Oje du fröhliche!
Der Zwischenruf von unserem Mitarbeiter Oliver Nagel
Jedes Jahr das gleiche: Es ist erst Anfang Dezember, die Eisschicht auf Flüssen und Seen noch hauchdünn, einige wenige Schneemänner aus ihrem Sommerquartier an den Polen zurückgekehrt. Doch schon stehen die ersten Christbäume in der Fußgängerzone, Lichterketten leuchten und aus den Lautsprechern dudelt „O Tannenbaum“: Weihnachten steht vor der Tür!
Dabei sind doch kaum die ersten Blätter von den Bäumen gefallen, eben erst Kartoffeln, Weizen und Grütze geerntet, die Kinder lassen Drachen steigen und bauen Kastanienmännchen aus Streichhölzern und Treets. Doch immer früher rüsten die Supermärkte auf zur Schoko-Schlacht, bauen Türme aus Stollen und Lebkuchen, schicken Weihnachtsmännern aus, um die vorweihnachtliche Kauflaune von Konsumenten anzuregen, die doch gerade erst aus den Sommerferien gekommen sind, die Badehose in den Schrank gelegt und das Surfboard in die Gartenlaube gestellt haben, um noch die letzten kräftigen Sonnenstrahlen zu genießen, bevor die Weihnachtshektik immer früher beginnt.
Schon eilen die Menschen mit vollen Taschen von Kaufhaus zu Kaufhaus und die Ladenkassen klingeln! Dabei haben eben erst die Kinder Zeugnisse bekommen, freuen sich auf fröhliche Sommertage am Baggersee und einen Monat ohne Schule am Meer oder in den Bergen! Doch schon beginnen die Konsumtempel, Zimtspekulatius und Pfefferkuchen unter das Volk zu bringen, die Weihnachtsmarketingmaschine läuft auf Hochtouren, auf geht’s in den Konsumkrieg! Eine Glühweinbude reiht sich an die andere, dabei hat eben der erste Spargel seinen Kopf aus der Erde gestreckt, die Uhren sind kaum auf Sommerzeit gestellt und die Zugvögel gerade aus ihrem Winterquartier in Afrika zurückgekehrt, da „weihnachtet“ es schon, daß sich die „Balken“ biegen.
Immer früher beginnt die Weihnachts-Saison der Geschäftsleute, hängen Sterndekorationen an den Sonnenblumen, die gerade erst erblüht sind, landet das Christkind in den Supermarktregalen, wo gerade der Winterschlußverkauf begonnen hat, um den Umsatz zu steigern. Der Weihnachtsmarkt öffnet schon im Mai und die Kirchen laden ein zu meditativer Musik und Krippenspiel im März. Aber der junge Mann, der in Lumpen gekleidet mit seinem struppigen Hund in der Einkaufsmeile sitzt, der ist nach ein paar Schritten vorbei an der nächsten Freßbude vergessen.
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