TITANIC Meinung: Die Wahl in Österreich war ein klares Bekenntnis zu irgendwas
Ein Resümee von Valentin Witt
Grüezi, liebe Austrofreundinnen und -freunde!
Seit Jahren schon bin ich regelmäßiger Gast in dem kleinen Zipfelland südlich der Donau. Ich liebe die Atmosphäre in den Caféhäusern Wiens ebenso wie die steilen Pisten von Großglockner, Gotthardmassiv & Co. Es gibt für mich nichts Schöneres, als nach einem langen Tag im Schnee die letzten Sonnenstrahlen bei einer Tasse Cappuccino vor dem "Weidinger" zu genießen und dabei galant mit dem Herrn Wirt über neuesten Klatsch und Tratsch zu plaudern. Mit um so größerer Spannung habe ich deshalb gestern die Wahl des Bundespräsidenten in dem alpinen Zwergstaat verfolgt, denn mich interessieren in Ländern, die ich bereise, stets nicht nur Landschaft und kulinarische Spezialitäten (sehr zu empfehlen: "Wiener G’schnetzeltes" im "Zum Glockenturm", 6,90 Euro!), sondern auch Gesellschaft und Politik. Um die Bedeutung zu erfassen, die diese Wahl für die Österreicher hatte, ist es nämlich wichtig, Land und Leute gleichsam von innen heraus zu kennen. Die Wahl zwischen Alexander von Bellen und Norbert Hofert war mitnichten nur eine zwischen zwei Kandidaten aus verschiedenen Lagern. Vielmehr ging es primär um die Frage, wer dem Land für die nächsten sechs Jahre als oberster Ministerialdirigent vorstehen und die Geschicke des historisch nicht unbelasteten Landes lenken soll.
Daß in Österreich überhaupt gewählt wird, darf dabei schon als Errungenschaft gelten. Das Ende von Monarchie und NS-Diktatur haben die "Ösel" damals beileibe nicht so leicht weggesteckt wie die immer schon anpassungswilligeren und -fähigen Deutschen. Wohl nicht zuletzt deshalb gab es zunächst ein paar Probleme punkto Organisation und Durchführung der Abstimmung, so daß die erste Wahl annulliert, die nächste dann geschoben, erneut mit doppeltem Durchschlag im Rathaus bei Magister Ferdl beantragt und schließlich durch amtliche Zeitungsinserate bekannt gegeben werden mußte. Trotz alledem schaute gestern die ganze Welt gebannt auf das winzige Fleckchen Erde zwischen Deutschland und Slowenien, denn von dem Wahlausgang hing so allerlei ab – nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa, denn Österreich ist bereits seit einigen Jahren zahlendes Mitglied der EU.
Die Entscheidung fiel dabei denkbar knapp aus. Am Ende konnte sich Oberfakultätsratsprofessor Alexander von Bellen gegen den heimatverbundenen Hofert durchsetzen. Damit haben sich die Österreicher klar (zumindest die eine Hälfte) zu irgendwas bekannt. Von Bellen muß jetzt zeigen, daß die in ihn gesetzten Erwartungen berechtigt waren. Mich hat es jedenfalls gefreut, bei diesem spannenden Lehrstück in Sachen Demokratie Zaungast sein zu dürfen. Es bleibt zu hoffen, daß die schönen Traditionen Österreichs erhalten bleiben, damit das Land auch zukünftig eine Reise wert ist. In diesem Sinne: Ciao, tschüs, auf Wiedersehen, oder wie man in der unnachahmlichen österreichischen Herzlichkeit sagt: Adele.
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