Dax Werners Debattenrückspiegel KW 25
Liebe Leser:innen,
das ist er nun also, der große Post-Corona-Prä-Delta-Varianten-Sommer, das Wiedersehen mit der Wirklichkeit vor Corinna, das Back-to-Normal auf Zeit. Genießen wir also diese goldenen Tage, justieren wir also unsere innere Gefühlswasserwaage auf Enjoyment Pur. Irgendwie und solange es noch geht.
Während sich die bundesweite Inzidenz meiner Biologie-Zeugnisnote im neunten Schuljahr annähert (5,7), lässt sich dieser merkwürdige Hitze-Sommer doch kaum besser bestreiten als daheim mit heruntergelassenen Rollos und E-Zigarettendampf-geschwängerter Luft, durch deren Liquid-Aerosol-Schlieren hindurch nichts anderes das ansonsten fast vollkommen abgedunkelte Wohnzimmer illuminiert als der grelle Schein des Plasmabildschirms mit den Endrunden-Spielen der diesjährigen Fußball-EM (Kleiner Tech-Hack: Erst wenn es auf der Netzhaut brennt, sind Bild- und Kontrastwerte einigermaßen richtig justiert). Und dann ist es auch schon Zeit für ihn, den Malocher-Moderator Alexander Bommes im Ersten, der es wie kein Zweiter schafft, gleichzeitig maximal ungezwungen und maximal angestrengt über Fußball zu sprechen. Denn "pöhlen", "chippen", "knipsen", "packing", "falsche Neun", da spüren wir's doch recht genau: Diese Welt der Fußballwörter, sie ist nur vorgeblich seine Welt, er ist dort recht eigentlich nur zu Gast, ein Fremder unter Fremden, und den aufmerksamen unter den Zuschauer:innen kommuniziert er genau das im Subtext jeder Silbe: Holt mich bitte hier raus. Alexander Bommes erinnert mich stark an mich selbst, wenn ich auf einem Klassentreffen bin, mir kein anderes Gesprächsthema außer Fußball einfällt und ich deswegen umso mehr vorgebe, mich auszukennen: "Dieser Dosenclub aus Leipzig hat mit ehrlichem Fußball nix zu tun, stimmt's, Leute?" Da fühle ich mich Bommes nahe, so bringt uns die post-pandemische Zeit wieder zusammen. Als Menschen.
Und wenn dann noch die Tipico-Wetten mit Handicap auf dem Second Screen wie früher wieder reihenweise ins Leere laufen, stellt es sich tatsächlich ein: das Gefühl, dass irgendwann mal wieder alles so sein könnte wie damals, 2019. So normal, so friedlich.
Enjoyt den Moment und take care:
Euer Dax Werner