Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (86)
Ein Wind ging los, wie um die naturhaften Gerüche, die hier so engagiert verhandelt wurden, zu vertreiben, und mitgeweht kam jetzt der Kellner und verteilte Flüssigkeit. Kurtchen, nach einem pflichtbewußt-hastigen Prosit, leerte sein Bier, nicht ohne Ostentation, mit dem ersten Zug zur Hälfte, und wie fast immer, wenn wer das Prosit nicht nur andeutete, sondern aussprach, mußte er an eine Buchrezension denken, die einen Kurtchen als mittelmäßig aufgefallenen Krimiautor nicht zuletzt deshalb lobte, weil er seinen Serienkommissar vor dem Bier- oder Weinverzehr stets "Es möge nützen" sagen ließ, was der Rezensentin als Ausweis unerhörter Originalität galt; aber doch bloß Latein war. Schnell hieb Kurtchen sein Glas auf den Tisch, um den Kellner noch zu erwischen und gleich den nächsten Auftrag zu erteilen; allein, der war schon längst verschwunden, als wäre er nie dagewesen.
Petra sah Kurtchen aufmerksam an, als erwarte sie, wie zuvor schon Fred, von ihm endlich Aufklärung in Sachen Keramik, und mit einer Gequältheit, deren Theatralik er ironisch meinte, verbarg er ächzend das Gesicht in den Händen und preßte ein "Ach Gott" hindurch; nahm die Hände weg und grinste krumm. Hatte aber einen Einfall:
"Ein Flachspüler ist aber ganz ungünstig, wenn man Besuch hat", sagte er zu Petra hin. "Die olfaktorische Diskretion, die ein Tiefspüler bietet", er sprach jetzt im Ton eines Vertreters für Badgestaltung, "ist gerade im Bereich der Gästetoilette ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil."
"Ich hab gar keine Gästetoilette", sagte Petra schnippisch und strich sich eine Strähne hinters Ohr.
"Um so schlimmer", mischte Fred sich ein.
"Um so schlimmer", wiederholte Kurtchen und zwang sich, nicht vor lauter Intimität den Blick niederzuschlagen.
"Gar nicht", gab Petra zurück. "Tageslichtbad."
"Tageslichtbad!" rief Kurtchen, als sei das die Lösung für alles; schüttelte darauf aber gleich den Kopf, als kommentiere er den ahnungslosen Vortrag eines Prüflings. "Nichts gegen ein Tageslichtbad", er freute sich, daß er kommunikativ in Fahrt kam, "aber, wenn ich das als Profi sagen darf, gegen eine, sagen wir, halbstündige Sitzung mit dem Sportteil..."
"... oder dem Feuilleton", half Gernolf.
"... je nach Fenstergröße und Witterung", explizierte Fred, der ja seine Erfahrungen hatte, fachmännisch.
"Mußt du zwischendurch abziehen", wußte Heiner.
"Also kommt", Petra drückte das Kinn Richtung Hals, faltete die Stirn und benahm sich jetzt endlich abwehrend.
"Ihr wolltet es wissen", verteidigte Kurtchen sich, der sich nicht mit der Männerhorde gegen die Tischdame (gegen seine Tischdame) verbünden wollte. Das war das Problem mit den Frauen, die sich zum Pferdestehlen anboten, dachte er: Die Grenze ist da, aber sie verläuft nicht da, wo sie sonst verläuft. (wird fortgesetzt)
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