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Fabian Lichters Economy Class

Deltamännchen

Szene: Außengastro, Rhein-Main-Gebiet. Hier sieht man den mittelalten und voll im Geschäftsleben werkelnden Drübersteher, wie er etwa in diesem Fall seinem Gegenüber zuwirft, die nachfolgenden Generationen würden "uns" wieder einmal vorwerfen können, "mitgemacht" zu haben. Dazu eine kühle Halbe, klar, bei so viel heißer Luft.

Anlass waren Abstandsregeln und die paar Meter zum Tisch, die noch eine Maske zu tragen waren, darauf Zustimmung total auf der Gegenseite. Denn Einigkeit herrscht, wo der sonst nur zu gern konforme Mitmacher des schlechten Ganzen, der wohl nicht einmal der sogenannten Aluhut-Fraktion oder einem besonders ökoesoterischen Milieu angehörig sein mag, sondern viel mehr von einer Realität abseits seiner Welt einfach nicht mehr behelligt werden möchte, endlich einmal mit Feuereifer auf alles, was links von ihm oder auch einfach nur ungern in Aerosolwolken steht, loswettern kann.

Es war eben (und ist es bei den hart Gesottenen offensichtlich immer noch) die wilde Zeit derer, die sonst noch jede Sauerei seitens Staat und Kapital abnicken oder stillschweigend geschehen lassen, wenn es nur das eigene Leben nicht tangiert, die sich seit gut eineinhalb Jahren in einer Soße aus Selbstmitleid und Egozentrik badend, wenigstens einmal als Staatsfeinde inszenieren konnten, wenn sie nicht gerade wieder einmal Opfer sind.

Unter Anspielungen auf den Nationalsozialismus macht man es dann eben nicht, was dann freilich doch wieder stark an die Querdenken-Demos erinnert. Dass es ihre stets beschworenen Feinde, jene Menschen, die kritiklos alle Maßnahmen abnicken, sie aus autoritärem Fimmel gar herbeiwünschten, wohl eher selten geben dürfte – geschenkt. Sogar die Wirtschaft brummt entgegen allem Gebibber und Geblöke wie selten ("Erstmals in seiner Geschichte klettert der Dax am Freitag über die Marke von 16 000 Punkten", sz.de) und – das dürfte den Deltamännchen dieser Welt aber nichts ausmachen – mit etwas Pech ab Herbst auch wieder das nächste Upgrade.

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In den Tag

Per Tagesschau-Eilmeldung erfuhr man es jüngst, dass die Prognose bezüglich des 1,5-Grad-Ziels korrigiert werden musste. Laut des neuesten IPCC-Berichts wird – bei derzeitiger Entwicklung – die Marke bereits 2030 gerissen sein, tatsächlich also noch einmal zehn Jahre früher als man noch 2018 angenommen hatte. Keines der aktuellen Wahlprogramme in Deutschland, konstatierte man bei Fridays-For-Future wenige Tage zuvor, genüge derweil, um dem Pariser Abkommen gerecht zu werden.

Das allein könnte als Kapitulation gängiger Politik gewertet werden, wenn noch irgendjemand ernsthaft Illusionen dahingehend gehabt hätte. Hält man sich vor Augen, dass selbst zu Zeiten der strafferen Corona-Einschränkungen, nicht zuletzt im Handel und Reiseverkehr, hierzulande der CO2-Ausstoß gerade um 8,7 Prozent gesunken ist (bmu.de), kann man sich in etwa ausmalen, welche gesellschaftlichen Änderungen nötig sind, um das Ruder in Sachen Klimakrise rumzureißen.

Die westliche Lösung für alles, "baut kleine geile Firmen auf" (Funny van Dannen), taugt eben für nicht viel, neben der Erwirtschaftung von Profit. Aber so will es das Selbstverständnis: Man hat allenfalls Ziele, Pläne hingegen sind etwas für totalitäre Gesellschaften und höchstens in einer Schwundstufe noch für Wahlkampfzeiten brauchbar.

Gerade das zeigt sich nicht nur in Sachen Erderwärmung als Nachteil. Falsch ist es obendrein: Frei nach Pohrt geht man mit der Vorstellung der unsichtbaren Hand des freien Marktes selbst Ideologie auf den Leim, denn natürlich wird, wo gewirtschaftet wird, auch geplant. Und dass Politik dabei tatkräftig mithilft und Bedingungen schafft, davon kann man zum Beispiel bei RWE ein frohes Lied singen. Bleibt die Frage, von wem und zu welchem Zweck wird Produktion geplant.

"Gute Nachrichten für die Umwelt", schreiben Leigh Phillip und Michal Rozworski im Jacobin-Magazin, "kamen (…) in den meisten Fällen von nicht-marktwirtschaftlichen Interventionen. Dass das Problem des Ozonabbaus so gut wie gelöst ist, haben wir nicht dem Markt oder unserem persönlichen Verzicht auf Kühlschränke oder Haarspray zu verdanken, sondern der staatlichen Regulierung."

Ob das, was hier als effizient angebetet wird, am Ende noch unser aller Lebensgrundlagen in Wert verwurstet hat und dabei nichts als verbrannte Erde hinterlässt, wird also wohl allem voran davon abhängen, wie gut es gelingt, das gar nicht mal so planlose kapitalistische in den Tag herein produzieren zu stören. Und die Zeit drängt.

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Deutsche Versöhner

Es ist schon eine besondere Leistung, die Laschet vollbracht hat, nämlich dafür zu sorgen, dass sich einmal wenigstens auch auf Twitter alle einig in etwas sind, jedenfalls darin: Laschet kann es nicht. Der neue Versöhner, er kommt also wohl aus Aachen. Der Rest liegt bekanntlich an den Wählerinnen und Wählern da draußen. Und da muss man einfach ganz klar sagen, dass die Existenz des Mediums Film jemandem wie Laschet in der Hinsicht nicht gerade in die Hände spielt.

Was im Zeitalter mündlicher Überlieferung noch hätte irgendwie gesteuert und verschleiert werden können, dass Laschet eben so ist, wie er aussieht und dass all diese Sätze also tatsächlich und nachweislich aus ihm herauskommen, das könnte im Medienzeitalter doch ein entscheidender Nachteil für ihn sein. Das fällt ihm jetzt sozusagen auf die verdächtig sauberen Gummistiefel.

Es ist dann aber wiederum ein seltsamer Dreh, wenn man ihm ausgerechnet vorwirft, im Wahlkampf nun eben vorrangig das, nämlich Wahlkampf zu betreiben. Wem es genützt hätte, wenn – wie ebenfalls auf Twitter vielfach gewünscht – er doch mal eine Viertelstunde mitgeschippt hätte in den vom Hochwasser verschlammten Eifel-Straßen, das weiß nur die Bubble. Und ob es dem Schlamm überhaupt recht gewesen wäre?

Regelrecht streberhaft dagegen schon Kandidat Scholz, der etwa zeitgleich einen Videobeweis online stellte, der zeigt, wie er bei der Tafel in seinem Wahlkreis Potsdam sehr wohl tatkräftig mittat, Essenskisten schleppte, zumindest einmal, und mit "Teamleiterin Sabine" die Kelle für die Bedürftigen schwang. Dazu auch noch bescheiden genug, nicht gleich prahlerisch damit herauszuplatzen, dass dank ihm und der Agenda 2010 der Laden, gerade was die Kundschaft angeht, ja erst so richtig brummen dürfte.

"Es gibt kein Recht auf Faulheit", sagte bekanntlich schon Gerhard Schröder und wer denkt, bei den Grünen gelte das nichts, übersieht, dass Baerbock sich in Sachen Bürgerdialog in den letzten Tagen wohl einfach nur auf das Portal abgeordnetenwatch.de zurückgezogen hat (698 von 898 Fragen beantwortet), wo sie sich dem Fragen-Dauerfeuer ihrer Wähler und Kritiker stellt. "Wieso ist ihre für Ihre Partei für E-Motoren bei E-Autos?" [sic], will da etwa ein Gregor Helbing am 29. Juli endlich einmal klipp und klar wissen. Volltreffer offensichtlich: Bis jetzt jedenfalls keine Antwort von Baerbock.

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Arbeit und Struktur

In Island wurde jüngst erfolgreich die 4-Tage-Woche getestet, heißt es. Und erfolgreich bedeutet selbstredend, dass bei reduzierter Arbeitszeit die Produktivität nachweislich gestiegen ist. Denn first things – bitte schön – immer noch first.

Nun fühlten sich aber tatsächlich auch die Probanden der Arbeitnehmerschaft wohler, wo sie selbstbestimmter leben und arbeiten konnten, was in der Berichterstattung beinahe als netter, auch irgendwie kurioser Nebeneffekt daherkommt. Endlich einmal keine Verlierer? Man glaubt es eben selbst nicht so recht. Fragt sich, warum existiert dergleichen Abbau von Lebensarbeitszeit dann nur in Versuchsmodellen? Ja, warum geht der Trend weltweit zu wachsenden Arbeitszeiten? Irgendwie so eine Mindset-Sache wahrscheinlich:

"Es ist schlicht und ergreifend eine Tatsache, dass Zeit nicht als politische Gestaltungsaufgabe begriffen wird, denn was macht man mit den Produktivitätszuwächsen, die es ohne Zweifel gibt?" fragt sich z.B. Harald Welzer (philomag.de) und stößt damit in das gleiche Horn wie etwa der "anarchistische" Anthropologe David Graeber, der seinerzeit mit der These, die Berufswelt sei voll von Bullshitjobs aus welchen Gründen auch immer und nicht zuletzt in sich emanzipatorisch dünkenden Kreisen Erfolge feierte.

Graeber kam zur Erkenntnis, dass das alles in der Tat durchaus seltsam und vor allem ineffektiv sei – so fallen Anarchismus und Libertarismus wieder einmal in eines –, und es läge wohl an der politischen Klasse, dass derlei Zustände herrschten, die sich schon irgendeinen Vorteil davon verspräche. Vielleicht, so heißt es knapp 500 Seiten später, sei ja ein Grundeinkommen die Lösung. Dass man damit in die Sachbuch-Bestsellerliste kommt, wundert einen dann schon, bzw. eigentlich auch nicht mehr.

Marx kam jedenfalls recht schnell darauf, dass den Kapitalismus geradezu auszeichnet, dass die Arbeitskraft selbst zur Ware wird, und das wäre ja möglicherweise ein Anknüpfungspunkt gewesen. Von dem aus man aber z.B. auch das Schreiben und hauptberufliche Nachdenken über Bullshitjobs und Gemeinwohlökonomien eben als – nun – Bullshitjob entlarven könnte, der seinen eigenen Gesetzen folgt.

Und man fragt sich weiter: Was nur könnte Menschen dazu veranlassen, in Jobs zu verharren, die sie eigentlich als recht sinnlos erleben, bisweilen hassen? Und was könnte Unternehmerseits der Antrieb sein, doch lieber und stets weiter zu investieren? Wer dazu auch keine Antwort weiß, kann unter Umständen – Vorsicht, Spoiler! – noch ganz gut Geld damit verdienen.

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Nach uns die Sintflut

Man gewöhnt sich ja an alles, selbst an die Irrationalität. Die wird mittlerweile auch schon so offen und unbefangen zur Schau getragen, dass es einen kaum noch wundert, wie sich eine planlose und destruktive Produktionsweise den Menschen doch schon zurechtgemodelt hat. So können Nachrichtensprecher und Journalisten dieses Landes anlässlich der jüngsten Hochwasser dann auch noch wie im Chor von "sintflutartigen Regenfällen" palavern und der Blödsinn hat dennoch sein Wahres, weil man zu großen Teilen eher bereit wäre, eine göttliche Strafe zu bejammern und qualvoll über sich ergehen zu lassen, als eine drohende menschengemachte Katastrophe endlich einmal ernsthaft anzugehen und vielleicht gar abzuwenden. Halleluja!

Ob nun der Klimawandel oder doch nur der Starkregen schuld war an der Zerstörung ganzer Ortschaften, das ist dann nämlich doch eine Frage, die viele gerne noch vorher geklärt wissen wollen. Als ob die Tendenz, dass Starkregen und Extremwetterlagen nachweislich zunehmen, nicht genügen würde, und dieses Entweder-oder schon allein deshalb nicht so ganz aufgehen mag. Und bei wem kopftechnisch schon längst Land unter ist, der sieht im Leid der Menschen, die Angehörige, Existenz und Heim verloren haben, in erster Linie die Gefahr, dass daraus noch ein paar Stimmen für die Grünen herauskommen könnten und warnt: Stoppt die Politisierung der Ereignisse.

Das ist nur konsequent, gibt man sich damit etwa im Hause Springer doch ganz frank und frei als das zu erkennen (nicht dass es weiterer Beweise bedurft hätte), was man ist; in der Polis des antiken Griechenlands galt derjenige, der sich partout aus den öffentlichen Angelegenheiten politischer und gesellschaftlicher Natur heraushielt und den Privatismus vorzog, bekanntlich als Idiot, und wer wollte in dem Falle widersprechen.

Dass heute durchaus beides geht, Politik treiben und ein Idiot sein, das beweist wiederum Armin "Arminion" Laschet und zeigt, was Demokratie 2021 so alles kann: nichts natürlich. Denn wenn Politik im Sehr-spät-Kapitalismus überhaupt noch eine grundlegende Funktion hat außer der Erhaltung der eigenen Machtpöstchen und dem Sichern des Weiter-so, dann wäre das ja selbst das Entpolitisieren aller gesellschaftlichen Widersprüche.

Dafür steht er, Kandidat Laschet, und grinst dumm aus der Wäsche, während die Deiche brechen. Manche Katastrophen laufen eben auf zwei Beinen herum. Und dank des irrwitzigen freien Spiels der Kräfte ist zumindest für eines mit Sicherheit gesorgt: dass für sie immer die Sonne scheint.

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Lasst die Köche rollen

Mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist es für Menschen, die soziale Netzwerke nicht nur aus Erzählungen kennen, meist in etwa so wie mit der Oper: Man findet es schon gut, dass es das alles noch irgendwo gibt, aber man kommt einfach nur sehr selten dazu, weil lol, guck mal da. Das mag ein Problem für die Sender sein, nach den jüngst angekündigten Umbauplänen – unterm Strich: Kürzungen im Bereich Kultur und bei den journalistischen Magazinen, etwa dem Weltspiegel – stellen sich einem dann aber schon ein paar Fragen. Zum Beispiel, warum sie beim ÖRR mittlerweile exakt wie die Privaten klingen, vor allem, wenn es um die Argumentation zur Programmplanung geht.

Dass Menschen sich nicht für Bücher interessieren etwa, das wäre ja immerhin ein deutlicher Beleg für die Notwendigkeit einer Betätigung in diesen Gefilden, statt ein Argument für den Rückzug. Vielleicht würden ein paar mehr im Diesseits verhaftete Gestalten jenseits der Experimentiersparten ja schon helfen? Und dass politischer Journalismus in einem Zeitalter, in dem Menschen glauben, die Erde werde von Echsen regiert, eher was fürs Nachtprogramm ist, dürfte auch nicht die taghellste Entscheidung sein.

Vielleicht haben wir über die Jahre aber auch einfach vergessen, wofür ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk da ist: Vielleicht dafür, verhaltensauffällige Köche von der Straße zu holen und ihnen ein menschenwürdiges Leben im Scheinwerferlicht zu ermöglichen. Die Auslandsberichterstattung wird halbiert, das ist natürlich schade, aber bei Horst Lichter gibt es dafür gleich Ingwer-Gnocchi. Njam, njam!

Mag sein, dass das ganze Unternehmen Fernsehen den Bach runtergeht, aber wäre dann nicht immer noch ein halbwegs stilvoller Abgang einem solchen Gewurstel vorzuziehen? Warum also – mein Rezept für einen ausgewogenen ÖRR – nicht da kürzen, wo es alleine schon der gute Geschmack dringend fordert? Denn was das für eine Kultur sein soll, bei aller Liebe zum Genuss, die zwar aus dem FF einen Rehbraten schmoren kann und auch nachts aus dem Schlaf gerissen pflichtbewusst das Rezept für eine Béchamelsauce dahermurmeln könnte, ein Buch jedoch allenfalls noch als Topfunterlage zu nutzen weiß, das mag mir mal ein Medienmanager erklären.

Gegen Stumpfheit hilft kein Schneebesen und den Eskapismus einer Gesellschaft, in der niemand mit jemandem außer sich selbst oder seinesgleichen noch etwas zu tun haben möchte, kann man wunderbar fördern, in dem man den Menschen beständig sich selbst spiegeln lässt. All das, während Sender wie RTL und Prosieben verkünden, nun ja, seriöser werden zu wollen, und man weiß nicht, was schlimmer ist. Zum Glück gibt es ja Youtube.

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Abgekupfert

An der Debatte zur Baerbock-Plagiatsaffäre ist zum einen erstaunlich, wie gut es doch immer wieder funktioniert, Wahlkämpfe zu entpolitisieren und von Inhalten abzulenken, zum anderen, wie viele Menschen noch glauben, dass jemand wie Annalena Baerbock – immerhin als Kanzlerkandidatin bzw. Bundesvorsitzende nicht gerade unbeschäftigt – ihr obligatorisches Wegwerfbuch für die statistisch errechneten paar Extrastimmen persönlich schreibt.

Schließlich macht Baerbock selbst keinen Hehl daraus, beim Verfassen "Unterstützung" gehabt zu haben. Heißt, ihr Fehler war wohl eher, den falschen Ghostwriter angeheuert zu haben, sofern sie wiederum diesen überhaupt alleine engagiert haben sollte. Letzteres mal eher herbeiphantasiert, doch um mir Annalena Baerbock vor einem leeren Word-Dokument sitzend vorstellen zu können, nach dem richtigen Worte ringend, während draußen gerade die Wahlkampfmaschine rattert, dafür langt es dann doch nicht bei mir.

Natürlich ist bereits die Problemstellung "Darf eine potentielle Kanzlerin so ein Buch abliefern?" – ob nun per Kampagne gesetzt oder nicht – geradezu lächerlich sinnfrei. Wer sich nach 16 Jahren CDU-Regierung von den Grünen tatsächlich grundlegende Änderungen erhofft und wegen eines schlampig verfassten Grabbeltischbuchs von Enttäuschung derart übermannt ist, lieber einem Totalausfall wie Laschet seinen Segen zu geben, seine Empörung also über eine erwartete Besserung der eigenen Lebensumstände und der anderer stellt, der muss schon ein sagenhaft moralischer Depp sein.

Andererseits ist es vielleicht auch gerade das, was bei einer solchen Wahl überhaupt noch einen Unterschied macht, weil tatsächliche Verbesserungen der Verhältnisse längst ins Reich des Utopischen abgewandert sind – das gute Gefühl, das einem dabei bleibt. Somit müsste sich Politik zwangsläufig auf die Ebene der Moral verschieben, wo es bei den anderen wirklich nicht besser aussieht: bei Laschet, der während eines Lehrauftrags die Arbeiten seiner Studenten verschlampte und sich die Noten für sie – pragmatisch praktisch gut – aus den Fingern gesaugt hat. Der selbst zu Hans-Georg Maaßens Pöbeleien vom rechtesten Rand keinen klaren Satz herausbekommt. Oder bei Olaf Scholz, der … aber muss ich das hier wirklich noch mal alles aus den Zeitungen von gestern abkupfern?

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Stark, Bürgerbewegung Finanzwende!

Dass CumEx-Chefermittlerin Anne Brorhilker ihren Job als Oberstaatsanwältin aufgibt und stattdessen bei Eurem zwar ehrenwerten, aber vergleichsweise machtlosen Verein anheuert, war, wie Ihr in Eurem Newsletter mitteiltet, auch für Euch eine »Riesenüberraschung«.

Irritiert hat uns allerdings die dortige Zusammenfassung Eurer Ziele: »Gemeinsam arbeiten wir für Finanzmärkte, die uns allen dienen. Gegen Finanzkriminalität und Ungeheuerlichkeiten wie CumEx. Und dafür, dass Überschuldete nicht mit ihren Problemen alleine gelassen werden, dass die Schufa ihre Marktmacht nicht ausnutzt und dass öffentliche Gelder weiter intransparent und klimaschädlich angelegt werden können.« Na, wenn Ihr Euch dafür einsetzt, finden wir Eure Machtlosigkeit gar nicht mehr so schlimm!

Arbeitet für und gegen alles und jeden: Titanic

 Reih Dich ein, Kollegin Yasmin Fahimi!

Reih Dich ein, Kollegin Yasmin Fahimi!

Als Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes hast Du zum Tag der Arbeit naturgemäß bessere Bedingungen für Beschäftigte gefordert und die Tarifflucht vieler Arbeitgeber/innen missbilligt.

Dass Du bei der zentralen DGB-Kundgebung in Hannover die historische Bedeutung der Gewerkschaften nicht gerade kleinreden würdest, war uns klar. Dass Du jedoch richtig pathetischen Unfug zum Besten gabst, indem Du zum Beispiel sagtest: »Tarifverträge machen Beschäftigte zu freien Menschen in der Arbeitswelt« – das verblüfft uns dann doch ein wenig.

Selbstverständlich sind Tarifverträge besser als keine Tarifverträge, aber machen sie frei? Sind es nicht eher Massenentlassungen und betriebsbedingte Kündigungen, die unfreie Beschäftigte in der Arbeitswelt zu freien Menschen machen? Und wäre es nicht Deine Pflicht als Gewerkschaftsvorsitzende, diese Freiheit durch Arbeitskämpfe und Tarifverträge so lange zu beschneiden, bis die Revolution die Werktätigen tatsächlich befreit?

Es lebe in der Zwischenzeit natürlich dennoch die Arbeitereinheitsfront, singt Dir Titanic

 Verstörend, Tschetschenien!

Dein Kultusministerium hat Musik unter 80 und über 116 Beats pro Minute verboten. So soll Deine traditionelle Musikkultur bewahrt werden. Diese Maßnahme hätten wir gerade von Dir autoritär geführter und unter Putins Fuchtel stehender russischer Teilrepublik am allerwenigsten erwartet. Dass Du Deine Musiker/innen dazu zwingst, kompositorisch ihrem Kulturkreis treu zu bleiben, ist schließlich nichts anderes, als kulturelle Aneignung unter Strafe zu stellen. Da haben wir jahrelang dagegen andiskutiert und sie als rechtes Hirngespinst abgetan, um jetzt feststellen zu müssen: Es gibt sie doch, die Woke-Diktatur!

Senden hoffentlich weder zu schnelle noch zu langsame Grüße:

Deine politischen Beobachter/innen von Titanic

 O Gott, liebe »Tagesschau«!

Du titelst »Weniger Butter auf dem Brot«. Das hat uns geschockt. Wann wird es zu den nächsten Eskalationsstufen »Weniger Ketchup zu den Pommes«, »Weniger Bratensoße an Weihnachten« und »Weniger Limo in der originalen Paulaner Spezimischung« kommen?

Weniger Butter bei die Fische wünscht sich bei diesen Entwicklungen: Titanic

 Grüß Gott, Jan-Christian Dreesen!

Als Vorstandsvorsitzender vom FC Bayern München fanden Sie nach dem Ausscheiden aus der Champions League gegen Real Madrid die richtigen Worte: »Das ist das, was die FC-Bayern-Familie auszeichnet – dass wir nach so bitteren Niederlagen stärker als zuvor zurückkommen. Das ist das, was wir als unseren Mia-san-mia-Reflex bezeichnen.«

Wir sind, Dreesen, medizinisch und anatomisch nicht so firm. Aber dieser »Mia-san-mia-Reflex« – ist das jener, der 2017 dafür sorgte, dass Sie sich bei einem Jagdunfall den eigenen Zeigefinger weggeballert haben? Klick-peng!

Mia san neugierig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Ehe-Aus

Die hohe Scheidungsrate zeigt doch, dass so gut wie jeder Mensch hassenswert ist, wenn man ihn nur lange und gut genug kennt.

Dorthe Landschulz

 Sicher ist sicher

Geschäftemachen über das Portal Kleinanzeigen ist eine sehr geheime Sache. Natürlich mailt man nur mit Spezialadresse, unter Pseudonym, am besten ohne Anrede und Gruß, denn das lässt zu viele Rückschlüsse zu. Ich bin nun dazu übergegangen, für den Transport der Ware das Nummernschild des Autos zu überkleben, außerdem trage ich eine venezianische Halbmaske und einen schwarzen Umhang, den ich nach der Übergabe verbrenne.

Miriam Wurster

 Grausiger Befund

Als Angstpatientin weiß ich den Smalltalk zu schätzen, den meine Zahnärztin vor der Behandlung mit mir führt, aber ihre beiläufige Bemerkung, dass sie True-Crime-Fan sei, während sie die Instrumente sortierte, war für unsere Vertrauensbasis eher kontraproduktiv.

Loreen Bauer

 Gute Aussichten

Für mich ist es ganz wichtig, auch im Alter neugierig zu bleiben. Darum habe ich mir ein neues Kissen für mein Fensterbrett geleistet.

Uwe Becker

 Vorschlag

Beinpresse als anderer Ausdruck für Fußballzeitschriften.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.06.2024 Düsseldorf, Goethe-Museum Hans Traxler: »Traxler zeichnet Goethe«
21.06.2024 Husum, Speicher Max Goldt
23.06.2024 Kiel, Schauspielhaus Max Goldt
18.08.2024 Aschaffenburg, Kunsthalle Jesuitenkirche Greser & Lenz: »Homo sapiens raus!«