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Meditation und Markt mit Dax Werner

Case Study: Regenbogenfisch

Immer mal wieder finde ich etwas im Internet, was in mir instantly dieses Frank-Thelen-Investment-Case-Feeling triggert. Der Regenbogenfisch-Auftritt der österreichischen Poetry-Slammerin Lisa Eckhart auf 3Sat, der seit gestern auf Twitter die Runde macht, gehört definitiv dazu!

Alles an ihrer Zweieinhalb-Minuten-Performance ist bis ins kleinste Detail genial gearbeitet. Allein das Sujet: "Der Regenbogenfisch", ein 1992 – übrigens auch das Geburtsjahr von Lisa Eckhart – erschienenes, extrem virales Kinderbuch, in dem ein Fisch seine Schuppen an andere Fische verschenkt und so herausfindet, dass man nur durchs Teilen wirklich wahres Lebensglück findet.

Die Möglichkeit, dass es sich bei dem Kinderbuch von Marcus Pfister um ein unter vielen Schuppen verstecktes sozialistisches Manifest handle, das unsere unschuldigen Kinder für den ersten Arbeitsmarkt versaut, bringt Kritiker schon seit dem Erscheinen auf die Palme. Vielleicht zitiert Eckhart deswegen gleich zu Beginn einen sieben Jahre alten, extrem nischigen Tweet des inzwischen 74-Jährigen konservativen US-Radiomoderators Neal Boortz, der weiland ins Twitter drückte: "The Rainbow Fish is the most insipid, disgusting and subversive children's book available today. ObamaPelosiReid would LOVE it." 8 Retweets, 4 Favs. Bei Eckhart wird daraus der staubtrocken servierte Opener: "Wissen Sie, was das schlimmste Kinderbuch ist? Für alle Zeit? Der Regenbogenfisch!" Zugegeben, wenig mehr als ein intertextuelles Goodie für Leute mit abgebrochenem Germanistik-Studium. Aber die Richtung ist natürlich goldrichtig.

Denn in der Satire- und Kabarettbranche arbeiten wir seit langem viel mit Visualisierungen. Eine davon lautet: Wenn du in Deutschland mit Humor Geld verdienen willst, musst du die Best-Ager erobern, die anspruchsvolle und konsumfreudige Kundengruppe der 40- bis 50-Jährigen; Menschen also, die sich unter der Woche den Nuhr in der Stadthalle geben und freitagabends im Karohemd den Welke in der Heute-Show. Du musst die Provinz abholen. Leute, die mehr wollen als Pispers und Priol. Und alle Marktforschungen sagen es deutlich: Diese Menschen haben auf eine Sache am allerwenigsten Lust, nämlich: Sozialismus.

Und Eckharts Kabarett-Setup ist milimetergenau auf die Best-Ager abgestellt: "Besonders zu sein, ist heute nur dann gestattet, wenn alle gleich besonders sind. Denn alle Menschen sind gleich, und jeder ist etwas Besonderes. [...] Das ist definitiv ein Fortschritt. In den Irrsinn." Das ist genau der haarsträubend apokalyptische Sound, auf den gerade in Zeiten von Gendergaga und political correctness sowohl in strukturschwachen- als auch starken Landstrichen, sowohl in Montabaur als auch in Pirna resoniert wird.

Deswegen ist Lisa Eckhart für mich ein extrem clever gearbeitetes Kabarett-Produkt mit retropolitischem Markenkern und hat gerade deswegen eine großartige Zukunft vor sich. Oder, um es mit der ZDF-Social-Abteilung zu sagen: "Bitterböses von Lisa Eckart zum 'schlimmsten' Kinderbuch aller Zeiten: dem 'Regenbogenfisch'." Tränenlachsmiley.

Kategorie: Meinung



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster