Vive le Rumpfbusch!
Une analyse de notre TITANIC-correspondant à Paris, Cornelius W. M. Oettlé
Die brillanten Analysen zur Präsidentschaftswahl in Frankreich sind bereits erschienen, die Bedeutung dieser Schicksalsabstimmung wurde lang und breit erörtert: Europa ist vorerst gerettet, aber wenn der, der gewonnen hat, so weitermacht, gewinnen nächstes Mal die, die verloren haben, weil sie alles noch schlimmer machen. Dialektik der Demokratie.
Ein wesentlicher Aspekt dieser Wahl blieb bei der Betrachtung jedoch leider außenvor, weshalb er an dieser Stelle von meiner Wenigkeit in Behandlung genommen werden soll, ja, wahrscheinlich muss. Denn: Der Sieg von Emmanuel Macron ist auch ein eindeutiges Votum für das Brusthaar. Oui, c’est vrai: Wer dieser Tage "Vive la France!" ruft, der ruft auch "Vive les poils du torse!" Es lebe das Brusthaar! Im Vorfeld der Wahl hatte sich Emmanuel Macron auf mannigfaltige Art und Weise selbstinszeniert: Einerseits staatsmännisch beim EU-Gipfel in Versailles, andererseits unrasiert mit schwarzem Hoody im Élysée-Palast. Und eben noch unrasierter mit aufgeknöpftem Hemd als fläzender Brusthaarbär auf einer ockerfarbenen Ledercouch.
Wer über solch einen gewaltigen Torsoteppich verfügt, wie ihn Macron da präsentierte, der beweist, dass er nicht nur sich selbst, sondern auch ein ganzes Land locker im Griff hat, bedarf diese Männermatte doch regelmäßiger und zielgenauer Pflege und muss alle naselang kräftig mit Bartöl eingewichst werden. Dieses Foto sollte den krittelnden Crétins ein für alle Mal zeigen, wer der Richtige für Frankreich ist. (Und wer die Falsche: Marine Le Pen, mon dieu, deren Ansichten sind ja aber auch wirklich so veraltet, damit kann nicht mal mehr Macrons Frau was anfangen.)
Frisch und modern hingegen: das Brusthaar. Von der Trendnation numéro un nun offiziell für en vogue erklärt. Fortan gilt es, sich den Oberkörper aus Respekt vor dem Fortbestehen der EU zumindest für die nächsten fünf Amtsjahre nicht mehr zu rasieren. Dabei war der Triumph des Brusthaars alles andere als ausgemacht: Der letzte, der in der Öffentlichkeit so viel Rumpfbusch zur Schau gestellt hatte, wurde wenig später wegen sexueller Belästigung aus dem Springerturm geworfen und machte hernach nurmehr mit gruseligen Selfies vor Spritpreistafeln von sich reden. Zwingend nötig war’s also, das Brusthaar zu rehabilitieren. Danke, Macron!
Böse Zungen behaupten derweil, die Franzosen hätten Macron nicht aus Inbrunst gewählt, hätten sich nicht im Brustton der Überzeugung für ihn ausgesprochen. Eher aus Neugier, ob einer, der dermaßen viele Büschel im Brustkorb umherträgt, im nächsten Wahlkampf womöglich noch eine Schippe drauflegen und uns einen Blick aufs Untenrum-Gestrüpp gewähren muss. Ich hingegen hoffe, dass die gespaltene französische Gesellschaft sich nun endlich wieder verträgt und so fest zusammenwächst wie das Brusthaar ihres Président.
◀ | Dax Werners Debattenrückspiegel KW17 | Aus Eugen Egners Püppchenstudio | ▶ |
Newstickereintrag versenden…