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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Kundschaft!

Heutzutage sind ja, einem gängigen Urteil zufolge, immer alle gleich beleidigt, und nun war auch die Monthy Python-Legende Terry Gilliam (in der „Zeit“) beleidigt, der, natürlich, Political Correctness wegen: „Als ich in den Sechzigerjahren mit Satire angefangen habe, wollten die Menschen Abenteuer erleben und Leute treffen, die ganz anders sind als sie. Heute sind die Leute sehr spießig und vorsichtig geworden. Eine Ich-Ich-Ich-Welt. Die Menschen werden immer dünnhäutiger. Das schränkt die Comedy ein. Wenn man einen Witz macht, kann es sein, dass jemand beleidigt ist, obwohl das gar nicht die Absicht war.“

Nun hat, dem ewigen Wort von Heribert Lenz zufolge, jeder Witz sein Opfer, und ob es etwas ändert, wenn es ein anderes Opfer ist als gemeint, sei dahingestellt. Als TITANIC einst die Maddie-Suchkampagnen parodierte, war plötzlich die Kundschaft des britischen Boulevards beleidigt, wie, um bei TITANIC zu bleiben, seit ca. Engholm nicht mehr die sog. Kulturlinke beleidigt ist, sondern ihr genaues Gegenteil. Dass wir in einer Ich-Ich-Ich-Welt leben: kein Zweifel. Dass die Leute immer dünnhäutiger werden: mag sein. (Sie waren aber 1979ff. schon dünnhäutig genug, um das Heft so oft zu verklagen wie kein zweites.) Dass hier wieder mal die Korrekten am sinistren Werk sind: nun ja. Bzw. haben die naturgemäß eher nichts zur legendären CD „Bild-Leser beschimpfen TITANIC“ beigetragen; wie die Ich-Ich-Ich-Welt ja nicht allein die nichtweiße Minderheitenwelt ist, sondern u.a. eine, in der eins nur als Kunde König ist, und dieser König ist, samt seiner Königin, halt gern beleidigt.

Das muss er auch, denn der zufriedene Kunde ist bloß Kunde, während die empörte Kundin eine ist, mit der man es nicht länger machen kann, die sich auf die Hinterbeine stellt und füglich selbst ermächtigt. Meine Zahnärztin, gegen die nicht viel mehr einzuwenden ist, als dass sie in ihrer Praxis Gute-Laune-Radio spielen lässt, hat im Internet teils sehr negative Bewertungen, die ca. so gehen, dass sie, die Ärztin, eine Zuzahlung mit 20 Euro veranschlagt habe, die Zuzahlung habe aber 50 Euro betragen, und deshalb 0 von fünf Punkten. Das ist die Demokratie. Beleidigt sind die Leute aber auch, weil sie, im übrigen mundtot gemacht, alle Experten und Kritikerinnen sind, die bei Amazon dafür sorgen, dass die Konsumdemokratie nicht am falschen Produkt scheitere.

„Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.“ Tucholsky, 1919 

„Aber wir leben in einer Zeit, in der das Wort an sich schon das Verbrechen ist – nicht das, was damit gemeint war“, klagt Gilliam. „Das führt dazu, dass Leute nicht richtig kommunizieren. Sie benutzen Euphemismen oder vermeiden es, bestimmte Dinge zu sagen. Ich finde das sehr traurig. Auseinandersetzungen sind wichtig, um einander zu verstehen.“ Gilliam meint die sachliche, habermashafte Auseinandersetzung, die aber doch auch auf der Rechten nicht eben zuhause ist. Der Witz hat es freilich sowieso eher mit dem Kurzschluss, und abermals könnte man finden, dass er etwas falsch macht, wenn niemand mehr nach dem Elektriker schreit. Höhere Komik hat ja auch, wie es aussieht, keine Schwierigkeiten, auf neue Umweltbedingungen wiederum mit Witz zu reagieren: Auf einer Pressekonferenz hat Gilliam, erzählt er, mitgeteilt, er sei es leid, „als weißer Mann für jedes Unrecht dieser Welt verantwortlich gemacht zu werden, und dass ich jetzt eine schwarze Lesbe auf dem Weg zu einer Geschlechtsumwandlung wäre und Loretta genannt werden möchte. Das war ein Witz“, und keine schwarze Lesbe hat ihn dafür erschossen.

Dass die Leut’ im Abenteuerkapitalismus aufs Abenteuer, das intellektuelle zumal, nicht mehr scharf sind, könnte sein (kurrente Bildungspolitik hilft hier bekanntlich nach), und bedenkenswert, dass, wie ja auch Kollege Mentz beklagt hat, die Ironiefähigkeit schwindet und die Neigung zunimmt, das Wort bei seinem Nennwert zu nehmen. Ob das nun direkt und ausschließlich mit der Indizierung des Wortes „Neger“ zu tun hat (und hier haben sich Euphemismen wie „Mensch“, „Kollege“, „Nachbar“ ja nicht mal vollends durchgesetzt) oder doch umfassender damit, dass die Welt als alternativlose, von der Bewusstseinsindustrie formatierte und von Fake-News-Arschlöchern (Trump, nicht Gilliam!) verhetzte so eine luftdicht immanente ist, wär’ aber doch vielleicht eine Überlegung wert.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg