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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Antworten mit ja

Erinnern wir uns noch? Dreieinhalb Jahre ist es her, daß das Coming out eines Fußballers für den Frankfurter Allgemeinen Chefstrategen Altenbockum eine „Rocky Horror Hitzlsperger Show“ war: „Mit gewohnter Eilfertigkeit setzen die üblichen Verdächtigen deutscher Gesellschaftspolitik zum Time Warp an, wir erinnern uns: Hände an die Hüften, Knie zusammen, das Becken drei Mal nach vorne. Die Schwarmintelligenten, angeführt von Manuela Schwesig, geben im deutschen Spukschloß eine köstliche Vorstellung, an der die ganz Schlauen kritisieren, daß wir das ja nur nötig hätten, weil wir Homosexualität noch immer als etwas Besonderes, nicht als die Norm, nicht als etwas Gleichberechtigtes, sondern als Verirrung, als Tabu und unnormal empfänden. Aber auch wer nicht mittanzt, ist ein Spielverderber, den ein homophobes Virus daran hindert. Der deutsche Michel darf es sich also aussuchen, warum er ein Schwulenfeind ist. Daß er es ist, soviel ist sicher.“

Einen Tag nachdem der Bundestag, der Mehrheitsmeinung in Umfragen folgend, die Ehe für alle beschlossen hatte, sah sich Jasper mitsamt den anderen Nein-Sagern jammernd „in die Rolle der Besiegten versetzt, der Minderheit, die künftig um Respekt für ihren Standpunkt geradezu flehen muß. Solange das angesichts einer teils haßerfüllten Lobbyarbeit nötig ist und der Holzhammer angeblicher Homophobie selbst über dem Bundesverfassungsgericht schwebt, wird es mit dem gesellschaftlichen Frieden, den sich Angela Merkel von der Abstimmung versprach, nicht weit her sein.“

Von dieser Projektion, als Minderheit zum Objekt derselben unterschwelligen Verachtung zu werden, deren Subjekt man doch gern geblieben wäre, kommt und kommt uns’ Jasper halt nicht runter, und den Holzhammer der Homophobie muß inskünftig nicht etwa der Schwule im Stadtpark fürchten, sondern der aufrecht Normale, der vor lauter Wahn nicht sieht, daß die Ehe für alle zwar links insoweit ist, als sie vormals Exklusives nun allen zur Verfügung stellt, daß aber das, was zur Verfügung gestellt wird, konservativ und staatstragend ist, ja die bürgerlichste Konvention überhaupt.

„Es sind immer nur Einzelne. Ich mag Einzelne. Alles andere ist Ramsch.“ Brinkmann, 1972

Die neue Ehe mag ein emanzipatorischer Durchbruch sein, aber sie ist auch eine Emanzipation vom Unkonventionellen und damit Teil zeitgenössischer Verspießerung. Daß Mitmachen-Dürfen Mitmachen bedeutet, war der Schwulenbewegung vor einer Generation noch bewußt, jedenfalls wenn ich Ralf König traue, der im Band „Sie dürfen sich jetzt küssen“ seinen Protagonisten Paul als jungen Mann der achtziger Jahre porträtiert: „Der ganz normale Heteromann heiratet mit Staates Segen die ganz normale Heterofrau, sie bauen sich ein Haus, machen Kinder, sie richten sich ein im ach so tollen Kapitalismus, er arbeitet, sie putzt den Bälgern die Ärsche, alles normal und spießig! Okay! Aber ich danke dem großen Manitou auf Knien, daß er mich schwul gemacht hat, denn das ist ’ne echte Alternative zu diesem Spießerscheiß!“ Ganz ähnlich aus Heterosexuellenperspektive Rolf Dieter Brinkmann, zehn Jahre früher: „Mies ist die kleinkarierte Bürgerlichkeit, die Konvention: ich mag sie nicht. Ich habe sie nie gemocht. Ich habe immer nur darunter gelitten.“ Heute werden für Abiturbälle große Roben angeschafft, propagiert der Lifestyle das „kleine Glück“ (mit großem Auto und dem richtigen Mobiliar) und können es Homosexuelle nicht erwarten, das Spiel genauso mitzuspielen wie, sagen wir, ich (verheiratet, Kombi, Bausparvertrag).

Das ist ihr gutes Recht, und ein antidiskriminatorischer Akt ist ein antidiskriminatorischer Akt; und anmaßend überdies, von der Minderheit den Widerstand zu erwarten, den man selbst nicht leistet. Daß, der alten Einsicht der Kritischen Theorie folgend, auch dieser Fortschritt den Rückschritt in sich trägt, darauf mag indes die Werbemail von Adidas ein Hinweis sein, die der Schriftsteller und Blog-Betreiber Matthias Altenburg (alias Jan Seghers) am Tag der Abstimmung im Bundestag bekam: „Zu Ehren der LGBT Community setzt der UltraBOOST diesen Monat ein Zeichen – subtil und doch aussagekräftig. Die Limited Edition feiert Diversity mit einem verspielten Muster in Regenbogenfarben an der Fersenkappe. (…) Auch der Crazy Explosive Low Primeknit kommt mit einem echten Eyecatcher-Design, das von der berühmten Regenbogenflagge inspiriert ist. Ob auf dem Platz oder in der Freizeit, der Basketballschuh steht für Gleichberechtigung und Diversity.“

Umgekehrt gilt das natürlich auch.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg