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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Sag mir, wo du stehst

Dem Ruf, ein Kulturkonservativer zu sein, will man sich ja nicht ohne Not aussetzen, und also geht ein Dankeschön an die FAZ und ihre Wirtschaftsredaktion, die das Megathema Digitale Bildung dem Hausgeist entsprechend so aufbereitet hat, daß ich in Ruhe dagegen sein kann: „In etwa zehn Jahren, prognostiziert Monika Heusinger, werden die Schüler ganz selbstverständlich mit Datenbrillen auf der Nase in der ,Virtual Reality’ (VR) lernen. Die Französisch- und Spanischlehrerin tippt auf ihr Smartphone und ruft ein Vokabel-Lernprogramm auf, mit dem man durch die Wüste spazieren kann. An verschiedenen Stellen stehen Schilder mit spanischen Wörtern, zum Beispiel ,Cactus’ neben einem Kaktus … So setzen zum Beispiel der Elektronikkonzern Samsung und der Schulbuchverlag Cornelsen ebenfalls auf das schulische Lernen in der virtuellen Wirklichkeit. Sie haben eine Anwendung für den Biologieunterricht entwickelt, die gerade an einigen Schulen erprobt wird. Mit Tablet, Smartphone und VR-Brille können Schüler auf Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper gehen und biochemische Prozesse ,hautnah’ miterleben … Städte in Spanien haben sie kennengelernt, indem sie wie in dem Handyspiel Pokémon Go zu Orten, die sie interessierten, ,Pokestops’ mit Foto und Text gestalteten. ,Hätte ich ihnen lediglich erzählt, hier gibt es eine Kathedrale und dort einen Park, wäre das für sie wenig spannend gewesen’, sagt Heusinger“, und darum geht es heutzutage ja in der Hauptsache: daß die Dinge unter der Aufsicht von Elektronikkonzernen spannend sind und bleiben.

„Stundenlang, in völliger Einsamkeit, Buch für Buch zu lesen paßt nicht mehr in unsere Zeit, die vom Wettbewerb dominiert ist und in der es um schnellen Austausch und das richtige Netzwerken geht.“ Spiegel Online, 2013

Zwar hatte (und hat) der Kollege Fischer völlig recht, wenn er wider die alten Herren in ihren verrauchten Bildungsbürgerredaktionen stänkerte: „Jugendliche vom Computer fernzuhalten ist Gegenaufklärung, Analphabetismus, ein Verbrechen“, hatte aber andernorts genauso recht, die zeitgenössische Mode von Science Slams, Wissenschaft als Show mithin, in den Kontext von „Bewerbungsseminaren“ zu stellen: „Wer die Abstraktion, die jeder wissenschaftlichen Wahrheit inhärent ist, erfolgreich auf den idiotischen Alltag des Publikums herunterbricht, der damit zugleich als alternativlos geadelt wird, gewinnt. Wissenschaft, die das Leben auf den Kopf stellt, … findet dort nicht statt; die bestehende Weltordnung wird nicht in Frage gestellt, sondern auf ihre brachliegenden Effizienz- und Nachhaltigkeitskapazitäten abgeklopft. Alles soll reibungs- und widerstandslos exekutiert werden“.

Daß ihre Schüler per Tablet „mehr und nachhaltiger lernen“, davon ist, fast wortgleich, die Gewährsfrau der FAZ überzeugt, und auch (oder hauptsächlich) die Wirtschaft, der wir ja schon die Bildungsbooster Bologna und G8 zu verdanken haben, quengelt bzw. „mahnt zur Eile. Für die Unternehmen sei die Digitalisierung der ,wichtigste Megatrend’, sagt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer“, dessen Sprache wiederum verrät, was hier Bildung heißt. „Bisher sei das deutsche Bildungssystem aber nicht für die Herausforderungen der Zukunft“, den Weltmarkt und den ganzen Scheiß, „gerüstet. Deshalb müsse der Umgang mit den digitalen Medien in der Schule Pflicht werden … Das Lernen mit den neuen Medien sei für ihre Schüler sehr motivierend, betont die Saarbrücker Lehrerin Heusinger. Sie bewegten sich in einer vertrauten und als spannend empfundenen Welt“, die vom idiotischen Alltag gottlob nicht mehr unterschieden zu werden braucht, und werden, das wäre jetzt mein polemischer Anschluß, abgeholt, wo sie gerade stehen, gewissermaßen das genaue Gegenteil von Bildung; aber guck, ich kann’s mir sparen: „Außerdem würden sie dort abgeholt, wo sie gerade stünden; es müßten nicht alle zu jeder Zeit das Gleiche lernen“, denn Langeweile ist Distanz, und die kann keiner wollen. Individualität pur, und auch ein Didaktiker ist begeistert: „Lehrer würden sich dann weniger als Wissensvermittler, sondern eher als Lerncoach verstehen. ,Die Schüler recherchieren im Internet und werden vom Lehrer im Lernprozeß unterstützt.’ Letztlich müsse sich jeder Mensch sein Wissen selbst aufbauen“, im Internet mit Lerncoach; und der Souverän, seinerseits in Umfragen abgeholt, glaubt zu „fast 70 Prozent …, daß durch das Internet Faktenwissen jederzeit abrufbar sein wird, wodurch mehr Freiraum für Kreativität und praktisches Erfahren entsteht“.

„Frisch-fröhliche Verbreitung von Bildung unter den herrschenden Bedingungen ist unmittelbar eins mit ihrer Vernichtung.“ Adorno, 1966

Kreativität und Praxis – das wären, wie mich die Münchner FAZ-Konkurrenz dankenswerterweise informiert, denn auch Kernbegriffe des US-amerikanischen Pragmatismus, dem auch ein Bildungsbürger wie Trump sein Weltbild zu verdanken hat, und auf die Welt, an deren Einrichtung er bald mitstricken darf, weil seine posse ihr Faktenwissen jederzeit im Internet hat abrufen können, will ich mich gern freuen. Auch wenn sie mich im dümmsten Fall irgendwann abholen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg