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TITANIC-Erlebnisbericht: Mein erstes Mal im Gotthard

Am vergangenen Sonntag wurde nach 17 Jahren Bauzeit endlich der Gotthardtunnel eröffnet. Die elf Milliarden teure Investition verspricht eine potentiell lebenswichtige Zeitersparnis von 30 Minuten auf der Strecke zwischen Zürich und Mailand. TITANIC-Autor Cornelius Oettle hat die wilde Fahrt gewagt:

11. Dezember 2016, 6:09 Uhr, Zürich

17 Jahre Bauzeit, 57 Kilometer, 0,7 Promille Restalkohol: Ein wenig mulmig ist mir angesichts dieser Zahlen schon, als ich im Sechs-Personen-Abteil mit einem kleinen Mädchen, seiner Mutter und diesem mürrischen Rentnerehepaar sitze. Allerdings: Der Anblick des männlichen Rentners beruhigt. Er ist von kräftiger Statur, strahlt Sicherheit aus. Vermutlich ehemaliger Kampfsportler.

6:18 Uhr

In wenigen Minuten werde ich, der Trainspotter, zu den ersten Menschen zählen, die durch den Gotthardtunnel, den längsten Eisenbahntunnel der Welt, befördert werden. Wahnsinn! Die Aufregung wankt durch die Reihen wie ein übermüdeter Fahrkartenkontrolleur. Es knistert. Es knistert tatsächlich, die erwähnte Rentnerin entknüllt eine herumliegende Ausgabe der Bild-Zeitung, um die Witze-Seite zu suchen. Ausbleibendem Lachen entnehme ich, daß sie sie gefunden hat.

7:13 Uhr, Erstfeld

Wir rollen auf das Gotthardmassiv zu. Was für ein Moment! Faszinosum Bahnfahrt! "Ein Tag wie Weihnachten", um SBB-Chef Andreas Meyer zu zitieren. Auch meine Sitznachbarn kommen ins Schwitzen. Die Klimaanlage ist defekt. 

7:14 Uhr

Der Rekordtunnel verschluckt uns wie das junge Mädchen den ihm soeben dargereichten Apfelschnitz. Es hustet, es keucht, der Rentnerbulle patscht ihm auf den Rücken, das luftröhrenverstopfende Fruchtfleisch fliegt in seinen Schoß. Teilnahmslos nimmt er das Ding in die Hand, seine Pupillen scannen den Raum nach einer Entsorgungsoption. Stoisch, besonnen, souverän: Der Mann ist ein Held. Mit ihm kann und wird hier heute nichts schiefgehen. Seine Rentnerkuh raschelt unbeeindruckt weiter, hält Ausschau nach dem Kreuzworträtsel.

7:19 Uhr

Ein Blick aus dem Fenster: Nichts. Finsterste Nacht, düsterster Schatten, schwärzeste Dunkelheit überträgt sich auch ins Innere des Abteils: Das Licht erlischt. Wir Fahrgäste blicken uns erschrocken in die Augen (vermutlich, man sieht ja nichts). Eine Störung? Komplikationen? Baupfusch? Meine Antworten auf diese Fragen: Nervosität, Angst, Panik. "Geht bestimmt gleich wieder an", murmelt die Mutter ihrem sich weiterhin Apfelschnitze ins Maul reinfressenden Sproß zu, während der Zug immer tiefer in den Berg rast. Schweißausbruch. Zittern. Mein Fels in der Brandung, der Kampfrentner, läßt lediglich ein leidenschaftsloses Räuspern erklingen. Seine Gattin pfriemelt sich nach wie vor gut hörbar durch die Seiten der... – "FUCK, HÖREN SIE DOCH ENDLICH MIT DIESER VEFLUCHTEN RASCHELEI AUF!" entfährt es mir. Ich bin nervlich am Ende. "Wie reden Sie denn mit meiner Frau?" schnaubt es aus dem Rentnermund, als die Lampen ihren Dienst dann doch wiederaufnehmen.

13. Dezember, 22:38 Uhr, Lugano

Ich erwache im Krankenhaus in Lugano. Die Ärzte sagen, der Täter habe mich dermaßen zugerichtet, daß ich nur knapp mit dem Leben davongekommen sei. Wäre ich eine halbe Stunde später eingeliefert worden, es hätte diese Zeilen nie gegeben.

Kategorie: Allgemein



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

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