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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Garantiert extrem gar nichts

Wäre ich mir nicht so sicher, daß ich viel zu unwichtig bin, ich müßte glauben, sie täten das, um mich zu ärgern: Der Schauspieler Edgar Selge, heißt es in der Morgenzeitung, „studierte Klavier und Schauspiel und war lange Jahre Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele. Spätestens seit Helmut Dietls ,Rossini’ haben Kino- und Fernsehzuschauer auch bei seinen Filmrollen ein extrem gutes Gefühl.“

Da glaubt man immer, man kenne alles, und dann muß man das zweimal lesen, weil man es nicht für möglich hält. An die gewöhnlichen Unfälle hat man sich ja fast gewöhnt: „,Wir haben da zwei Herzen in unserer Brust’, sagt einer aus der Branche. Das eine sagt: Verkaufe, was die Leute wollen, und nehme das Geld mit, solange es geht“ – auf deutsch: nimm das Geld mit –, und das unerträglich ubiquitäre, brutalstmöglich phrasenhafte „massiv“ mischt das Redaktionssystem vermutlich nach dem Zufallsprinzip in die Texte. Aber daß die Information, ein Schauspieler sei beim Publikum beliebt, neuerdings dazu führt, daß jener bei diesem ein „extrem gutes Gefühl“ hinterläßt, ist der endgültige Sieg der Reklame über den Geist, der Parole über den Gedanken, selbst dann, wenn es sich um eine Anspielung auf Selges Rolle in „Rossini“ handelt, wo er als Mann von der Sparkasse stets „ein gutes, ein sehr gutes Gefühl“ hatte.

„So viele Berichte. So viele Fragen.“ Brecht, 1936

Kann man meinetwegen machen; aber dann muß partout noch ein „extrem“ hineingemantscht werden, und der Satz wird so lachhaft wie jeder, der ein Extrem behauptet, wo keines ist. (Wenn man’s mit Absicht macht, ist es dann u.U. wirklich zum Lachen, wie bei diesem Spitzenwitz vom TITANIC-Titel 2/2004: „Treffen sich ein Russe, ein Engländer, vier Bayern, zwölf Franzosen, noch ein Russe, zwei Österreicher (Niederösterreich), ein Schweizer, extrem viele Holländer und fünf Bulgaren in der Straßenbahn. Sagt der Schaffner: ,Die Fahrausweise bitte, Ausländergeschmeiß!’“) Aber ein Gespür für Sprache, ihre Nuancen und Empfindlichkeiten wird ja auf unseren Journalistenschulen, wie es aussieht, nicht vermittelt, falls da nicht ohnehin bloß die Dummköpfe landen, denen für fünf Gedanken acht Vokabeln zur Verfügung stehen. Und dann kommt derlei dabei raus: „Es ist sogar die Aufgabe jeder Regierung, sich für Unternehmen einzusetzen, denn schließlich garantieren diese ein hohes Gut: Arbeitsplätze.“

Sagenhaft. Bzw. abgesehen davon, daß Unternehmen, wenn die Empirie irgendwas beweist, Arbeitsplätze nicht „garantieren“: ist es denn möglich, als Abiturient noch nie im Leben was von Brechts „Fragen eines lesenden Arbeiters“ gehört zu haben? Und kann man im Ernst glauben, daß die Erde wüst und leer war, bis die Unternehmen kamen und sich freundlichst dazu bereiterklärten, Arbeitsplätze zu garantieren? Kann das einer wirklich übersehen, daß immer zuerst die Arbeit da ist und dann die Aktie? Oder will das einer übersehen, damit nicht die Regierung auf die dumme Idee komme, sich statt für die Unternehmen für die Arbeiter einzusetzen? Die in den Analysen unserer Wirtschaftsredakteure halt nicht vorkommen, weil es schließlich die Herrschaft gibt und das Personal, und das Personal soll nicht Zeitung lesen, sondern die Stühle zusammenschrauben, auf denen sich die Hofnarren ihre Buchstaben plattsitzen?

„Nichts gelernt“, ist der Kommentar des SZ-Journalisten Mühlauer überschrieben, und das scheint zu stimmen; immerhin das. 




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
04.05.2024 Gütersloh, Die Weberei Thomas Gsella
04.05.2024 Jena, F-Haus Martin Sonneborn mit Sibylle Berg