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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Live And Let Die

Seit Corona, erzählt der nette Quartiersapotheker, nachdem er sich beschwert hat, uns so lange nicht gesehen zu haben, verkaufe er so gut wie keine Erkältungsmedikamente mehr, und also scheinen die Masken ja doch ganz nützlich zu sein, auch wenn mir unter den meinen meist die Brillengläser beschlagen, ich die Masken ständig verlegt habe und es ohne natürlich angenehmer ist als mit. Trotzdem würde ich an einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demo, schon weil ich Familie habe, nur mit Maske teilnehmen, dächte ich denn daran, auf so eine Demo zu gehen, und dächte ich nicht viel eher im Sinne eines Autoaufklebers, den ich mit dem lieben Kollegen Nagel, in Parodie eines dummen „Ökosteuer? Ich hup euch was!“-Autoaufklebers der dummen „Bild“-Zeitung, einst entwarf: Ich find’s eigentlich ganz gut.

Andere finden’s nicht so gut, und zwar nicht bloß Nazis, Impfgegnerinnen und andere Spinner, sondern auch eigentlich besonnene Linke, die es misstrauisch macht, wenn der Staat befiehlt und alle folgen; wie die berufsmäßig besorgten Eltern im Viertel ihre Masken natürlich auch vor der Schule tragen, worum sie niemand gebeten hat. Aber da sie ja eh alle dasselbe anhaben, halten sie’s wahrscheinlich nicht gut aus, wenn einer eine Maske trägt und sie jetzt nicht. Da könnten sie ja gleich die Sneaker ausziehen.

Und trotzdem: Der Staat greift durch, mit Demoverbot und Bußgeldern, und spätestens seit in der Zeitung stand, Jugendämter hätten hier und da auf die Isolierung von infizierten Kindern innerhalb der Familien bestanden (wurde, was dann gleichfalls in der Zeitung stand, aber weniger heiß gegessen), warnen auch eigentlich besonnene Linke vorm Ministerium für Liebe, vorm Polizei- und Kontrollstaat, weil er durchsetzt, was er für richtig hält bzw. was sog. Fachleute für richtig halten, die dabei sind, die Herrschaft der Technokraten zu errichten; wobei ich alter Analcharakter nichts dabei finde, in Angelegenheiten des Seuchenschutzes auf Leute zu hören, die sich mit Seuchenschutz auskennen. Ich bin überhaupt sehr dafür, dass es Menschen mit Expertise gibt, wie etwa meinen Schwiegeronkel B., altgedienter Landarzt, der besorgte telefonische Anfragen bzgl. Kinderkram so gut wie immer als Kinderkram abtut, Corona aber ernst nimmt und sagt: Kinder kriegen Covid selten, doch wenn, au weia. – Ich habe zwei, die sowenig sterben sollen wie Alte, Dienstleisterinnen oder Schlachthofmalocher, nur damit niemand Angst haben muss, er werde von Fachleuten regiert; wie es mir auch widersprüchlich vorkäme, um jene „Freiheit“ zu fürchten, die wir Linke mit dem Meter Kritische Theorie im Regal doch sonst für chimärisch halten. „Die Unterwerfung der Menschheit unter die Wirtschaft hat ihr nur die Freiheit zur Feindschaft gelassen“ (Kraus), und diese Freiheit des „auf Touren gebrachten Kleinbürgers“ (Adorno) wäre dann jetzt die Freiheit, mich in der Tram ans Beatmungsgerät zu husten.

„Sein Spruch war: leben und leben lassen.“ Schiller, 1798

Widersprüche andernorts anzuzeigen bedeutet allerdings nicht, die eigenen zu übersehen; mit Adorno wird man Positivismus sowenig verteidigen können wie Technoromantik mit Kraus. Die Versammlungsfreiheit einzuschränken ist, natürlich, die Beschneidung eines Grundrechts, aber auch Grundrechte, dafür reichen meine drei Semester Jura, lassen sich einschränken, wenn etwa andere Grundrechte konkurrieren, etwa das auf körperliche Unversehrtheit. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gewährt die Verfassung sowieso bloß unter der Auflage, dass die Versammlung „friedlich und ohne Waffen“ ist. Wer Corona hat oder sich, günstige Gelegenheit, auf einer Maske-weg-Demo einfängt, ist aber plötzlich Waffenträger, es sei denn, die Seuchenforschung hat so komplett unrecht wie die zum Weltklima, und in Sibirien hat es 40 Grad plus bloß wegen der Sonnenflecken.

Wer von der herrschaftsfreien Gesellschaft träumt, hat, wie ja auch an dieser Stelle schon geschehen, alles Recht und allen Grund, auf staatlichen Durchgriff mit Misstrauen oder Ablehnung zu reagieren, zumal im obrigkeitsverliebten Vaterland; Misstrauen empfiehlt sich aber ebenso gegenüber der Vorstellung, falsches Bewusstsein werde über Nacht zum richtigen, gar antifaschistischen, bloß weil’s gegen den Staat jener Bourgeoisie geht, deren Verwertungsinteresse Corona so gelegen kommt wie ein Loch in der Lunge.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg