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Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (36)

(Was bisher geschah)

Nachdem Kurtchen noch einmal und trotz seiner Müdigkeit energisch ge­wunken hatte, sah Henner endlich auf, nickte einverständig, machte mit der Hand eine Geste, daß es sich nur noch um Minuten handeln könne (Kurtchen überlegte, wie lange es her war, daß er das debile "Kann sich nur noch um Stunden handeln" gehört hatte, hin und wieder bestand dann doch so etwas wie Hoffnung, jedenfalls nach acht Bieren), und zapfte dann konzentriert weiter.

Kurtchen wollte jetzt tatsächlich nach Hause, das schöne, runde, rotweinhaft melancholische Gefühl aus leiser, ironischer Verliebtheit und der altersweisen Distanz desjenigen, der den Charme unerfüllter Träume nicht unterschätzt, auszukosten und zu kon­servieren; er war jetzt in dem Alter, wo man ohne ein Lebens- oder wenigs­tens Existenzmodell nicht mehr hinkam, und es gab Momente, wie kurz sie im Einzelfall auch immer sein mochten, da hatte er den Eindruck, auf einem gangbaren Weg zu sein. Vielleicht nicht eben auf dem richtigen, daß es den überhaupt gebe, war ja genau der Zweifel, der dem Modell, das Kurtchen sich in zäher Grübel- und Trinkarbeit zusammengenietet hatte, als Untersatz diente. So lange er, Kurtchen, denken konnte, hatte er versucht, es rich­tig zu machen, und fast sein ganzes bisheriges Leben hatte er zu der Einsicht benötigt, daß der Versuch, es richtig zu machen, mit einem Ergebnis, das als richtiges Bestand haben konnte, nur ausnahmsweise zu tun hatte. Seine phi­losophische Lebensaufgabe müßte im Gegenteil sein, von richtig und falsch im Zusammenhang des eigenen Lebens nicht nur abzusehen, sondern eine tragfähige Ersatz-Dichotomie zu finden, die für konservative Analcharaktere wie ihn, die von zweistelliger Logik nicht lassen konnten, unabdingbar wäre, wäre das nervtötende, unproduktive, deprimierende Geschwisterpaar Richtig und Falsch erst einmal freigestellt.

Henner zapfte stur fürbaß, wahrscheinlich für sich selbst, es war ja fast nie­mand mehr da, und Petra verabschiedete sich "noch mal aufs Klo". Kurtchen hatte seine zerschlissene schwarze Geldbörse bereits auf den Tisch gelegt und überließ sich im Wissen, daß es für sein Problem heute keine Lösung mehr geben würde (sowenig wie morgen und übermorgen wahrscheinlich auch), einer plänkelnden, durch einen alkoholischen Dunst aus Unernst und Folgenlosigkeit vernebelten Suche nach den neuen Polen seines Lebens: wahr/unwahr (viel zu kompliziert, er war ja bloß Klempner, wenn auch ei­ner, der das Wort Dichotomie kannte); zufriedenstellend/enttäuschend (schon besser, weil eben nicht ins Philosophische ausgreifend: "Daß deine Mutter nicht kommt, finde ich sehr zufriedenstellend. Wie, sie kommt doch? Enttäuschend!"); halbleer/halbvoll (schon wieder Philosophie). Dann lieber gleich randvoll/stocknüchtern, denn so machten es die Profis, und die Vor­stellung, ein Profi zu sein, und gar einer in Existenzphilosophie, gefiel Kurt­chen nicht schlecht. (wird fortgesetzt)

Kategorie: Kurtchen Sahne



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg