Newsticker

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Dax Werners Debattenrückspiegel KW 25

Liebe Leser:innen,

das ist er nun also, der große Post-Corona-Prä-Delta-Varianten-Sommer, das Wiedersehen mit der Wirklichkeit vor Corinna, das Back-to-Normal auf Zeit. Genießen wir also diese goldenen Tage, justieren wir also unsere innere Gefühlswasserwaage auf Enjoyment Pur. Irgendwie und solange es noch geht.

Während sich die bundesweite Inzidenz meiner Biologie-Zeugnisnote im neunten Schuljahr annähert (5,7), lässt sich dieser merkwürdige Hitze-Sommer doch kaum besser bestreiten als daheim mit heruntergelassenen Rollos und E-Zigarettendampf-geschwängerter Luft, durch deren Liquid-Aerosol-Schlieren hindurch nichts anderes das ansonsten fast vollkommen abgedunkelte Wohnzimmer illuminiert als der grelle Schein des Plasmabildschirms mit den Endrunden-Spielen der diesjährigen Fußball-EM (Kleiner Tech-Hack: Erst wenn es auf der Netzhaut brennt, sind Bild- und Kontrastwerte einigermaßen richtig justiert). Und dann ist es auch schon Zeit für ihn, den Malocher-Moderator Alexander Bommes im Ersten, der es wie kein Zweiter schafft, gleichzeitig maximal ungezwungen und maximal angestrengt über Fußball zu sprechen. Denn "pöhlen", "chippen", "knipsen", "packing", "falsche Neun", da spüren wir's doch recht genau: Diese Welt der Fußballwörter, sie ist nur vorgeblich seine Welt, er ist dort recht eigentlich nur zu Gast, ein Fremder unter Fremden, und den aufmerksamen unter den Zuschauer:innen kommuniziert er genau das im Subtext jeder Silbe: Holt mich bitte hier raus. Alexander Bommes erinnert mich stark an mich selbst, wenn ich auf einem Klassentreffen bin, mir kein anderes Gesprächsthema außer Fußball einfällt und ich deswegen umso mehr vorgebe, mich auszukennen: "Dieser Dosenclub aus Leipzig hat mit ehrlichem Fußball nix zu tun, stimmt's, Leute?" Da fühle ich mich Bommes nahe, so bringt uns die post-pandemische Zeit wieder zusammen. Als Menschen.

Und wenn dann noch die Tipico-Wetten mit Handicap auf dem Second Screen wie früher wieder reihenweise ins Leere laufen, stellt es sich tatsächlich ein: das Gefühl, dass irgendwann mal wieder alles so sein könnte wie damals, 2019. So normal, so friedlich.

Enjoyt den Moment und take care:

Euer Dax Werner

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Warum wir jetzt einen harten Lockdown brauchen

Ein Kommentar von Torsten Gaitzsch

Meine Damen und Herren,

falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Ein Gespenst geht um in Deutschland. Ach, was sag ich – in Europa, auf der Welt. Die Rede ist vom Coronavirus Sars-CoV-2, welches die Lungenkrankheit Covid-19 hervorruft. Wer das Ganze als vorübergehende Sommergrippe abtut, übersieht die Reichweite dieser Epidemie. Ja, es wäre m.M.n. nicht verfehlt, das Wort Pandemie zu verwenden. Entsprechend eingefärbte Landkarten verdeutlichen den Ernst der Lage. Sicher, es gibt wirksame Impfungen gegen Covid, aber was, wenn noch unentdeckte Mutationen und Varianten über die bisher zugelassenen Vakzine nur lachen können? Oder wenn ein komplett anderer, aggressiverer Virenstamm sich ausbreitet, eine ganz neue Krankheit mit noch schlimmeren Symptomen und Langzeitfolgen um sich greift?

Im Laufe der Geschichte sind wiederholt verheerende Erreger aufgetaucht, und jedes Mal konnten sie erfolgreich sein, weil sie in uns Menschen einen Wirt fanden. Wir haben nichts daraus gelernt, wir sind arbeiten gegangen und tanzen und essen wie dieser Tage auch. Ja, das Wetter ist schön, ja, den Menschen zieht's nach draußen. Aber wo Menschen sich begegnen, stecken sie einander auch an. Die aktuellen Zahlen – kann man alle im Internet abrufen! – sagen u.a., dass es täglich neue Coronafälle gibt; die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 35,1. Wenn dieser Wert noch weiter steigt, liegt er womöglich in wenigen Wochen bei 40, 100 oder gar 110. Diverse Expertenberechnungen sagen zwar, dass die Inzidenz sinkt.

Wir haben dabei, siehe oben, nicht berücksichtigt, dass die neuartige Virusinfektion, die wir derzeit noch nicht kennen, um ein Vielfaches höhere Reproduktionsraten zeitigen könnte. "Aber bis es soweit ist, können wir doch wenigstens ein paar Stunden auf dem Partydampfer oder im Puff genießen!" höre ich jetzt meine unbelehrbaren Landsleute rufen. Aber, wende ich ein, genau solche Orte sind dezidierte Gefahrenpunkte, sind Epizentren der Ansteckung. Und dass dort neuerdings Schnelltests durchgeführt werden, hilft uns auch nicht weiter: Eine Person, die positiv getestet wird, weiß dann zwar, dass sie positiv ist, geht dann ja aber trotzdem rein und infiziert andere!

Eine geeignete Reaktion auf diese Bedrohungslage kann nur das sein, was man auf Englisch mit Lockdown bezeichnet. Heißt konkret: Außengastronomie dichtmachen, Schulen schließen, Homeoffice einführen, Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen untersagen, den öffentlichen Verkehr einschränken, Kunst- und Kulturveranstaltungen absagen. Erst, wenn alles bei null liegt, können wir einen sanften Neustart wagen.

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Wider den Hass gegen Vermieter

Ein sehr persönlicher Kommentar von TITANIC-Chefredakteur Moritz Hürtgen

Seit das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel kassiert hat, ergießt sich im Netz – es war zu erwarten – wieder einmal der Hass auf Eigentümer von Wohnungen und Häusern. Ich denke, dass die meisten, die da hetzen, falsche Vorstellungen vom Leben als Immobilienbesitzer haben. Ist das Vermieter- ein Luxusleben? Aus eigener schmerzlicher Erfahrung kann ich garantieren: nein.

Heute wohne ich selbst zur Miete, mit meinem landlord komme ich prima aus. Auch in Corona-Zeiten lässt er mich nicht im Stich und kommt häufig unangemeldet vorbei. In seiner Freizeit wohlgemerkt! Vor zehn Jahren aber war ich selbst einmal Vermieter: Als junger Studentenhüpfer vermietete ich mein Münchner WG-Zimmer für drei Wochen unter, weil ich in Flensburg an einem "Schreib dein Buch!"-Seminar unter Leitung des damals schon erfolgreichen Poetry-Slammers Marc-Uwe Kling (übrigens auch ein Berliner Vermieter) teilnahm. Es waren drei Wochen, in denen ich durch die Hölle ging – nicht wegen des phantastischen Seminars, bei dem ich lernte, wie ein Känguru zu hüpfen, um auf kreative Ideen zu kommen, nein, mich brachte allein die Sorge um mein Zimmer beinahe um. Dabei war es genaugenommen ja nicht einmal meines, nur die Einrichtung gehörte mir. Ich bat meine Mitbewohner Hanna und Max dennoch, ein Auge auf mein "kleines Reich" zu haben.

Mein Untermieter war ein Student der Philosophie, und bereits wenige Tage nach meiner Abreise berichtete mir Mitbewohner Max davon, dass der Neue beim Indoor-Hacky-Sack spielen in mein Billy-Regal gefallen war. Der Schaden lag im unteren zweistelligen Bereich – damals viel Geld für mich. Noch ein paar Tage später musste ich erfahren, dass in der gesamten ersten Woche nicht ein einziges Mal gestaubsaugt worden war. Vor meinem inneren Auge zogen Staubmäuse vorüber, ich hörte nicht mehr, was Marc-Uwe klingt sagte während er Beuteltiere auf ein Whiteboard malte. Jeden Tag erreichten mich neue Hiobsbotschaften aus meiner Wohngemeinschaft: Kaffeeränder auf meinem Schreibtisch, Straßenschuhe in meinem Zimmer und noch viel schlimmes mehr.

Nach zwei Wochen beschloss ich, das Seminar – obwohl es mich 4999 Euro gekostet hatte – vorzeitig abzubrechen, um mein Zimmer vor dem Vandalen zu retten. Doch bei meiner Ankunft in München der Schock: Der Untermieter war ein Liebesverhältnis mit meiner Mitbewohnerin Hanna eingegangen, weigerte sich auszuziehen und verbot mir, das Zimmer zu betreten. Bis heute habe ich es nicht mehr von innen gesehen! Hanna und der Untermieter sind heute verheiratet, haben drei Kinder und leben noch immer in der Wohnung und in meinem Zimmer. Jeden Monat überweist mir dieser Gauner nur 450 Euro Untermiete – und ich muss 350 davon an den Besitzer der Münchner Wohnung weiterüberweisen. Natürlich bin ich vor Gericht gezogen, nächste Woche fällt Karlsruhe in letzter Instanz ein endgültiges Urteil in der Sache "Hürtgen vs. Untermieter". Sie können sich vorstellen, liebe Leserinnen und Leser, dass meine Sympathie nach dieser Erfahrung auch in der Sache Berliner Mietendeckel klar bei den Vermietern liegt. Wenn ich mir vorstelle, dass mich nicht nur ein einziger Untermieter terrorisiert, sondern ein ganzer Wohnblock voller Flegel und Verbrecher, wird mir ganz anders. Vielleicht überdenken ja auch Sie noch einmal Ihre Position und schreiben Ihrem Vermieter eine nette Postkarte.

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TITANIC Buchkritik: Neues von Thea Dorn

Ein Brief-Roman im Jahr 2021? Dazu noch in der Jetzt-Zeit mit Corona und allem drum und dran? Wie geil ist das denn? In "Trost. Briefe an Max" erzählt Dorn die Geschichte der pandemiegeplagten Heilpraktikerin und Altphilologin Johanna, deren Welt-Abo sie im Innersten zusammenhält.

Thea Dorn ist damit ein Buch geglückt, das unsere Gewissheiten auf die Probe stellt: Leben retten schön und gut, was aber, wenn dafür plötzlich der New York Trip oder die Besuche in der Kältesauna ausfallen sollen? Wieviel ist welches Leben noch mal wert? Und wie klänge Tristan, hätte Wagner ihn im Homeoffice komponiert? Lesen Sie doch einfach nach.

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Die TITANIC-Moral-Kolumne

Seit mehr als 15 Jahren beantwortet Kultvermieter Dr. Dr. Cornelius W. M. Oettle Fragen zu Alltagsmoral und Mietwesen. Heute: "Darf ich meine Mieterinnen und Mieter auf die Straße setzen, weil ich alle vier Wohnungen in meinem Haus allein bewohnen will und Platz für meine Bücher brauche?", fragt Dr. Dr. Rainer Erlinger.

So komisch das klingen mag: Sie allein müssen das entscheiden. Jeder Mensch ist unterschiedlich. Toleranz hat ihre Grenzen. Wo viel Ohm, da kein Strom. Das Haus gehört Ihnen. Zunächst stellt sich die Frage: Was haben diese Leute überhaupt darin verloren? Ferner: Wieso leben diese Menschen nicht in ihrer eigenen Immobilie, sondern unter Ihrem Dach, für das Sie hart gearbeitet und mehr als eine Dekade lang Moral-Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung geschrieben haben? Wichtige Überlegungen wie "Darf man jemanden einfach googlen?" oder "Darf ich ein Foto von mir als Handy-Hintergrund haben?" haben Sie für Ihre Leser zu Ende gedacht, während besagte Mieterinnen und Mieter vermutlich ihrer Passion nachgegangen sind und im Netto gearbeitet haben oder so. Und jetzt besetzen sie einfach das Haus, das Sie sie all die Jahre freundlicherweise haben abbezahlen lassen. Es geht oft einfach darum, zu erspüren, was in einer Situation angebracht ist. Wenn Sie nach meinem Gespür fragen, ist das ein Fall für ein Sondereinsatzteam der Polizei. Allein mit Ihren Büchern in vier Wohnungen zu leben, steht Ihnen zu. Jedes Buch ist eine Reise. Sehen Sie der Realität ins Auge. Wir haben die Erde von unseren Kindern nur gemietet. Sagen Sie das diesen Linksterroristen.

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Häme – ja, bitte!

Eine Erwiderung auf Felix Dachsels Meedia-Gastbeitrag 

von Senior Editor Torsten Gaitzsch (TITANIC)

Am 25. November schrieb Vice-Chefredakteur Felix Dachsel in einer Gastkolumne auf Meedia, dass die "Verwüstungen" unter "jungen Plattformen" kein Anlass für Schadenfreude seien und dass im Gegenteil gerade etablierte Medien einiges von Zett & Co. lernen könnten. Dem möchte ich widersprechen.

Die Unangemessenheit von Dachsels Text zeigt sich bereits in der Falschannahme, die Corona-Pandemie sei für den Niedergang der Nachwuchsportale (mit)verantwortlich. Wenn aber eine Plattform, auf der regelmäßig Artikel erscheinen wie "Warum ich mir Nashibirnen in den Anus schiebe" oder "Das passiert, wenn man 24 Stunden am Stück Christian-Lindner-Interviews anschaut", eingestellt wird, dann liegt das womöglich eher an schwindendem Publikumsinteresse. Warum muss man da ein unschuldiges Virus mit reinziehen? Zugegeben, eine weltweite Seuche hat auch Nachteile, aber der Netz-Journalismus hat darunter kaum zu leiden. "Online gelesen wird immer", lautet eine alte Branchenweisheit, und es ist doch wahr: Das Geld, das der/die gemeine Konsument/in außerhalb von Lockdown-Phasen ins Kino, ins Restaurant oder von mir aus auch an den Kiosk trägt, investiert er*sie in der herrschenden Situation doch liebend gern in fetzige Auftritte im "WWW". Gerade jetzt wäre Bentos Chance gewesen, mit starken Stücken durchzustarten ("Wir haben uns ohne Maske auf einem Schlauchboot-Rave Heroin gespritzt, damit ihr es nicht müsst"). Gelesen hätte ich den Scheiß natürlich trotzdem nicht.

"Ich schreibe diesen Text nicht, um das Klischee vom jammernden Millennial zu erfüllen", jammert Felix Dachsel einleitend. "Ich schreibe diesen Text, weil ich mich über die Schadenfreude wundere, mit der einige Kollegen unsere Turbulenzen kommentieren." Dabei ist der Spott ganz einfach zu erklären: Es ist halt objektiv sehr lustig, wenn eine Seite wie Bento krachen geht. "Medium XY-Leser, willkommen bei TITANIC!" setzen wir nach jedem medialen Aus in den Header unserer Homepage. "Wärt ihr immer noch so hämisch, wenn ihr selbst betroffen wärt?" könnte man uns nun fragen. – Selbstverständlich! So etwas wie TITANIC dürfte es in einer gerechten Welt gar nicht geben. Wir sind dankbar für jeden Monat, den wir bei einer Zeitschrift, die offenbar alle hassen außer wir selbst, arbeiten dürfen, gleichzeitig können wir es gar nicht fassen. Erst letzte Woche habe ich mich wieder in Grund und Boden geschämt, als meine Steuerberaterin mir die jährliche Gewinnermittlung zuschickte. Helge Schneiders Zeile "Das ganze Geld mit Quatsch verdient" kam mir in den Sinn. Wenn TITANIC pleite ist, soll uns bitte auf keinen Fall der Staat retten! Und wir erwarten, dass die übrigen Zeitschriften und Zeitungen nach unserem Ableben mit Häme nur so um sich schmeißen. 

Die angekündigten "Fünf Dinge, die der deutsche Journalismus von jungen Medien lernen kann" lassen sich mit Leichtigkeit vom Tisch fegen. "Erstens: Seid still, hört zu!" ruft der Autor auf und führt als Beispiel für einen gelungenen Bento-Beitrag eine Serie von Protokollen an, die "ohne schönschreiberisches Beiwerk, ohne hinzugefügte Stimme der Redaktion" daherkamen. Der beste Bento-Artikel ist also einer, in dem die Redaktion die Klappe hält? Hmm … Den zweiten Punkt "Unterhaltung und Ernst gehören zusammen" überspringen wir mal, denn es geht um Buzzfeed und die FinCen-Files, und da muss man ja sofort einschlafen; den vierten Punkt schenken wir uns ebenso, und hol's der Teufel, den fünften auch, denn ich will in den Feierabend. Auf die dritte Forderung "Gebt jungen Menschen Macht!" möchte ich schließlich entgegnen: Ihr spinnt wohl! 

"Am Ende lösen wir das Rätsel, wie der Journalismus überleben kann, nur gemeinsam", schließt Dachsel seine Kolumne. Nein. Der Journalismus überlebt nicht. Und während er im Sterben liegt, sollten wir die finalen Schlachten mit Popcorn und voller Ätz-Power befeuern. Es hat nicht sollen sein. Wir hätten ja was Anständiges lernen können.  

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Inside TITANIC (38)

Intime Einblicke in das Innere der TITANIC-Redaktion und ihrer Mitglieder. Ella Carina Werner über die härteste aller Handwerkergilden: fabrikmäßige Komikproduktion.

Viele Menschen, darunter meine Eltern, hängen dem hübschen Glauben an, bei TITANIC herrsche den ganzen Tag Gaudi: Kollektive Lachflashs bis der Bürokaffee aus den Nasenlöchern sprudelt, sowie Eulenspiegeleien am laufenden Band, Stichwort Furzkissen. Eine "blutige" Plastikhand ragt urplötzlich aus dem Papierschredder, der Fußboden ist übersät mit Fake-Kackhaufen aus Kunststoff. Polonaise quer über die Schreibtische und saufen, saufen, saufen!

Die traurige Wahrheit ist: Die "Arbeit im Scherzbergwerk" (Waalkes? Welke?) ist brutal und kräftezehrend, härter als eine Schicht im Feuersteinbergwerk im oberägyptischen Nazlet Khater, welches seit 30 000 Jahren von Sklaven am Laufen gehalten wird. Der Druck ist immens. Isoliert sitzt ein jede(r) stumm da, haut in die Tasten, bis der Schädel qualmt und die Fingerkuppen bluten. Mit zitternder Hand wird der Text dem Chef vorgelegt. Der lehnt sich in seinem Hirschledersessel zurück, rückt die Bossbrille zurecht: "Hm hm, dann woll'n wir mal sehen …" Natürlich lacht er beim Lesen kein einziges Mal, hebt am Ende Augenbraue und Zeigefinger und erklärt, die Pointendichte in der zweiten Textspalte müsse flugs verdoppelt werden, mehr Fallhöhe in den letzten Absatz geschleust und im hinteren Drittel die Erwartungshaltung stärker durchbrochen sowie die "Inkongruenz zwischen Schein und Sein" schärfer herausgeschält. "Das Ganze in 30 Minuten noch mal vorlegen!" Was folgt: Herzrasen, Arbeitsschweiß, ein tränenverschleierter Blick auf die tickende Eieruhr, nochmaliges Einziehen doppelt- und fünffacher Böden und heimliche Griffe nach Witz-Nachschlagewerken wie "Gags für jede Gelegenheit" oder "Das große Haha-Buch", um am Ende das ewige Soll zu erfüllen. Minimum: Pro 100 Zeilen 1 Kalauer, 3 Wortspiele, 2 Zoten, 1-2 unerwartete Brechungen, 1 Treppen- oder Antiwitz sowie 7 (oder besser 8) feingeistige Bonmots.

Ab 18 Uhr wird aber doch gesoffen, anders kommt man nicht klar. Bis zum nächsten Morgen, bis es wieder anrollt, das Hamsterrad, die Fron echter, ehrlicher Arbeit.

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ja und nein, »Zoll Karriere«!

Recht hat Dein Werbeplakat in Zeiten geschlossener Grenzen sicherlich, wenn es eine junge Person abbildet und behauptet: »Wir sind die Generation Zoll«. Aber die Behauptung »Was uns ausmacht? Dass alle gleiche Chancen haben« wagen wir zu bezweifeln. Dass eben nicht alle bei der Grenzüberquerung gleich behandelt werden, ist ja im Grunde der Sinn der ganzen Kontrolliererei, oder nicht?

Stell Dir mal vor, die Generation Abfallentsorgung sagte: »Wir lassen den Müll, wo er ist«, die Generation E-Scooter definierte sich durch Zufußgehen oder die Generation »L’Amour toujours« fände nicht die Tiktok-Kanäle der Rechtsaußenparteien total brat!

Kontrolliert weiter alle Werbeplakate ganz genau:

Deine Generation Satire der Titanic

 Halt, Stromanbieter Ostrom!

Du kannst uns noch so oft auf Insta mit den vielen »reasons to join ostrom« kommen, unsere Treue gehört dem einzig wahren Rom: Westrom!

In diesem Sinne vale und semper fi von Deiner Imperialtraditionalistin Titanic

 Unzufrieden, »Deutschlandfunk Kultur«,

sind einer Deiner Instagram-Kacheln zufolge knapp 20 Prozent der Jugendlichen. Vor allem Zukunftsängste machen ihnen zu schaffen. Als serviceorientierter Wohlfühlsender hast Du aber direkt eine praktische Lösung parat, wie den jungen Leuten geholfen werden könnte. Und zwar, indem man ihnen in der Schule sogenannte Selbstregulationskompetenzen beibringe. Gut geeignet seien demnach zum Beispiel Yoga und Atemübungen.

Die aufkommende Panik einfach wegmeditieren? Zugegeben: Bei der Hilflosigkeit, die beim Gedanken an Verarmung, Klimakatastrophe und Faschismus aufkommt, keine abwegige Idee. Trotzdem schiene uns »Selbstregulation« ein irgendwie spaßigeres Konzept zu sein, wenn Du, Deutschlandfunk, es den Jugendlichen anhand der Konten von Milliardär/innen oder anhand leerstehender Luxuslofts beibrächtest!

Deine Revoluzzerkids von Titanic

 Na, lange nichts von Ihnen gehört, Seehofer, Sie alte Schabracke!

Na, lange nichts von Ihnen gehört, Seehofer, Sie alte Schabracke!

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung geben Sie Ihrer ehemaligen Chefin eine Mitschuld am Erfolg der AfD: »Ich finde, dass Angela Merkel sich keinen Zacken aus der Krone brechen würde, wenn sie mal erklärt: In der Migrationsfrage habe ich nicht jeden Tag richtig gelegen.« Nein, verkündeten Sie außerdem generös, Sie hätten »keine Triumphgefühle« ihr gegenüber, nur weil jetzt in der Flüchtlingspolitik »sehr viel von dem getan wird, was ich schon vor Jahren gefordert habe – und dafür von einigen sogar als Rechtsextremist beschimpft wurde«. Stattdessen spürten Sie nur »Genugtuung nach innen«. Natürlich: Stille, nach innen gerichtete Genugtuung posaunt man bekanntlich in die Süddeutsche … Aber wäre es nicht so oder so treffender gewesen, Sie hätten von einem »inneren Reichsparteitag« gesprochen?

Fragt Sie Ihre sprachpsychologische Praxis auf der Titanic

 Mal wieder typisch, Bundespolizei!

Du testest gerade den Einsatz von Tasern, hast Dir in einem vertraulichen Bericht aber eingestehen müssen, dass diese ihre Mannstoppwirkung oder gleich das ganze Ziel gerne mal verfehlen. Ein Grund für das Versagen der Taser ist wohl: eine »offene Softshell-Jacke«. Und das ist ja mal wieder typisch! Wer muss sich um Polizeigewalt in Taserform also keine Sorgen machen? Gutsituierte Krautwurst-Teutonen in ihren ewigen Softshell-Jacken! Komm, Bundespolizei, Rassismus kannst Du doch auch weniger auffällig, weiß aus anders gekleideter Quelle

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachmittagstraum

Im Traum war ich der schlaue Fuchs aus der Werbung der Schwäbisch-Hall-Versicherung. Ich traf hier und da mal ein Reh oder einen Uhu. Manchmal begegnete ich Schnecken, denen ich Reihenhäuser aufschwatzen wollte. Die Schnecken gaben mir den Tipp, bei Gleichgesinnten zu akquirieren, Stichwort Fuchsbau und so, sie selber hätten ja alle schon ein Haus am Arsch. Irgendwann, so genau weiß ich es nicht mehr, traf ich wohl einen Förster, Jäger oder Waldarbeiter, dessen Bruder bei einer Bausparkasse arbeitete und der mir erzählte, die würden ein Tier für die Werbung suchen. Ich hatte dann richtiges Glück, dass Schwäbisch Hall mich genommen hat, denn der andere Fuchs, der zum Casting vor mir da war und eigentlich aufgrund seiner Schlagfertigkeit viel geeigneter gewesen wäre, hatte Gott sei Dank die Tollwut und wurde direkt, in meinem Beisein übrigens, eingeschläfert. Ich wurde dann aber direkt wach.

Uwe Becker

 Sprachchanges

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Wir verwenden in der deutschen Sprache immer öfter Anglicisms.

Jürgen Miedl

 Ungenießbar

Zu Beginn der kalten Jahreszeit wird einem ja wieder überall Tee angeboten. Ich kann das Zeug einfach nicht trinken. Egal wie viel ich von dem brühheißen Wasser nachgieße, ich schaffe es einfach nicht, den Beutel im Ganzen herunterzuschlucken.

Leo Riegel

 Schattenseite des Longevity-Trends

Ob ich mit fast 60 noch mal Vater werden sollte? Puh, wenn das Kind 100 ist, bin ich schon 160!

Martin Weidauer

 Krass, krasser, Kasse

Wenn ich im Alltag mal wieder einen Kick suche, gehe ich kurz nach Feierabend oder samstags bei einem Discounter einkaufen. Finde ich dort eine richtig lange Kassenschlange vor, stelle ich mich nicht etwa an, sondern lege meine Einkäufe auf die nicht besetzte Kasse daneben. Hier beginnt der Nervenkitzel: Werde ich wie der letzte Idiot erfolglos auf die Öffnung der neuen Kasse warten oder wie ein allwissender Gott über den gewöhnlichen Einkäufern schweben? Mehr Spannung geht nicht. Anfängern rate ich allerdings, sich erst nach dem Schrillen, mit dem im Supermarkt Kollegen gerufen werden, an der leeren Kasse anzustellen. So kann man sich mit ein paar sicheren Erfolgen langsam an das freie Anstellen herantasten.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 28.10.:

    Das Schweizer Nachrichtenportal Watson preist den aktuellen Titel der Novemberausgabe im "Chat-Futter" an.

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

Titanic unterwegs
05.11.2024 Sylt, Feuerwache Tinnum Gerhard Henschel
05.11.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview«
07.11.2024 Hamburg, Centralkomitee TITANIC-Boygroup mit Gsella, Sonneborn und Schmitt