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Meditation und Markt mit Dax Werner

Brigitte Büscher und die MS Deutschland

Liebe Leser*innen,

wer dieses Blog hier bereits länger verfolgt, wird's wohl schon wissen: Ja, ich bin talkshowsüchtig. Ich bekenne: Pro Woche arbeite ich locker fünf bis acht Talkshows weg, am Wochenende plane ich mit Stabilo-Textmarker, TV-Programmzeitschrift und einer schönen Retro-Folge Sabine Christiansen auf Youtube die kommende Talk-KW: Wie organisiere ich mein sonstiges Berufs- und Privatleben um die kommenden Aufreger-Ausgaben von Maischberger, Will und Lanz herum? Zeitmanagement am Limit. Weiß Gott nicht einfach, aber jemand (ich) muss den Job machen. Und ich mache mir Sorgen.

Früher sagte man einmal: Die Inuit kennen 100 Worte für Schnee und die Deutschen kennen eine Talkshow für jede Uhrzeit an jedem Tag der Woche. Beides stimmt nicht mehr. Wie in so vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen geht auch hier, im weiten Feld des gepflegten politischen Disputs vor Bewegtbildaufzeichnungs-Geräten, langsam der Kitt flöten, der den Laden noch bis gestern zusammenhielt. Lässt sich zum Beispiel auch daran ablesen, dass es nach der "Hart aber fair"-Auszeit von Frank Plasberg (Gute Besserung & liebe Grüße nach Köln!) eigentlich endlich einmal Zeit für Internet-Expertin Brigitte Büscher gewesen wäre, die Produktion stattdessen jedoch eine externe Nachwuchshoffnung aus dem ARD-Morgenmagazin eingekauft hat. Während wir "Hart aber fair"-Fans uns schon seit Jahren mit Demos vor dem WDR-Gebäude für eine Spin-off-Talkshow für Büscher starkmachen, treibt ihre Unsichtbarmachung selbst auf der objektiven Wissensplattform Wikipedia ungeahnte Blüten: Da, wo von findigen Autor*innen noch jeder 200-Zeichen-Blogpost von 2009 als eigenständige Veröffentlichung aufgeführt wird, finden sich aufgrund unklarer Quellenlage gleich zwei verschiedene Geburtsjahre für Büscher. Welch bittere Ironie.

Doch es gibt sie noch, die guten Nachrichten. In der neuen Internetsendung "Echte Meinungen aus Deutschland – Hier spricht das Volk" von "Bild" fährt Chefredakteur Julian Reichelt einen komplett naturalistischen Approach und haspelt sich 44 Minuten vor einem Publikum von 15 Menschen, die gleichzeitig seine Talkgäste sind, durchs neue Format. Alle 15 sitzen an auf einer Eichenbank, davor hat Reichelt (vielleicht eigenhändig?) ein Schiffssteuerrad drapiert. Die Sub-Message könnte klarer nicht sein: Hier sitzen die eigentlichen Kapitäne der MS Deutschland! Und jetzt nehmen wir uns mal ganz in Ruhe eine Dreiviertelstunde Zeit für Corona, Flüchtlinge und linken Terror!

Das minimalistische, fast karg gestaltete Intro mit aufeinandergestapelten Röhrenfernsehern thematisiert nicht nur noch einmal kunstvoll das inzwischen auch schon zehn Jahre zurückliegende Ende des Röhrenfernsehers, sondern weckt in seiner Visualität gleichzeitig Erinnerungen an die Anfänge des Privatfernsehens in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Es ist deutlich zu spüren: Hier meint es einer sehr ernst. Dass die Youtube-Version von "Hier spricht das Volk" nur 24 Stunden nach Upload schon sagenhafte 3739 Aufrufe verzeichnet, freut sicher nicht nur den neuen Springer-Investor KKR, sondern ist ein Hoffnungsschimmer für uns alle: Vielleicht ist das Genre Talkshow doch noch nicht an sein Ende gekommen.

Vielleicht gibt es doch noch eine Zukunft.

Euer Dax Werner

Kategorie: Meinung



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Briefe an die Leser

 Mmmmmh, Iglo-Freibad-Pommes!

Ihr seid ein neues Tiefkühlprodukt, das in diesem Sommer vom grassierenden Retro- und Nostalgietrend profitieren möchte. Daher seid Ihr derzeit auf den großen Plakatwänden im Stadtbild vertreten, und zwar garniert mit dem knusprigen Claim: »Das schmeckt nach hitzefrei«.

Aber schmeckt Ihr, wenn wir uns recht erinnern, nicht ebenfalls nach einem kräftigen Hauch von Chlor, nach einem tüchtigen Spritzer Sonnenmilch und vor allem: nach den Gehwegplatten aus Beton und der vertrockneten Liegewiese, auf welchen Ihr regelmäßig zu Matsch getreten werdet?

In jedem Fall bleibt es Euch weiterhin verboten, vom Beckenrand zu springen, schimpft Eure Bademeisterin  Titanic

 Huhu, »Tagespost«, Würzburg!

Du bist die einzige überregionale katholische Wochenzeitung in Deutschland und freust Dich in einem Kommentar, dass die Deutsche Bischofskonferenz die spektakuläre Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris verurteilt, weil auch sie in dem dort veranstalteten Bacchanal eine Abendmahlparodie gesehen haben will. Du hältst es jedoch für überflüssig, dass die Bischöfe dabei meinen, »zur Rechtfertigung ihrer Kritik auf die religiösen Gefühle anderer Religionen Bezug nehmen zu müssen. Warum nicht einfach die blasphemische Verhöhnung Christi und jenes Abends, in der das Sakrament der Eucharistie eingesetzt wurde, in aller Deutlichkeit und Direktheit verurteilen?« Exakt!

In welcher Form soll dies geschehen, was schlägst Du vor? »Gefragt wäre freilich keine künstliche Empörung, kein moralisches Aufplustern, sondern der authentische Ausdruck der Überzeugung, dass Gott seiner nicht spotten lässt, und die wohl schlimmste Sünde, die ein Mensch begehen kann, die Gotteslästerung ist.«

Waaas, Tagespost? Gotteslästerung schlimmer als Hostiendiebstahl, Kreditkartenbetrug und Völkermord? Und sogar schlimmer als Unzucht, Abtreibung und Selbstbefleckung?

Wenn Du das so siehst, dann kündigt wutschnaubend das Abo: Titanic

 Hoffentlich klappt’s, Künstlerin Marina Abramović (77)!

Sie wollen gern mindestens 103 Jahre alt werden. Alt zu sein sei in der Kultur des Balkans, im Gegensatz zu der Nordamerikas, etwas Großartiges. Sie seien »neugierig wie eine Fünfjährige« und wollen noch schwarze Löcher und Außerirdische sehen.

Wir wollen auch, dass Sie Außerirdische sehen bzw. dass die Außerirdischen Sie sehen, Abramović. Wenn Sie die Extraterrestrischen, die, wie wir aus diversen Blockbuster-Filmen wissen, nichts Gutes im Schilde führen, mit einer Ihrer verstörenden Performances voll Nacktheit, Grenzüberschreitung und Selbstgefährdung begrüßen, wenden sie sich vielleicht doch von uns ab.

Kommt stets in Frieden: Titanic

 Ach, Andrea Munkert,

da bezahlt Sie das Nürnberger Stadtmarketing dafür, vom innerstädtischen Elend abzulenken und eine verschnarchte Ecke namens Weinmarkt in himmlische Höhen zu loben – und was tun Sie? Sie schreiben: »Nürnberg – Während in den Einkaufsstraßen in der Innenstadt der Leerstand jault, pulsiert in einem neugestalteten Altstadt-Quartier das pralle Leben. Der Weinmarkt ist erwacht, erblüht – und so ganz anders als der Rest der Altstadt.«

Jaulender Leerstand – wer kennt’s nicht vom Besuch quasi jedweder Innenstadt? Wie ebenfalls üblich schläft der Rest der Altstadt, verwelkt, ja verdorrt gar krachend. Und wenn man genau hinhört, grunzt da nicht auch ein wenig die Aufenthaltsqualität? Aber wenn erst die Mieterhöhung singt und die Immobilienspekulation trommelt, dann ist die Stadt sicherlich wieder hellwach.

Heult still in sich hinein: Titanic

 Standhaft, brandenburgischer CDU-Landesvorsitzender Jan Redmann!

Sie wurden mit 1,3 Promille Atemalkohol auf einem E-Scooter erwischt und entsprechend zu einer Strafe verdonnert. Daraufhin gaben Sie zu Protokoll, zu »diesem Fehler zu stehen« und die »Konsequenzen, insbesondere die Strafe« zu tragen. Das ist ja geradezu heldenhaft. Wir waren davon ausgegangen, dass Sie den Inhalt des Polizeiberichts leugnen, den Staat um die Strafzahlung prellen und sich ins Ausland absetzen würden.

Hätte dann vielleicht sogar Sympathie für Sie entwickelt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Etwas Heißem auf der Spur

Jedes Mal, wenn ich mir im Hochsommer bei herabgelassenen Rollläden oder aufgespanntem Regenschirm vergegenwärtige, dass das Leben in unseren versiegelten Städten auf entsetzlich wechselhafte Weise öde und klimatisch vollkommen unerträglich geworden ist, frage ich mich unwillkürlich: TUI bono?

Mark-Stefan Tietze

 Schock total

Wenn im Freibad dieser eine sehr alte Rentner, der sich beim Schwimmen kaum fortzubewegen scheint, der bei seinen zeitlupenartigen Zügen lange untertaucht und von dem man dachte, dass er das Becken schon vor langer Zeit verlassen hat, plötzlich direkt vor einem auftaucht.

Leo Riegel

 SB-Kassen

Zu den Seligen, die an Selbstbedienungskassen den Laden kaltblütig übervorteilen, gehöre ich nicht. Im Gegenteil, obwohl ich penibel alle Artikel scanne und bezahle, passiere ich die Diebstahlsicherungsanlage am Ausgang immer in der angespannten Erwartung, dass sie Alarm schlagen könnte. Neulich im Discounter kam beim Griff zu einer Eierschachtel eine neue Ungewissheit hinzu: Muss ich die Schachtel vor dem Scannen wie eine professionelle Kassierkraft öffnen, um zu kucken, ob beim Eierkauf alles mit rechten Dingen zugeht?

Andreas Maria Lugauer

 Verdrehte Welt

Vermehrt las ich in letzter Zeit, bei Männern werde die Kombination aus langen Haaren und Dreitagebart als besonders attraktiv wahrgenommen. Da bin ich kurz davor wohl doch wieder falsch abgebogen. Dafür bin ich jetzt stolzer Träger eines langen Bartes und Dreitagehaars.

Dennis Boysen

 Bilden Sie mal einen Satz mit »AKW«

Der Bauer tat sich seinen Zeh
beim Pflügen auf dem AK W.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
10.09.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Miriam Wurster
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer