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Dax Werners Debattenrückspiegel KW36

Liebe Leser:innen,   

ich erinnere mich noch gut an mein erstes Mal im Signal Iduna Park: Ein toller Fußballplatz mit schöner Stimmung inmitten des vom Strukturwandel geprägten Ruhrgebiets. Kurz vor dem Anpfiff gegen das Punktspiel gegen Hoffenheim sangen die Fans plötzlich einen englischsprachigen Song, der mir bekannt vorkam: "You'll Never Walk Alone" von Gerry & The Pacemakers. Ein emotionaler Hit, den nun auch Kanzler Olaf Scholz zum Mantra seiner politischen Arbeit gemacht hat. Was verspricht sich der Hanseat davon? Eine kleine Analyse.

Gestern zwitscherte er es wieder. Minuten nach der wohl hitzigsten Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition in der bisherigen Ampel-Ära tippte er wieder den Songtitel (mutmaßlich einfingrig) in sein Kanzlerfon: "Die Entlastungspakete dienen dazu, dass wir alle gemeinsam gut durch diese Zeit kommen. So werden wir die Herausforderungen bestehen. Denn das ist das Motto dieser Regierung: You’ll never walk alone. #Zeitenwende". Während ich damals im Stadion nicht wagte, mit einzustimmen – teils, weil es sich aus meiner Sicht nicht gehört, als einmaliger Stadionbesucher Fankultur zu larpen, teils, weil ich nicht textsicher genug war – bewies der Kanzler keine Hemmungen, die Fussballhymne aus Liverpool in den bundespolitischen Kontext zu übertragen. Fair play: Das unterscheidet einen Macher wie Scholz von einem Zauderer, Zögerer, Zerdenker und Zyniker wie mich. Deswegen sitzt er im Kanzleramt und ich im RE7.

Doch was soll "You’ll Never Walk Alone" im Kontext Scholz eigentlich konkret bedeuten? Aufschluss gibt vielleicht sein vorheriger Tweet: "In schweren Zeiten wächst unser Land über sich selbst hinaus. Wir haben eine gute Tradition, uns unterzuhaken, wenn es schwierig wird." Hier wird die direkte Nachkriegszeit angespielt, das Narrativ der Trümmerfrauen. Starke Bilder mit Guido Knopp-Vibes, etwas großspurig für meinen Geschmack, doch die Metapher funktioniert beim Kanzler ohnehin auf mehreren Ebenen. Denn vielleicht galt sie ihm schon als Leitsatz, als das Hamburger Finanzamt sich erdreistete, die Cum-Ex-Beute der Warburg Bank in Höhe von 47 Mio. Euro zurückzufordern und die ganze Nummer anschließend "irgendwie" von "irgendwem" auf Wiedervorlage Anno Tabak gelegt wurde.

Was das Mantra so stark macht ist, dass der Interpretationsspielraum unendlich ist: Gemeint sein könnte nämlich auch Sexminister Robert Habeck, der nach Patzer bei Maischberger diese Woche von allen Seiten unter Beschuss gerät. Botschaft: Kopf hoch, Robert, wir stehen das zusammen durch! Eine pädagogische Farbe mischt sich unter die Buchstaben, wenn wir sie im Kontext der neu aufgelegten Montagsdemonstrationen lesen lernen: Obacht, liebe Linken, niemanden wird interessieren, dass ihr im Herbst friert, wenn zeitgleich auch Rechtsextreme demonstrieren, Schachmatt!

Meine Theorie, dass sich der Song von Gerry & the Pacemakers derart in die Kanzler-Kommunikation schlich, dass Lars Klingbeil ihn an einem gemütlichen Nachmittag im Willy-Brandt-Haus auf der Stratocaster jammte, scheint indes widerlegt: Schon 2007 veröffentlichte Scholz einen Aufsatz mit dem Titel "You'll never walk alone. Das sozialdemokratische Projekt in der globalisierten Welt" in einem Sammelband von Matthias Platzeck. Kultig! Offenbar ist der Songtitel ein Lebensthema unseres Kanzlers und eben nicht, wie Ulrich Reitz im Spaßmagazin Focus formulierte, "kulturelle Aneignung" aus der Fußballkultur.

Keep on rocking in the free world, Olaf: Dein Dax Werner




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Adieu, Hvaldimir!

Adieu, Hvaldimir!

Als Belugawal hast Du Dich jahrelang vor der norwegischen Küste herumgetrieben und Dich mit Kameraausrüstung am Leib angeblich als russischer Spion betätigt, was Dir viel mediale Aufmerksamkeit und Deinen Decknamen, Hvaldimir, beschert hat. Jetzt bist Du leider tot in der Risavika-Bucht gefunden worden, und da fragen wir uns, Hvaldimir: Hast Du nicht rechtzeitig die Flossen hochbekommen, oder warst Du einfach nicht geübt in der Kunst des Untertauchens?

Mit einem Gläschen Blubberwasser gedenkt Deiner heute: Titanic

 Katsching, Todd Boehly!

Sie haben sich von Ihrem sauer Errafften den englischen Fußballverein FC Chelsea angelacht, der Titel holen soll, allerdings unter Ihrer Leitung lediglich einen einstelligen Tabellenplatz im nationalen Wettbewerb vorzuweisen hat. Zur Generalüberholung der in der Mittelmäßigkeit versackten Blauhemden sind auf Ihr Geheiß für über eine Milliarde Euro insgesamt 39 Fußballer verpflichtet worden, womit der aktuelle Kader mindestens 44 Spieler umfasst (darunter zehn Torhüter, von denen laut derzeit gültigem Regelwerk leider trotzdem nur einer das Tor hüten darf).

Zu dem über Ihrer Truppe ausgekübelten Spott tragen wir allerdings nicht bei, aus unserem Mund also keine Mutmaßungen über beengte Verhältnisse unter der Dusche oder die vollen Körbe am Trikotwaschtag. Denn selbstverständlich wird ein ausgebufftes Finanzgenie wie Sie, Boehly, seine Gründe haben, viermal elf Freunde mit Verträgen, die zum Teil bis ins nächste Jahrzehnt laufen, auszustatten. Denn wissen wir nicht alle, dass in diesen unsicheren Zeiten das Geld auf der Bank am besten aufgehoben ist?

Guckt eh lieber von der Tribüne aus zu: Titanic

 Und Du, »Braunschweiger Zeitung«,

hast uns mit Deiner Überschrift »Diese beiden tödlichen Keime bekämpfen Forscher aus Braunschweig« einen kleinen Schrecken eingejagt. Viel lieber wäre uns in eh schon schweren Zeiten die Headline »Forscher aus Braunschweig bekämpfen diese beiden tödlichen Keime« gewesen.

Bitte auf uns arme Seelen achten, wünscht sich

Deine Titanic

 Ex-VIVA-Moderator Mola Adebisi!

Im »Dschungelcamp« gaben Sie Ihre Meinung zum Thema Geschlechterrollen zum Besten: »Ich möchte nicht das tun, was eine Frau tut, das kann ich auch nicht. Und eine Frau soll auch nicht das tun, was ein Mann tut. Das geht auch nicht.« Männer sollten beispielsweise nicht als Hebammen arbeiten, denn eine Frau würde ein Kind anders lieben als ein Mann.

Und das wird von einer Hebamme ja schließlich gefordert, dass sie Kinder nicht einfach fachgerecht zur Welt bringt, sondern sie auch liebt.

Aber wenn Ihnen so viel daran liegt, die Tätigkeitsbereiche von Männern und Frauen zu trennen, warum haben Sie sich dann ein Metier gesucht, in dem sie gleichermaßen vertreten sind, Adebisi? Nämlich hauptberuflich im Dschungelcamp rumzusitzen?

Fragt sich, auch wenn sie das nicht tun soll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

 Alle meine Aversionen

Was ich überhaupt nicht schätze:
»Mädchen, ich erklär dir ...«-Sätze.

Was ich nicht so super finde:
Bluten ohne Monatsbinde.

Was ich gar nicht leiden kann:
Sex mit einem Staatstyrann.

Den Rest, auch Alkoholkonzerne,
mag ich eigentlich ganz gerne.

Ella Carina Werner

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella