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Aus Eugen Egners Püppchenstudio


Abbilder

Als ich an jenem Abend mein Badezimmer betrat, machte ich eine verblüffende Entdeckung. Im Licht der Deckenlampe warfen einige über der Armlehne eines Korbsessels hängende Handtücher und Kleidungsstücke am Fußboden einen Schatten, der die perfekte Form einer menschlichen Silhouette hatte. Mir war unbegreiflich, wie auf diese Weise ein so wohlgeformtes Profil entstehen konnte. Es wirkte für mein Empfinden sowohl geschlechts- als auch alterslos und entzog sich einer genaueren ethnischen Zuordnung. Nach längerem bewegungslosen Anstarren der wundersamen Erscheinung glaubte ich, eher weibliche denn männliche Gesichtszüge zu erkennen. Etwas irgendwie „Archaisches“ und möglicherweise „Kriegerisches“ schienen sie zu besitzen, das mich ebenso an alte Kulturen des Mittelmeerraums – oder des Vorderen Orients? – denken ließ wie an amerikanische Ureinwohner. Typisch nordeuropäische und afrikanische Merkmale meinte ich nicht zu erkennen.
Obwohl mir klar war, daß es keinerlei Beweiskraft haben würde, verspürte ich den Wunsch, diese sehr ungewöhnliche Angelegenheit irgendwie zu dokumentieren – wenigstens für mich selbst. Nur wie? Einfach einen Papierbogen auf den Schatten zu legen und dessen Umrisse mit einem Bleistift nachzuziehen, war leider ungeeignet, weil der perfekte Eindruck des Profils nur unter einem bestimmten Blickwinkel entstand. Ein Photo aus eben dieser Perspektive wäre das Mittel der Wahl gewesen, doch ich besaß keine Kamera. Den Schatten aus besagtem Blickwinkel wirklich präzise abzuzeichnen, traute ich mir keinesfalls zu. So stand ich weiterhin wie festgebannt da und wußte nicht, was ich tun sollte.
Plötzlich erhob sich der Schatten, der nun von einem ganzen Körper geworfen zu werden schien, glitt über die Wand zum Waschbecken und verschwand in dem darüber hängenden Spiegel. Handtücher und Kleidungsstücke hingen über der Sessellehne, als wäre nichts geschehen, und verursachten jetzt eine amorphe dunkle Fläche auf dem Fußboden. Sobald ich mich wieder rühren konnte, ging ich wie betäubt zum Waschbecken und schaute, nicht ohne Furcht, den Spiegel an. Die gesamte Glasscheibe war von einem feinen Netz aus Rissen durchzogen. Unfähig, mir das soeben Erlebte zu erklären, ging ich ins Wohnzimmer, füllte ein großes Glas mit Cognac und leerte es zügiger als üblich. Irgendwann schlief ich auf dem Sofa ein.
Am nächsten Morgen fand ich den Spiegel über dem Waschbecken äußerlich intakt vor. Sämtliche Risse im Glas waren verschwunden. Unwillkürlich, ohne über eventuelle Konsequenzen nachzudenken, warf ich einen Blick hinein. Was ich sah, war großenteils mein gewohntes seitenverkehrtes Abbild, doch die rechte Gesichtshälfte bestand aus einer anatomisch gut passenden Parklandschaft.

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Neues aus Eugen Egners Püppchenstudio


Noch immer stand auf dem Tisch das mutmaßlich jäh erschienene Paket, das so entscheidend zur Korrektur beigetragen hatte. Niemand nahm Anstoß an den Maßen des Pakets, auch ich nicht. Mit hoher Geschwindigkeit versuchte ich mich an der theoretischen Ermittlung des möglichen Inhalts. Zweifellos war es zu klein, um eine leibliche Tochter zu enthalten, bot jedoch allemal genug Raum für meinen verlorenen Bericht mit dem Abgabedatum 30. Mai. Eine in der Nähe sitzende Frau konnte in das ungeöffneter Paket hineinsehen. Von den übrigen Anwesenden bedrängt, machte sie folgende Angaben über den Inhalt: „Zahlreiche Briefe an mich sowie ein extra verpacktes Konvolut Bilder. Die Briefumschläge sind mit einem vor Jahrzehnten gebräuchlichen Adressdruckverfahren beschriftet. In dem ungeöffneten Paket ist es zu dunkel, um die Adressen lesen zu können.“


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Aus Eugen Egners Püppchenstudio


„Sehen Sie mir bitte die folgende Abschweifung nach, die ich dem Gerede über die Tochter des Schlangenjägers widme“, sagte ich. „In den Abfahrtstationen des Landes hörte man immer wieder davon.“
„Wir nicht“, widersprach die Frau.
Der Mann bestätigte: „Vor allem alte Männer scheinen sich für dieses Thema zu interessieren.“
Den Kopf kurz wendend, wollte ich die angekündigte Abschweifung am liebsten unterlassen. Ich dachte nach. Vielleicht litt ich – mehr als alle, die ich nie kennenlernen sollte – unter dem Verlust meiner Unterlagen für einen Bericht, der am 30. Mai fällig gewesen wäre. Es war durchaus denkbar, daß ich deshalb die Frau und den Mann besuchte. Möglicherweise waren irgendwo vielversprechende Andeutungen gemacht worden, die mich bewogen hatten, es zu tun. Deshalb sprach ich energisch: „Einen Moment, so geht das nicht. Ich muß mich und alles zuletzt Behauptete korrigieren.“
Dazu brauchte ich die Korrekturwerkzeuge aus meinem Mantel. Um sie zu holen, entschuldigte ich mich und stand auf. Mitten in dieser Bewegung hielt ich aber inne, denn auf dem Tisch vor mir stand jäh ein Paket. Die Insekten verschwanden alle in der Lampe über dem Wohnzimmertisch, und schon war alles korrigiert.


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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

Gegebenen Anlasses wegen 


Wieder einmal besuchte ich jemanden.  
„Bitte ersparen Sie uns die umständliche Geschichte, wie Sie uns gefunden haben“, sagte B. bei meiner Ankunft. Ich aß große Mengen imaginären Besucherkuchens und vermied Ähnlichkeiten mit früheren Besuchern. Mitten in einer Bewegung hielt ich inne, weil auf dem Tisch ein Paket stand, das mir bislang nicht aufgefallen war. „Ist das für mich?“ fragte ich.  
„Nein, das haben Sie mir mitgebracht“, antwortete A.  
Erleichtert setzte ich meine Bewegung bis zum Ende fort. Der Wille zur Ermittlung des Paketinhalts sprang währenddessen auf B über. Mit dem Gestus einer dreibeinigen Seherin des Alten Testaments öffnete er das Paket. Es enthielt zahlreiche Briefe an mich und ein Konvolut Unterlagen, die alle vor dem 30. Mai vernichtet worden waren. Sämtliche Briefumschläge sahen gleich aus: Größe, Farbe und Adressbeschriftung waren identisch. Wenn man das zuendedachte, stimmte zuletzt gar nichts mehr.  


 

 

 

 

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Aus Eugen Egners Püppchenstudio


Inzwischen tat eine andere Angestellte Dienst an der Rezeption. Als sie mir den Schlüssel gab, sagte sie: „Es wäre uns eine große Freude, wenn Sie uns die Ehre gäben, an unserer heutigen Feier zum Tag der wunschlosen Enge teilzunehmen.“ Ich war überrascht und vermutete, es handle sich um einen Irrtum. Doch ließ sich zweifelsfrei belegen, daß tatsächlich ich gemeint war. Der Geschäftsführer kam und ergriff meine Hand. Indem er sie drückte, dankte er mir dafür, daß ich in seinem Hotel logierte, „obwohl der Eingang zu unserem Haus beileibe nicht immer an derselben Stelle zu finden ist. Viele sind schon stundenlang mit aufgeklapptem Zollstock auf dem Boden herumgekrochen und haben ihn gesucht.“


Weshalb man in Marbach meine nachgelassenen Manuskripte nicht haben will (2):  

 

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Wenn, Sepp Müller (CDU),

Bundeskanzler Olaf Scholz, wie Sie ihm vorwerfen, in einem »Paralleluniversum« lebt – wer hat dann seinen Platz in den Bundestagsdebatten, den Haushaltsstreitgesprächen der Ampelkoalition, beim ZDF-Sommerinterview usw. eingenommen?

Fragt die Fringe-Division der Titanic

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

 Kleiner Tipp, liebe Eltern!

Wenn Eure Kinder mal wieder nicht draußen spielen wollen, zeigt ihnen doch einfach diese Schlagzeile von Spektrum der Wissenschaft: »Immer mehr Lachgas in der Atmosphäre«. Die wird sie sicher aus dem Haus locken.

Gern geschehen!

Eure Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster