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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Nix passiert

Aus dem Sommerurlaub heimkehrend, stellt, eine Stunde vor Ankunft, zuverlässig Nervosität sich ein, weil es so schwer ist, sich vorzustellen, es solle während dreier Wochen der Abwesenheit sich nichts ereignet haben; und wenn sich aber nicht nichts ereignet haben kann, was soll sich dann in einer leeren Wohnung ereignet haben außer, sagen wir, einem Wasserrohrbruch? Aber alles steht und und liegt so da, wie vor drei Wochen verlassen, und ich bin tatsächlich erleichtert.

Dass immer alles bleibe wie gewohnt, ist die zentrale Sehnsucht von Konservativen, von konservativer Bildungsbeobachtung etwa, und das ist halt immer der Vorteil des Konservatismus: dass er sich auf das berufen kann, was man kennt, denn das Neue kennt man nicht, und was man nicht kennt, frisst man meist weniger gern als das, was man kennt. (Deswegen wäre der allwaltende Tourismus, beriefe er sich auf ein „Fernweh“ der Leute, auch sehr im Unrecht; denn die Leute fressen da, wo man sie unter erheblichem, sozusagen mörderischem Aufwand hingeflogen hat, auch bloß das, was sie kennen.) Was nun die Bildung anlangt, hat sich eine ideelle Allianz von Linken und Konservativen da gebildet, wo diese, etwa Konrad Paul Liessmann, gegen Kompetenz und Bologna anschreiben, so aussichtslos wie beim Publikum erfolgreich, und sich darauf berufen, dass das Ziel von Bildung doch sein müsse, den Geist zu befreien, und dass Bildung ohne Sachwissen, zumal vorderhand „unnötiges“, keine sei. Das ist links, wie man so sagt, anschlussfähig, auch wenn Liessmann das humanistische Gymnasium vorschwebt, gegen das gar nicht viel zu sagen wäre, wäre seine Funktion nicht in erster Linie eine sozialexklusive: Eine Schule für alle, und alle lernen Altgriechisch – das scheint mir mit Bildung mehr zu tun haben als eine Kompetenzorientierung, die, las man, in Hamburg dazu führt, dass ich die abiturielle Biologieklausur praktisch ohne Vorwissen bestehen könnte, weil ich über genug Textkompetenz verfüge, die Lösung dem Aufgabentext zu entnehmen.

„Was anders wäre, ist namenlos“ Adorno, 1942

Was Schülerinnen und Schüler von Schule, zumal der ihren, halten, ist zuletzt zweimal untersucht worden: Einmal von einem Gesamtschullehrer aus NRW, der nichtrepräsentativ herausfand, dass z.B. die deutlich gestiegene Wochenstundenzahl (von durchschnittlich 25 auf 34) für Verdruss sorge, dann, durchaus prominenter und mit ganz anderem Ergebnis, von Hans-Werner („Unsinn“) Sinns ehemaligem Ifo-Institut: „Jugendliche benoten Schulen deutlich besser als Erwachsene – das ist eines der überraschenden Ergebnisse aus dem neuen Bildungsbarometer des Ifo-Instituts. Neben 4000 Erwachsenen waren für die größte deutsche Bildungsumfrage in diesem Jahr erstmals auch 1000 Schüler befragt worden. Die 14- bis 17-Jährigen sind mit ihren Schulen offensichtlich zufriedener, als es sich angesichts der allgegenwärtigen Debatte um fehlende Lehrer, Gebäude und Computer erwarten ließ: Jeder zweite gibt seiner aktuellen Schule die Note 1 oder 2, jeder dritte hat immer noch ein ,befriedigend’ für sie übrig. … Bei Noten und Prüfungen sind Jung und Alt beieinander. 62 Prozent der Schüler sind gegen die Abschaffung von Noten, 76 Prozent für das Sitzenbleiben (Erwachsene: 74 und 83 Prozent). Hoch im Kurs stehen auch bundesweit einheitliche Vergleichstests, in der Grundschule und danach. Ebenso das Zentralabitur: 83 Prozent sind dafür (Erwachsene: 90). Das leistungsorientierte Schulsystem ist offenbar noch viel stärker gewollt, als die Bildungspolitik es wahrhaben will“ (SZ, 14.9.).

Des Menschen Wille ist ja sein Himmelreich, und Kinder, pflegt mein Bruder zu sagen, sind ohnehin CDU. Sehen wir uns die Zahlen an, sind es gemittelt zwei Drittel, die sich für Noten, Leistung, Wettbewerb, Sitzenbleiben entscheiden. Das muss nicht heißen, dass Noten, Leistung, Wettbewerb, Sitzenbleiben „richtig“ sind (für Hitler haben sich bekanntlich noch viel mehr Menschen entschieden); das heißt, dass sich die bewährte Zweidrittelgesellschaft ab ovo über ihr Leistungsregime reproduziert und dass die glücklichen zwei Drittel wollen, dass das so bleibt.

Und wenn ich nach Hause komme und es hat sich nichts verändert, bin ich erleichtert, denn was soll sich in einer leeren Wohnung ereignet haben außer, sagen wir, einem Wasserrohrbruch?




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Briefe an die Leser

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg