten, sondern der aufrecht Normale, der vor lauter Wahn nicht sieht, daß die Ehe für alle zwar links insoweit ist, als sie vormals Exklusives nun allen zur Verfügung stellt, daß aber das, was zur Verfügung gestellt wird, konservativ und staatstragend ist, ja die bürgerlichste Konvention überhaupt.

„Es sind immer nur Einzelne. Ich mag Einzelne. Alles andere ist Ramsch.“ Brinkmann, 1972

Die neue Ehe mag ein emanzipatorischer Durchbruch sein, aber sie ist auch eine Emanzipation vom Unkonventionellen und damit Teil zeitgenössischer Verspießerung. Daß Mitmachen-Dürfen Mitmachen bedeutet, war der Schwulenbewegung vor einer Generation noch bewußt, jedenfalls wenn ich Ralf König traue, der im Band „Sie dürfen sich jetzt küssen“ seinen Protagonisten Paul als jungen Mann der achtziger Jahre porträtiert: „Der ganz normale Heteromann heiratet mit Staates Segen die ganz normale Heterofrau, sie bauen sich ein Haus, machen Kinder, sie richten sich ein im ach so tollen Kapitalismus, er arbeitet, sie putzt den Bälgern die Ärsche, alles normal und spießig! Okay! Aber ich danke dem großen Manitou auf Knien, daß er mich schwul gemacht hat, denn das ist ’ne echte Alternative zu diesem Spießerscheiß!“ Ganz ähnlich aus Heterosexuellenperspektive Rolf Dieter Brinkmann, zehn Jahre früher: „Mies ist die kleinkarierte Bürgerlichkeit, die Konvention: ich mag sie nicht. Ich habe sie nie gemocht. Ich habe immer nur darunter gelitten.“ Heute werden für Abiturbälle große Roben angeschafft, propagiert der Lifestyle das „kleine Glück“ (mit großem Auto und dem richtigen Mobiliar) und können es Homosexuelle nicht erwarten, das Spiel genauso mitzuspielen wie, sagen wir, ich (verheiratet, Kombi, Bausparvertrag).

Das ist ihr gutes Recht, und ein antidiskriminatorischer Akt ist ein antidiskriminatorischer Akt; und anmaßend überdies, von der Minderheit den Widerstand zu erwarten, den man selbst nicht leistet. Daß, der alten Einsicht der Kritischen Theorie folgend, auch dieser Fortschritt den Rückschritt in sich trägt, darauf mag indes die Werbemail von Adidas ein Hinweis sein, die der Schriftsteller und Blog-Betreiber Matthias Altenburg (alias Jan Seghers) am Tag der Abstimmung im Bundestag bekam: „Zu Ehren der LGBT Community setzt der UltraBOOST diesen Monat ein Zeichen – subtil und doch aussagekräftig. Die Limited Edition feiert Diversity mit einem verspielten Muster in Regenbogenfarben an der Fersenkappe. (…) Auch der Crazy Explosive Low Primeknit kommt mit einem echten Eyecatcher-Design, das von der berühmten Regenbogenflagge inspiriert ist. Ob auf dem Platz oder in der Freizeit, der Basketballschuh steht für Gleichberechtigung und Diversity.“

Umgekehrt gilt das natürlich auch.

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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Der ewige Kanzler

Aus meiner Lieblingsstadt Frankfurt am Main schreibt mir Freund und Kollege Jürgen Roth: „Lieber Stefan, Dein Nachruf auf Kohl ist, wie ich meine, nur weitgehend zutreffend; denn die ,geistig-moralische Wende’ hat es, ausgenommen Privat-TV, nie gegeben. (Und RTL etc. haben im Sinne des Schlagwortes gewiß nichts geistig-moralisch gewendet.) Das Geschwätz hat Kohl selbst nicht ernst genommen. Und die D-Mark-Sache und die Ausplünderung der DDR gehen vor allem auf das Konto vom schon damals faschistischen Schäuble und zumal der FDP. Kohl hat wiederholt geäußert, wie ihm die ,Wirtschaftskriecher’ der FDP mit ihrer Politik auf Zuruf der Deutschen Bank auf den Sack gingen, da gibt es Zitate genug. Kohl hat das halt gemacht, weil er sehr gern Kanzler war. Das war alles. Er war weder ein Staatsmann noch sonst was, er war ein gemütlicher Opportunist, der mir, verglichen mit Kommandeuren wie Schmidt und Schröder und dem Kapitalappendix Merkel, mittlerweile sogar ziemlich sympathisch ist. (…) Der wollte, daß sein Parteiladen finanziert wird und in seinem Sinne schnurrt und daß es keinen Zirkus mit dem Franzos’ gibt. Das war sein Programm. Alles andere ist linke Mystifikation. (…) Mir ist der Kohlsche Gemütlichkeitsmuff (das Leben als eine Art ewig geöffnete Schankwirtschaft) lieber als das Brandtsche ,Zusammen’-Gewichse. Und Kohl war keine ,kalte’ Figur, im Gegenteil, man hat an ihm tatsächlich wenigstens Spuren von Ehrlichkeit wahrgenommen. Stell Schröder und Merkel dagegen, diese Killer.“

„Wir sehen, daß in dem Maße, als, in der organischen Welt, die Reflexion dunkler und schwächer wird, die Grazie darin immer strahlender und herrschender hervortritt. – (...) so findet sich auch, wenn die Erkenntnis gleichsam durch ein Unendliches gegangen ist, die Grazie wieder ein; so, daß sie, zu gleicher Zeit, in demjenigen menschlichen Körperbau am reinsten erscheint, der entweder gar keins, oder ein unendliches Bewußtsein hat, d. h. in dem Gliedermann, oder in dem Gott.“ Kleist, 1810

Das Temperaturempfinden ist ja bekanntlich ein relatives, und daß Kohl heute Wärme bescheinigt werden kann, ist nichts als Ausdruck der kalten und immer kälteren Verhältnisse, die ihm folgten. „Kohl verkörperte, sobald er auf einem TITANIC-Cover auftauchte, in einer Gestalt sowohl die herrschenden Verhältnisse als auch die Kritik daran“, hat Hans Zippert dem Altkanzler in der „Welt“ nachgerufen. „Das wird ihm leider keiner mehr nachmachen“, und schon gar nicht die, die heute allein noch das (Kapital-)Verhältnis als solches sind. Kohl war, darüber weit hinaus, der Witz, für den ihn so viele gehalten haben, und wenn jeder (gute) Witz das Seine in Frage und auf den Kopf stellt – Trump, nebenbei, ist ein schlechter –, war Kohl sein eigener Widerspruch, ein dialektisches Verhältnis an und in sich, über dem Kabarett redundant werden mußte. Die Synthese KOHL, war sie von komischer Kunst erst einmal entdeckt und ausstaffiert, hatte mit geistig-moralischen Wenden, Spätgeburtsgnaden und Gorbatschow-ist-Goebbels-Allotria dann gar nichts mehr zu tun, weshalb die KOHL-Titel der TITANIC auch keine Satire waren, sondern ein Gottesdienst, in dem sich KOHL der Welt als Wahrheit offenbarte, als höchster Sinn im durchaus Gewöhnlichen. KOHL war das (auch klangmagisch plausible) Zauberwort, und daraus ergab sich alles.

Romantische Kunst mithin, und auch Eckhard Henscheids einschlägiges Meisterwerk, die ’85er Kohl-„Biographie einer Jugend“, führt nicht läppisch den täppischen Kohl vor, sondern verehrt die universalpoetische Chiffre (KOHL), und was daran zum Lachen ist, ist nicht der Mann als Witzfigur, sondern Novalis’ „ursprünglicher Sinn“, dessen Totalität nicht hindert, daß er – in und durch und wegen Kohl – einfach keinen ergibt; bloß immer KOHL, und das ist sehr viel besser als nichts. Wenn auch nicht viel mehr als nichts.

So liegt im alten Wort vom ewigen Kanzler eine tiefere Wahrheit, und wer will, mag es wider das Urteil meines Freundes für trostvoll halten, daß Kohls Mädchen Merkel ihm nicht nur in der Persistenz, sondern auch semantisch so freudig rudernd nacheifert.

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg