Stuttgart wird grün
Epochenwechsel im Ländle! Mit Fritz Kuhn ist zum ersten Mal ein kleiner grauer Mann im Anzug zum Bürgermeister einer Landeshauptstadt gewählt worden. Sein Gegenspieler, ein kurzgeratener Biedermann im aschfarbenen Jacket, war im Wahlkampf nicht in der Lage gewesen, das neue urbane Milieu anzusprechen. Denn Stuttgart hat sich verändert; schicke Busineßpeople in Anthrazit, Kreative mit verrückten Monochrom-Sakkos, Bioladenbesitzer mit Pullovern in Jersey-Grey und Maschinenbaustudenten in lässigen bleifarbenen Zweiteilern haben längst das spießig-bürgerliche Einerlei hinweggefegt. Die Stuttgarter haben sich anstecken lassen vom Eigensinn des frechen Grauschopfs; sie wollen sich einlassen auf Kuhns gewagten Fünf-Punkte-Plan, der eine Verbesserung der Verkehrsanbindung, eine Erhöhung der Produktion, eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die Versorgung der Bevölkerung mit Gegenständen des täglichen Bedarfs sowie gut ausgeschilderte Grauzonen in der Innenstadt vorsieht. Kuhn scheut sich nicht, auch anzuecken; gern zitiert wird sein Besuch auf der Jahresversammlung der Badenwürtembergischen Genossenschaftsbanken, wo er mit einem steingrauen Sakko zu taubengrauen Socken provozierte. Bleibt zu hoffen, daß dieser Wildfang die auf Ausgleich, Maßhalten und innere Leere bedachten Stuttgarter nicht überfordert.
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