Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Dax Werners Debattenrückspiegel Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Dax Werners Debattenrückspiegel: KW 2

Liebe Leser:innen,

es ist vermutlich keine Übertreibung: Die zurückliegende KW 2 gehörte zu den aufregendsten und gleichzeitig mental forderndsten Wochen dieses neuen Jahres. Erst sickerte am Donnerstag durch, dass die da oben wegen der ganz und gar nicht so geilen Infektionszahlen den nächsten Hyper-Mega-Ultra-Lockdown vorbereiten: Fern- und Nahverkehr sollen runtergefahren, Wirtschaft und Unternehmen zu mehr Home-Office genudget werden. Die Lockdown-Stellschrauben werden mal wieder ein paar Millimeter fester gezogen – ein mutiger Schritt, den ich selbstverständlich begrüße. Denn obwohl es natürlich stimmt, dass viele dreiste Angestellte die generösen Home-Office-Modelle zu oft für die Heimbeschulung und Betreuung des Nachwuchses ausnutzten: Bei vielen Arbeitnehmer:innen ist in den letzten neun Monaten der noch viel größere Schlendrian beim Thema Pendeln eingekehrt. Potenziell wertvolle Arbeitszeit im ICE wurde nur noch wenig bis selten für Vor- und Nachbereitung am IBM Thinkpad genutzt. Neue Arbeitsmodelle gemeinsam zu erproben lebt natürlich vom gegenseitigen Vertrauensvorschuss und den – man muss es leider so sagen – hat die Roundabout-2,5k-Brutto-Fraktion im vergangenen halben Jahr fürs Erste verspielt. So kann das absehbar erst mal nichts werden mit der schwarzen Null.

Entsprechend groß waren die Hoffnungen auf einen neuen CDU-Leader aus Brilon im Sauerland: Mit Friedrich Merz ist dieser halbgare Mitte-Merkel-Sozial-Larifari nicht zu machen, so der konservative Tenor entlang des deutschen Bible Belts von Baden-Württemberg bis Sachsen-Anhalt. Und ebenso groß war dann auch die Enttäuschung, dass die 1001 Delegierten, unter schwerstem Hackerbeschuss aus "Osteuropa und Afrika", Armin Laschet zu ihrem neuen Oberhaupt wählten. Denn, auch das gehört zur Wahrheit dazu, für viele Konservative ist Armin Laschet so etwas wie der Kevin Kühnert der CDU: Ein Radikaler, einer, der immer wieder mit dem Sozialismus liebäugelt, ein so gemütlicher wie gemeingefährlicher Träumer aus dem unberechenbaren Extremistenhort mit den drei verhängnsivollen Großbuchstaben: NRW, all caps. In der inoffiziellen Vereinspublikation der Werteunion (die Welt) hieß es entsprechend noch vor ein paar Tagen: "Merz ist der Kandidat der Mitte."

Die Bilder vom durchdigitalisierten Parteitag hatten aber noch eine andere Message im Gepäck: Die Zukunft macht sich mit Riesenschritten auf in die Gegenwart. Für manchen Landesverband vielleicht sogar mit etwas zu großen Schritten. Während der, durch zusammenchoreografierte Livestreams der singenden Delegierten, merkwürdig synthetisch wirkenden Nationalhymne, erzählten die Gesichter der neuen Führungsspitze der Christdemokraten eine ganz eigene Geschichte, irgendwo zwischen "Gottseidank den Sauerland-Trump verhindert" und nackter Angst davor, wie das Merz-Lager den Sieg des angeblichen Partei-Establishments medial wohl verwerten würde. Einen Vorgeschmack gab es gestern schon, als Robin Alexander gleichermaßen erschrocken wie erregt in den Raum stellte, ob sich Jens Spahns Webcam-Fauxpaus (wir berichteten im Live-Ticker) wohl noch zur neuen "Dolchstoßlegende" in der Union auswächst. Lieber Robin, nur ein Wort dazu: Be careful what you wish for.

Klar ist aber auch: Diamanten entstehen unter Druck. Das gilt nicht nur für Berufspolitiker, sondern auch für uns normale Menschen. Und Druck ist aktuell genügend da: Was als dringend notwendiger Patch für das Katastrophenjahr 2020 erwartet wurde (nämlich: das Jahr 2021), entpuppt sich schon in den ersten sechzehn Tagen verbuggter als das Hype-Computerspiel Cyberpunk 2077. Doch Krisensituationen sind selbstredend immer auch Chancen zur Veränderung. So ein katastrophales Jahr lässt sich natürlich nicht einfach nach 14 Tagen wieder im Playstation Store umtauschen, sondern ist jetzt einfach irgendwie erst mal da.

So wie Waldemar Hartmann in Leipzig. Hartmann liefert im bereits fortgeschrittenen Alter zur Überraschung vieler eine leuchtende case study für lebenslanges Lernen und eine tolle Geschichte über den Mut zur Veränderung, auch in schwierigen Zeiten. So unterstützte er den sächsischen Kult-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer bei seinem Wahlkampf 2019 (wusste ich zum Beispiel gar nicht!) und ist danach einfach nie wieder nach Bayern zurückgekehrt: "Seit dieser Zeit wohne ich mit meiner Frau in Leipzig. Wir haben die ostdeutsche Seele seitdem kennengelernt. Und vor allem verstehen wir sie von Tag zu Tag mehr. Diese ostdeutsche politische Sehnsucht hatte einen Namen: Friedrich Merz", hieß es gestern in seinem luziden 400-Zeichen-Gastbeitrag über den CDU-Parteitag im Cicero-Magazin. Chancen sehen und verwandeln, so in etwa könnte die hoffnungsvolle Botschaft ausgehen, die von dieser hübschen Anekdote ausgeht. Oder, noch knalliger:

Mehr Waldemar Hartmann wagen.

Bis nächste Woche,

Euer: Dax Werner




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Deine Fans, Taylor Swift,

Deine Fans, Taylor Swift,

sind bekannt dafür, Dir restlos ergeben zu sein. Sie machen alle, die auch nur die leiseste Kritik an Dir äußern, erbarmungslos nieder und nennen sich bedingt originell »Swifties«. So weit ist das alles gelernt und bekannt. Was uns aber besorgt, ist, dass sie nun auch noch geschafft haben, dass eine der deutschen Stationen Deiner Eras-Tour (Gelsenkirchen) ähnlich einfallslos in »Swiftkirchen« umbenannt wird. Mit Unterstützung der dortigen Bürgermeisterin und allem Drum und Dran. Da fragen wir uns schon: Wie soll das weitergehen? Wird bald alles, was Du berührst, nach Dir benannt? Heißen nach Deiner Abreise die Swiffer-Staubtücher »Swiffties«, 50-Euro-Scheine »Sfifties«, Fische »Sfischties«, Schwimmhallen »Swimmties«, Restaurants »Swubway« bzw. »SwiftDonald’s«, die Wildecker Herzbuben »Swildecker Herzbuben«, Albärt »Swiftbärt« und die Modekette Tom Tailor »Swift Tailor«?

Wenn das so ist, dann traut sich auf keinen Fall, etwas dagegen zu sagen:

Deine swanatische Tayltanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Ach, welt.de!

Die Firma Samyang stellt offenbar recht pikante Instant-Ramen her. So pikant, dass Dänemark diese jetzt wegen Gesundheitsbedenken vom Markt genommen hat. Und was machst Du? Statt wie gewohnt gegen Verbotskultur und Ernährungsdiktatur zu hetzen, denunzierst Du Samyang beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, wo Du fast schon hämisch nachfragst, ob das Produkt vielleicht auch hierzulande verboten werden könne.

Das Amt sekundiert dann auch sogleich bei der Chilifeindlichkeit und zählt als angebliche »Vergiftungssymptome« auf: »brennendes Gefühl im (oberen) Magen-Darm-Trakt, Sodbrennen, Reflux bis hin zu Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauch- und Brustraum. Bei hohen Aufnahmemengen können zudem Kreislaufbeschwerden auftreten – beispielsweise Kaltschweißigkeit, Blutdruckveränderungen und Schwindel«. Hallo? Neun von zehn dieser »Nebenwirkungen« sind doch der erwünschte Effekt einer ordentlich scharfen Suppe! Erbrechen müssen wir höchstens bei so viel Hetze!

Feurig grüßt Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster