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Aus Eugen Egners Püppchenstudio


Ein sehr großer Mann von bürgerlich distinguiertem Aussehen steigt zu und setzt sich auf einen der wenigen freien Plätze im hinteren Teil der Straßenbahn. Kurz vor der übernächsten Haltestelle beginnt er plötzlich zu stöhnen, steht auf und legt sich der Länge nach in den Gang zwischen den Sitzreihen. Den befremdeten Mitpassagieren erklärt er: "Gleich gibt es eine Karambolage." Im nächsten Moment kracht es, und ein Ruck geht durch die Bahn, die nach einer Vollbremsung unsanft zum Stehen kommt. Es hat tatsächlich einen Zusammenstoß mit einem Lieferwagen gegeben. Schwerelosigkeit ist die Folge, alle möglichen Gegenstände, auch Tiere und Menschen, schweben durch die Luft. Der Fahrer legt an seiner Konsole einen Hebel um, wodurch die Schwerelosigkeit augenblicklich aufgehoben wird. Der prophetische Mann steht auf und klopft sich den Staub von der Kleidung. "Steigen Sie gefälligst aus", verlangt eine resolute ältere Dame von ihm, "Sie bringen Unglück!" Bevor der Beschuldigte vorbringen kann, wie sich alles verhält und woher er im voraus von dem Zusammenstoß wußte, stellt er fest, daß er bei diesem in zwei Teile zerbrochen ist. Nun muß er sowieso aussteigen und sich irgendwo wieder zusammenkleben lassen. Er hat Glück, die nächste Klebestelle ist ganz in der Nähe. 

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Aus Eugen Egners Püppchenstudio


Abbilder

Als ich an jenem Abend mein Badezimmer betrat, machte ich eine verblüffende Entdeckung. Im Licht der Deckenlampe warfen einige über der Armlehne eines Korbsessels hängende Handtücher und Kleidungsstücke am Fußboden einen Schatten, der die perfekte Form einer menschlichen Silhouette hatte. Mir war unbegreiflich, wie auf diese Weise ein so wohlgeformtes Profil entstehen konnte. Es wirkte für mein Empfinden sowohl geschlechts- als auch alterslos und entzog sich einer genaueren ethnischen Zuordnung. Nach längerem bewegungslosen Anstarren der wundersamen Erscheinung glaubte ich, eher weibliche denn männliche Gesichtszüge zu erkennen. Etwas irgendwie „Archaisches“ und möglicherweise „Kriegerisches“ schienen sie zu besitzen, das mich ebenso an alte Kulturen des Mittelmeerraums – oder des Vorderen Orients? – denken ließ wie an amerikanische Ureinwohner. Typisch nordeuropäische und afrikanische Merkmale meinte ich nicht zu erkennen.
Obwohl mir klar war, daß es keinerlei Beweiskraft haben würde, verspürte ich den Wunsch, diese sehr ungewöhnliche Angelegenheit irgendwie zu dokumentieren – wenigstens für mich selbst. Nur wie? Einfach einen Papierbogen auf den Schatten zu legen und dessen Umrisse mit einem Bleistift nachzuziehen, war leider ungeeignet, weil der perfekte Eindruck des Profils nur unter einem bestimmten Blickwinkel entstand. Ein Photo aus eben dieser Perspektive wäre das Mittel der Wahl gewesen, doch ich besaß keine Kamera. Den Schatten aus besagtem Blickwinkel wirklich präzise abzuzeichnen, traute ich mir keinesfalls zu. So stand ich weiterhin wie festgebannt da und wußte nicht, was ich tun sollte.
Plötzlich erhob sich der Schatten, der nun von einem ganzen Körper geworfen zu werden schien, glitt über die Wand zum Waschbecken und verschwand in dem darüber hängenden Spiegel. Handtücher und Kleidungsstücke hingen über der Sessellehne, als wäre nichts geschehen, und verursachten jetzt eine amorphe dunkle Fläche auf dem Fußboden. Sobald ich mich wieder rühren konnte, ging ich wie betäubt zum Waschbecken und schaute, nicht ohne Furcht, den Spiegel an. Die gesamte Glasscheibe war von einem feinen Netz aus Rissen durchzogen. Unfähig, mir das soeben Erlebte zu erklären, ging ich ins Wohnzimmer, füllte ein großes Glas mit Cognac und leerte es zügiger als üblich. Irgendwann schlief ich auf dem Sofa ein.
Am nächsten Morgen fand ich den Spiegel über dem Waschbecken äußerlich intakt vor. Sämtliche Risse im Glas waren verschwunden. Unwillkürlich, ohne über eventuelle Konsequenzen nachzudenken, warf ich einen Blick hinein. Was ich sah, war großenteils mein gewohntes seitenverkehrtes Abbild, doch die rechte Gesichtshälfte bestand aus einer anatomisch gut passenden Parklandschaft.

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Neues aus Eugen Egners Püppchenstudio


Noch immer stand auf dem Tisch das mutmaßlich jäh erschienene Paket, das so entscheidend zur Korrektur beigetragen hatte. Niemand nahm Anstoß an den Maßen des Pakets, auch ich nicht. Mit hoher Geschwindigkeit versuchte ich mich an der theoretischen Ermittlung des möglichen Inhalts. Zweifellos war es zu klein, um eine leibliche Tochter zu enthalten, bot jedoch allemal genug Raum für meinen verlorenen Bericht mit dem Abgabedatum 30. Mai. Eine in der Nähe sitzende Frau konnte in das ungeöffneter Paket hineinsehen. Von den übrigen Anwesenden bedrängt, machte sie folgende Angaben über den Inhalt: „Zahlreiche Briefe an mich sowie ein extra verpacktes Konvolut Bilder. Die Briefumschläge sind mit einem vor Jahrzehnten gebräuchlichen Adressdruckverfahren beschriftet. In dem ungeöffneten Paket ist es zu dunkel, um die Adressen lesen zu können.“


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„Sehen Sie mir bitte die folgende Abschweifung nach, die ich dem Gerede über die Tochter des Schlangenjägers widme“, sagte ich. „In den Abfahrtstationen des Landes hörte man immer wieder davon.“
„Wir nicht“, widersprach die Frau.
Der Mann bestätigte: „Vor allem alte Männer scheinen sich für dieses Thema zu interessieren.“
Den Kopf kurz wendend, wollte ich die angekündigte Abschweifung am liebsten unterlassen. Ich dachte nach. Vielleicht litt ich – mehr als alle, die ich nie kennenlernen sollte – unter dem Verlust meiner Unterlagen für einen Bericht, der am 30. Mai fällig gewesen wäre. Es war durchaus denkbar, daß ich deshalb die Frau und den Mann besuchte. Möglicherweise waren irgendwo vielversprechende Andeutungen gemacht worden, die mich bewogen hatten, es zu tun. Deshalb sprach ich energisch: „Einen Moment, so geht das nicht. Ich muß mich und alles zuletzt Behauptete korrigieren.“
Dazu brauchte ich die Korrekturwerkzeuge aus meinem Mantel. Um sie zu holen, entschuldigte ich mich und stand auf. Mitten in dieser Bewegung hielt ich aber inne, denn auf dem Tisch vor mir stand jäh ein Paket. Die Insekten verschwanden alle in der Lampe über dem Wohnzimmertisch, und schon war alles korrigiert.


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Gegebenen Anlasses wegen 


Wieder einmal besuchte ich jemanden.  
„Bitte ersparen Sie uns die umständliche Geschichte, wie Sie uns gefunden haben“, sagte B. bei meiner Ankunft. Ich aß große Mengen imaginären Besucherkuchens und vermied Ähnlichkeiten mit früheren Besuchern. Mitten in einer Bewegung hielt ich inne, weil auf dem Tisch ein Paket stand, das mir bislang nicht aufgefallen war. „Ist das für mich?“ fragte ich.  
„Nein, das haben Sie mir mitgebracht“, antwortete A.  
Erleichtert setzte ich meine Bewegung bis zum Ende fort. Der Wille zur Ermittlung des Paketinhalts sprang währenddessen auf B über. Mit dem Gestus einer dreibeinigen Seherin des Alten Testaments öffnete er das Paket. Es enthielt zahlreiche Briefe an mich und ein Konvolut Unterlagen, die alle vor dem 30. Mai vernichtet worden waren. Sämtliche Briefumschläge sahen gleich aus: Größe, Farbe und Adressbeschriftung waren identisch. Wenn man das zuendedachte, stimmte zuletzt gar nichts mehr.  


 

 

 

 

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Inzwischen tat eine andere Angestellte Dienst an der Rezeption. Als sie mir den Schlüssel gab, sagte sie: „Es wäre uns eine große Freude, wenn Sie uns die Ehre gäben, an unserer heutigen Feier zum Tag der wunschlosen Enge teilzunehmen.“ Ich war überrascht und vermutete, es handle sich um einen Irrtum. Doch ließ sich zweifelsfrei belegen, daß tatsächlich ich gemeint war. Der Geschäftsführer kam und ergriff meine Hand. Indem er sie drückte, dankte er mir dafür, daß ich in seinem Hotel logierte, „obwohl der Eingang zu unserem Haus beileibe nicht immer an derselben Stelle zu finden ist. Viele sind schon stundenlang mit aufgeklapptem Zollstock auf dem Boden herumgekrochen und haben ihn gesucht.“


Weshalb man in Marbach meine nachgelassenen Manuskripte nicht haben will (2):  

 

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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grüezi, Berner Kantonalbank!

Du verfügst über eine Bilanzsumme von 39,9 Milliarden Franken und investierst einen Teil davon in eine Werbeagentur, die sich für Dich Ein-Wort-Slogans wie »Wohlatility« oder »Globewürdigkeit« ausdenkt.

Dabei handelt es sich wohl um den Versuch, den Jargon der internationalen Finanzwelt mit positiv besetzten und vertrauenerweckenden Begriffen zu verknüpfen. Aber warum hier aufhören? Es warten doch noch so viele mögliche Wortspiele! Wie wäre es zum Beispiel mit »Kumpeliance«, »Nett worth« oder »Boniständigkeit«?

Rechnung ist unterwegs von Deiner Titanic

 Bisher unbekannte Seiten, Josef Ackermann,

ehemaliger Chef der Deutschen Bank, zeigten Sie im Interview mit der Bunten, der Sie erzählten, dass Ihre Familie für Sie relevanter sei als all der schnöde Zaster: »Liebe ist viel wichtiger als Geld.« Was man halt so erzählt, wenn einem mindestens drei Immobilien gehören und es etwas dauert, die Millionen auf dem Konto zu zählen.

Auch Ihr Blick nach unten ist milder geworden, weil Sie so viel von Ihrer Frau gelernt haben: »Sie hat mich weicher und sensibler gemacht gegenüber Menschen, die nicht so leistungsfähig sind.« Was Ihren Heiligenschein allerdings etwas trübt, ist Ihr Umgang mit Autos. Große bräuchten Sie nicht mehr, aber: »Im Tessin fahre ich den Fiat Cinquecento, den ich meiner Frau geschenkt habe.« Voll den sensiblen Menschenfreund raushängen lassen, dann aber der eigenen Frau das Auto wegnehmen?

So richtig scheinen Sie Berufs- und Privatleben doch noch nicht trennen zu können, bilanziert Titanic

 Vermeintlich smooth, Vichy,

bewirbst Du Deine Feuchtigkeitscreme mit dem Slogan »I got 100 problems, but dry skin ain’t one«. Dass Du »99 problems«, wie im Originalsong von Jay-Z, vermutlich nicht sagen durftest: geschenkt. Wir fragen uns allerdings: Wenn man inklusive trockener Haut 101 Probleme hat, sollte man dann wirklich an dieser Stelle ansetzen?

Grübelt spröde

Deine Titanic

 So sieht’s aus, Kai Wegner (CDU)!

Über ein Jahr schon arbeiten Sie als Berlins Regierender Bürgermeister daran, in der deutschen Hauptstadt für Zucht und Ordnung zu sorgen. Längst könnten Magnetschwebebahnen und Flugtaxis über die eingezäunten (oder wie Ihre Verwaltung sie nennt: befriedeten) Parkanlagen der Metropole hinweggleiten – würden sich nicht irgendwelche grünen Bezirksbürgermeister/innen und Initiativen dem Fortschritt in den Weg stellten.

Jetzt weihen Sie den RBB in die Machtfantasien ein, die Sie in schwachen Momenten überkommen: »Ich würde mir manchmal wünschen, ich sage heute: ›Morgen passiert das.‹« Aber: »Aber: Dass wir demokratische Strukturen, Prozesse haben, wo einer nicht allein alles sofort entscheiden kann, ist, glaube ich, schon ganz gut.«

So und nicht anders, Wegner, klingt ein flammendes Plädoyer für die Demokratie aus dem Munde eines leidenschaftlichen Demokraten. Glauben wir. Vielleicht.

Ganz gute Grüße von Titanic

 Gruselig, »FAZ«!

Man sagt ja, dass Print tot sei. Du scheinst das zwar zu bestätigen, aber zu Deinem Vorteil zu nutzen, um, glaubt man Deiner Schlagzeile »Schäuble nennt weitere Details zur CDU-Spendenaffäre«, brisante Informationen direkt aus der Gruft zu erhalten! Zu so viel journalistischer Einsatzbereitschaft gratuliert todernst

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Für Ethnologen

Gibt's so was wie Brautstraußfangen auch bei Begräbnissen?

Wolfgang Beck

 Energievampir

Wie groß doch der Unterschied zwischen dem Leben in der Stadt und dem auf dem Land ist, fiel mir wieder auf, als ich mit meiner Tante vom Hof telefonierte und wir uns über unsere Erschöpfung austauschten: Ich erklärte mir meine große Müdigkeit damit, dass ich den Tag zuvor in der Therapie eine neue Erkenntnis gewonnen hatte, gegen die ich mich aber noch sperre. Das verbrauche natürlich schon viel Energie, außerdem wolle sich mein Gehirn so wenig mit der neuen Erkenntnis beschäftigen, dass es lieber in die Schläfrigkeit flüchte. Sie wiederum begründete ihre Mattheit mit den Worten: »Ich glaube, mich hat was gebissen, das müde macht.«

Laura Brinkmann

 Verrücktes Kapitalismus-Experiment

Was würde wohl passieren, müssten alle Soldaten ihre Munition selbst bezahlen?

Katharina Greve

 Vorschlag

Beinpresse als anderer Ausdruck für Fußballzeitschriften.

Karl Franz

 Alte Grabräuber-Weisheit

Das letzte Hemd hat keine Taschen und man kann ins Grab nichts mitnehmen. Was man aber sehr wohl kann: aus dem richtigen Grab viel herausholen.

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.06.2024 Düsseldorf, Goethe-Museum Hans Traxler: »Traxler zeichnet Goethe«
21.06.2024 Husum, Speicher Max Goldt
23.06.2024 Kiel, Schauspielhaus Max Goldt
18.08.2024 Aschaffenburg, Kunsthalle Jesuitenkirche Greser & Lenz: »Homo sapiens raus!«