Newsticker

Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Nikolausfrühstück: Feuer frei

Es ist entzückend, wenn auch ein bißchen gruselig, wie das alles immer funktioniert: Erst thematisiert in der liberalen Morgenzeitung ein Geschichtsprofessor das ach so schwierige, „gebrochene“ Verhältnis der Nation zu sich selbst, die „deutsche Besonderheit im Umgang mit der Nation“ als „deutsche Obsession“ zumal nach den „Gewalterfahrungen seit 1914 und 1939/41“, wie sich nach zwei Weltkriegen und den zugehörigen (deutschen) Gewalterfahrungen eine „anhaltende Verunsicherung“ im „kollektiven Bewußtsein“ etabliert habe und auch „nach 100 Jahren nicht verschwunden“ sei. Was mißlich ist, stellen doch neuerdings allerhand zeitgenössische Krisen „die deutsche Selbstdeutung als friedlicher europäisch integrierter, postnationaler Staat infrage“.

Nachdem diese bekannte Problematik der nationalen Verunsicherung und begeisterten, dabei schwer haltbaren Postnationalität also derart ausgeleuchtet worden ist, können am nächsten Tag in derselben liberalen Morgenzeitung andere Saiten aufgezogen werden: „Im Nahen Osten müssen der Kalif und seine Zehntausenden Militante mit sehr, sehr harten militärischen Instrumenten angegriffen werden“; die Luftangriffe, von deutschen Tornados vorbereitet, müssen „möglichst viele Berufsmilitante töten … Und da im Kalifat zwischen sechs und acht Millionen Menschen leben, werden nicht nur Kämpfer des Kalifen sterben, sondern mit Sicherheit auch Zivilisten. Ob das den Deutschen als Preis für ihre Sicherheit vor möglichem IS-Terror in Berlin, Hamburg oder München zu vermitteln ist?“ Dabei gibt sich der Kollege Avenarius von der SZ doch alle Mühe, auch wenn ihm die deutsche Sprache als Vermittlerin nicht eben zu Willen ist; und so müssen sich das Kalifat und die unter ihm leidenden Zivilisten auf sehr, sehr harte Instrumente (Betonklaviere?) einstellen, und da die Deutschen mit der Gewalt so ihre Erfahrungen gemacht haben, muß jedenfalls klar sein, daß sich hier eine Nation alle ihr zur Verfügung stehenden Gedanken macht, bevor sie eingreift, denn sie hat aus ihrer gebrochenen Geschichte nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg, sondern auch: Nie wieder Auschwitz. An die Lehrstunde erinnert man sich in Belgrad noch heute.

„Es soll kein Friedensschluß für einen solchen gelten, der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege gemacht worden.“ Kant, 1795

Was die Nation nicht gelernt hat, ist, daß sich der IS direkt einem der jüngeren Eingriffe in Nahost verdankt, dem Irakkrieg nämlich, und was aus Libyen nach dem letzten Eingreifen europäischer Sicherheitspolitiker geworden ist, ließe sich den Fernsehnachrichten entnehmen, wenn der andauernde Bürgerkrieg dort noch eines Berichts wert wäre. Klüger ist da der Zentralrat der Muslime in Deutschland, dessen Vorsitzender, mit lesbarem Staunen, das immer gleiche Rezept kritisiert, nach dem hier Suppe um Suppe versalzen wird: „Wir erleben zum Teil erneut, daß die Rezeptur ,War on Terror’ angewandt wird. Damals hat diese Rezeptur versagt, und heute wissen wir um so mehr, daß Krieg gegen Terror nur noch mehr Terror hervorbringt, das heißt, aus Al-Qaida wurde IS, und was kommt als nächstes?“

Als nächstes kommt der nächste Gegner, den der Avenarius von einem sehr, sehr weichen Bürostuhl aus mit sehr, sehr harten Instrumenten töten wollen wird, ohne damit – wenn die Erfahrung irgend etwas besagt – mehr zu erreichen, als den übernächsten Gegner auf den Plan zu rufen: Erst Gewalterfahrung, dann Zerknirschung, dann von vorn. Es ist entzückend, wenn auch ein bißchen gruselig, wie das alles immer funktioniert, auch wenn es natürlich nicht funktioniert. Feuer mit Benzin zu löschen, das ist so eine Sache.

Kategorie: Allgemein



Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg