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Dax Werners Debattenrückspiegel KW10

Liebe Freund_innen,  

Wie wäre die Bundestagswahl 2017 wohl ausgegangen, wenn wir von Martin Schulz’ Rastplatz-Imbissen nicht erst Monate später in Markus Feldenkirchens "Schulz Story" gelesen, sondern noch am selben Tag in einem Hochkant-Video erfahren hätten? Man mag es gar nicht zu Ende denken. Tragisch: Die Technologie war schon damals verfügbar, aber man konnte sich diese Spielart der Kommunikation noch nicht so recht vorstellen. Seit letzter Woche ist das anders: Tobias Hans, der Mann mit den zwei Vornamen, hat mit einem selbstgedrehten Wutvideo direkt vor einer saarländischen Tankstelle nicht nur ein neues Genre der politischen Kommunikation etabliert, sondern auch die Karten für die Saarland-Wahl Ende des Monats neu gemischt. Das schnelle Handyvideo mit der Frontkamera gehört ab heute in den Werkzeugkasten eines jeden lokalpolitischen Talents. Deswegen heute exklusiv: 5 Regeln für dein Tankstellenvideo!

  1. Lass dein Handyvideo auf keinen Fall von deinem Wahlkampf-Team abnehmen. Fair play, sie sind gut, in dem, was sie können: Excel-Tabellen, Wählerwanderungen, Swing-Kreise, Interviewplatzierungen. Aber was den vielen fleißigen Median-Verdiener_innen an den Zapfsäulen und in den Tchibo-Erlebniswelten deines Wahlkreises wirklich auf dem Herzen liegt, das weißt nur du. Das hier ist dein Wohnzimmer, vertrau’ auf dein Bauchgefühl. Das hat dich schließlich auch hier hergebracht.
  2. Lerne stattdessen von den Besten. Das Volk mit einer Videoproduktion rund ums Thema Sprit & Verkehr abzuholen ist keine Erfindung der letzten Woche, Armin Laschet hat mit einer Wahlwerbespot-Kampagne 2017, in der er allerlei Missstände in NRW aufdeckte, eine bis dahin aussichtslose Landtagswahl für sich entschieden. Damals schon essentiell: Die authentische Wut, die Macher-Attitude, der Anti-Establishment-Gestus. Bring deine Message an den Mann: Berlin ist weit weg, hier spricht einer von euch und wir packen das jetzt an.
  3. Regiolekt is key. Verschrecke dein Publikum nicht mit der Standardvarietät, die sie mit den kalten, sterilen Studios von Maischberger, Illner oder Lanz verbinden, sondern pack’ sie mit Lokalkolorit. Wir lieben doch auch nichts mehr, als wenn unsere Heimatstadt zufällig auf Netflix erwähnt wird. Wenn du ein paar Brocken Dialekt drauf hast, setze es ein, aber übertreibe es nicht. Tobias Hans hat es prima vorgemacht: sein "Morgen!"-Intro im Tankstellenvideo klang nach hinten raus sehr ä-lastig, statt "nicht" verwendete er mehrmals das viel niedlichere "ned". Auch Laschets Kompagnon Wolfgang Bosbach, eigentlich als Hardliner eingekauft, spielte in der 2017er-Kampagne vielfach mit der rheinischen Aussprachevariante des stimmhaften uvularen Frikativ. Wenn du mit der Benrather Linie keine S-Bahn in Düsseldorf verbindest ist das hier deine Spielwiese!
  4. What’s your message? Dein Hochkantvideo verfängt nicht, wenn du nicht auch etwas Konkretes loswerden willst. Tobias Hans wollte etwas zu den hohen Spritpreisen sagen. Deswegen wählte er ein gut ausgeleuchtetes Motiv mit hoher LED Anzeigetafel und mühelos lesbaren Ziffern. Kurz gesagt gilt: Du siehst 2,40€? Dann erzähle auch 2,40€! Gleichzeitig wichtig: Setze bei deinem Zapfsäulenvideo auf gelernte Tankstellenketten mit Charakter (Aral, Esso, Shell) und vermeide Billigketten wie Star oder Jet. Flankiere deine Kampagne anschließend mit einfach verständlichen Sharepics ("Spritpreisbremse jetzt!").
  5. Ein Negativ-Beispiel, von dem auch du lernen kannst: Der frühere Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Er veröffentlichte unter der Woche eine Art Tobias Hans-Remix, filmte sich wie der Saarland-MP selbst vor der Tankstelle, redete dann aber minutenlang wirr und zusammenhangslos über Angela Merkel, um nach der Veröffentlichung noch mit einem pixeligen Merkel-Meme nachzulegen, wo man am liebsten gar nicht genau wissen will, aus welcher Telegram-Gruppe er das nun wieder her hatte. Jemand aus seinem Umfeld sollte ihm mal erklären, dass Angela Merkel nun schon gute drei Monate nicht mehr Kanzlerin ist.

Jetzt wisst ihr alles, was ich über Tankstellenvideos weiß. Ich kann euch nichts mehr beibringen.

Good night and good luck,

Euer Dax Werner




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Briefe an die Leser

 Really, Winona Ryder?

Really, Winona Ryder?

In einem Interview mit der Los Angeles Times monierten Sie, dass einige Ihrer jungen Schauspielerkolleg/innen sich zu wenig für Filme interessierten. Das Erste, was sie wissen wollten, sei, wie lange der Film dauere.

Wer hätte gedacht, Ryder, dass Sie als Kind aus der Glanzzeit des Fernsehkonsums einmal die Nase rümpfen würden, weil junge Menschen möglichst wenig vor der Glotze sitzen und sich stattdessen lieber bewegen wollen? Davon abgesehen: Sind Sie sicher, dass sich die Abneigung gegen Cineastisches und das Verlangen, bereits beim Vorspann die Flucht zu ergreifen, nicht nur auf Werke beziehen, in denen Sie mitspielen?

Fragt sich Ihre Filmconnaisseuse Titanic

 Gut gehobelt, Noemi Molitor (»Taz«)!

»Unser Handwerk im Journalismus ist die Sprache. Bei genau diesem Werkzeug lohnt es sich also, genau hinzuschauen und auch ethische Fragen an orthografische Regeln zu stellen.«

Die Sprache: Handwerk und Werkzeug in einem. Wird auch nicht besser mit dem Fachkräftemangel, wie?

Schaut genau hin: Titanic

 Bitte schön, Annika Stechemesser!

Sie sind Klimaforscherin in Potsdam, wurden in der Frankfurter Rundschau am Tag nach den brisanten Landtagswahlen zum Thema »effektiver Klimaschutz« interviewt, und da wir heute auf keinen Fall Witze mit Namen machen wollen, lassen wir das einfach mal so stechen, äh, stehen!

Ganz lieb grüßt Ihre Titanic

 Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Mitten im Streit um das wohl von Ihnen manipulierte Wahlergebnis bei der Präsidentschaftswahl haben Sie wieder einmal tief in die politische Trickkiste gegriffen: »Es ist September, und es riecht schon nach Weihnachten«, frohlockten Sie in einer Fernsehansprache. »Als Dank an das kämpferische Volk werde ich daher Weihnachten per Dekret auf den 1. Oktober vorziehen.«

Wir haben sogar eine noch bessere Idee, Maduro: Könnten Sie nicht per Dekret Weihnachten von Anfang Oktober bis Ende Dezember stattfinden lassen? Im Gegensatz zum Kanzler in seinem kapitalistischen Schweinesystem können Sie doch sicher bestimmen, dass die planwirtschaftliche Lebkuchen-Vanillekipferl-Produktion schon im Juni anläuft. So können Sie sich nicht nur ein paar Tage, sondern ganze drei Monate Ruhe zum Fest schenken!

Rät Titanic

 Priwjet, Roderich Kiesewetter!

Priwjet, Roderich Kiesewetter!

»Die AfD ist nicht besser oder schlechter als das BSW. Beide sind Kinder derselben russischen Mutter«, sagten Sie der FAS.

Da haben wir aber einige Nachfragen: Wer sind denn die Väter? Hitler und Stalin? Oder doch in beiden Fällen Putin? Und wenn BSW und AfD dieselbe Mutter haben: Weshalb ist der Altersunterschied zwischen den beiden so groß? War die Schwangerschaft mit dem BSW etwa eine Risikoschwangerschaft? Und warum sollte es keine Qualitätsunterschiede zwischen den Parteien geben, nur weil sie die gleiche Mutter haben? Vielleicht hat Russland ja sogar ein Lieblingskind? Können Sie da bitte noch mal recherchieren und dann auf uns zurückkommen?

Fragt die Mutter der Satire Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

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 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

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Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
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    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
15.10.2024 Tuttlingen, Stadthalle Hauck & Bauer und Thomas Gsella
16.10.2024 München, Volkstheater Moritz Hürtgen mit Max Kersting und Maria Muhar
16.10.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
16.10.2024 Frankfurt, Buchmesse TITANIC auf der Frankfurter Buchmesse