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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Das Beste oder etwas

So sehr lehne ich die „sozialen“ Netzwerke (liest man immer öfter, die Tüddelchen) nicht ab, um mich nicht gelegentlich anregen zu lassen, und wenn ich beim „Likes“-Einsehen erfahre, die von mir gerügte „Leistungsgesellschaft“ habe immerhin für sich, dass der Alltag funktioniere, und ohne Leistung gehe es vielleicht einfach nicht, fahre keiner mehr den Müll weg oder repariere das Klo, dann habe ich nicht nur was zum Nachdenken, sondern auch gleich die nächste Kolumne.

Zunächst ist das Wort von der „Leistungsgesellschaft“ doppelte Propaganda: Einmal in der Weise, von der an dieser Stelle zuletzt die Rede war (und abermals sei hier die junge Fußballerin zitiert, die vor der WM für die Fernsehnachrichten den Rauswurf des Auswahlfußballers M. Götze kommentieren sollte: Wer nicht leiste, der fliege eben); zweitens aber auch dadurch, dass sie vorliegende Gesellschaft als eine meritokratische simuliert. Leistungsgesellschaft ist dann eine, deren Mitglieder ihr Fortkommen und ihren Status allein ihrer Leistung verdanken, und dass das Quatsch ist, muss hier vielleicht nicht abermals ausgeführt werden. „Leistungsgesellschaft“, das ist der  protestantische Prädestinationsgedanke: Der Herr gibt es den Seinen, und wem er es nicht gibt, der ist hübsch selber schuld; mit der feinen Extrapointe, dass die, die an einen anderen Herrn glauben (Allah o.ä.), sich sowieso nicht beschweren dürfen.

Dies beiseite, ist das aber keine dumme Frage, wie denn eine Gesellschaft aussähe, in der es aufs Leisten nicht gar so unbedingt ankäme, und eine übliche Antwort wäre: wie in der DDR; wobei man finden mag, es sei ja nicht nötig, von einem Extrem ins andere zu fallen, wenn es stimmt, dass starre Planwirtschaft plus Paranoia Initiative behindert haben. Als eine ohne Initiative braucht aber auch die freie Gesellschaft nicht gedacht werden zu müssen, wenn die freie Gesellschaft eine ist, in der die freie Initiative des einzelnen zur freien Initiative aller führt, oder bloß zu deren Möglichkeit, was völlig ausreicht. (Vor meinem Fenster malern Maler im Sonnenschein eine Altbaufassade frisch; müssten sie es nicht, täten sie’s vielleicht nicht; dass sie statt dessen gar nichts mehr täten, ist aber unwahrscheinlich. Dem Bedingungslosen Grundeinkommen darf man ja skeptisch gegenüberstehen, aber hat man die Leute gefragt, was denn wäre, hätten sie Geld zum Leben, einfach so – und man hat sie oft gefragt –, haben sie kaum einmal geantwortet, sie würden sich aufs Sofa legen.)

„Leistung muss sich wieder lohnen.“ CDU, 1982

Das ist natürlich völlig utopisch, und die Leistungsgesellschaft, in welcher Druck und Konkurrenz dafür sorgen, dass allen (oder immerhin vielen) möglichst alles (oder immerhin manches) jederzeit in bester Qualität zur Verfügung steht, hat ihrerseits freilich gar keine Konkurrenz, weder theoretisch noch praktisch. Kaum klemmt etwa bei meinem alten CD-Spieler die Schublade, bringe ich ihn die inhabergeführte Werkstatt für Musikwiedergabe, und es dauert vier Wochen, bis ich ihn wieder abholen kann (Kosten: 30 Euro): ca. so dürfte im Realsozialismus Dienstleistung funktioniert haben. Die Leistungsgesellschaft hingegen sorgt dafür, dass z.B. die Firma Philips Fernseher im Angebot hat, die scheint’s viel zu billig sind, als dass sie vernünftig funktionieren könnten, die aber im Saturn-Elektromarkt, fragt man nach einem einfachen, aber funktionablen Gerät, ohne weiteres empfohlen werden. Jetzt besitze ich seit zwei Jahren einen Smart-Fernseher, mit dem sich anfallsfrei eigentlich nur DVDs gucken lassen, und für diesen Fernseher haben irgendwo Menschen, die man vorher nicht und nachher nicht gefragt hat, ihre Arbeitskraft verkauft, um von den Rohstoffen und den Bedingungen, unter denen sie zutage kommen, nicht zu reden.

Und das alles, damit andererseits fettfrei fritierende Friteusen, Dinge, die „SpeedMax Pro“ heißen und sonstige „Genussmomente“ (philips.de) im Portfolio sein können. Is’ natürlich, Daumen hoch, auch eine Leistung.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg