Nur kein Gedäh! – von Martin Knepper
Schein und Zeit
Wir können in den letzten Jahren ein Anwachsen der Zahl von Onlineportalen beobachten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Netz im Windschatten des etablierten "Postillon" und der deutlich fragwürdigeren "Bild"-Zeitung mit humoristisch gefärbten Falschmeldungen zu fluten. Scheinbar humoristisch, denn wo die österreichische 'Tagespresse' noch weitgehend das Postillon-Gewand aufträgt und das deutsch-muslimische "Noktara" etwas hüftsteif, aber wohlmeinend seinen Dienst versieht, kann man den agendagepushten "Berliner Express", der unablässig mit der Zementierung von AfD-Positionen im Bewusstsein des Klickviehs befasst ist, allenfalls als Scheinsatire bezeichnen, die Propaganda unter dem Deckmantel 'ironischer' Meinungsfreiheit unangreifbar zu machen sucht. Überhaupt herrscht in dieser Zeit der Schein: Scheinselbständige, die selber Scheingeschäfte mit Scheinfirmen tätigen, kritisieren scheinheilig scheinbare Scheinasylanten, und aus dem fernen Peking wurde mir der Bericht einer Touristin aus dem Rheinischen hinterbracht, die ihren lokalen Fremdenführer bat, sie noch einmal zu der Straße zu führen, in der sie die vielen Friseurgeschäfte gesehen hatte. Worauf besagter Guide ihr verlegen, aber bestimmt mitteilte, bei den zahlreichen jungen Damen, die in den kleinen Läden attraktiv zurechtgemacht um Kundschaft buhlten, handele es sich mitnichten um Friseure, sondern um, ich zitiere: "Scheinfriseure"! Lug und Trug, wohin das Auge reicht; desto dringlicher die Aufforderung an die geneigte Leserschaft, in diesen vage gewordenen Zeiten auch weiterhin dem einzig realistischen Satiremagazin die Treue zu bewahren.
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