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Meditation und Markt mit Dax Werner

Thread über Threads

Mein Vater hatte mal eine VHS-Kassette vom Freddie Mercury Tribute Concert im Wembley Stadion 1992 und irgendwie lief diese Kassette sonntags öfter mal bei uns im Wohnzimmer. Wie hypnotisiert starrte ich dann auf den Bildschirm, wo Axl Rose oder Zucchero Queen-Hits interpretierten, derselbe Bildschirm, auf dem ich nur Stunden zuvor Super Mario oder Fifa gespielt hatte. Manchmal fand mein Vater sein IG-Metall-Feuerzeug nicht schnell genug und zündete sich seine filterlose Reval an der einzigen Kerze im Wohnzimmer an. Dann war es immer an meiner Mutter, ihn zu ermahnen: Er wisse ja hoffentlich, dass jedes Mal ein Seemann stirbt, wenn er sich die Zigarette an einer Kerze anzündet.

Auch wenn die Zukunft des Rauchens inzwischen im E-Zigarettensegment liegt (Stichwort junge Verkaufskategorie & hohe Handelsspanne), lässt sich immer noch im volkswirtschaftlichen Ton mahnen: Jedes Mal, wenn ein Twitter-Nutzer einen Analyse-Thread – also mehr als zwei Tweets hintereinander mit Punkt und Komma – über eine Landtagswahl ins Netz schiebt, verliert ein/e Politikwissenschaftler/in Projektmittel für das nächste Semester. Ein hochproduktives Sprüche-Pattern, um seinen Mitmenschen auf den Geist zu gehen!

Auf den Geist sollen mir in dieser Kolumne aber vor allen Dingen Threads gehen. Neben dem ordoliberalen Approach beider Bonmots, in denen so was wie Disruption oder Innovation bedauerlicherweise noch gar nicht mitgedacht werden kann, zündet mich an den großen Erklärthreads zur Sachsenwahl und Brandenburgwahl am Wochenende besonders an, wie sehr man sich an den eigenen Mutmaßungen hochrauschen kann, so dass man diese Minuten nach der ersten Hochrechnung als wissenschaftliche, peer-reviewte Befunde verkauft. In vielen Erklärthreads wird der bzw. die ostdeutsche Wähler/in zu einer Aufziehpuppe, an der mal der Neoliberalismus, mal die Medien, mal die AfD kräftig ziehen, und schon kommen 27 Prozent für die AfD raus. Oder wie der Nutzer @turboateng on point zusammengefasst hat: "Jörg schönborn hats grad bestätigt: das wahlergebnis kann mit der einstellung der buslinie 12 im kreis schmöckwitz-siebengau vollständig erklärt werden."

Woher kommt das? Ich erinnere mich, dass ich als Bub vor dem Einschlafen oft noch wach lag und leise dieses Gitarrensolo oder jenen Refrain von diesem Wembley-Konzert nachsang. Vielleicht ist das ja bei Wahlanalysen genauso: Wir sind hypnotisiert von der Expertenaura, wenn im Fernseher dieses oder jenes Wahlergebnis wieder mal mit Stress in der GroKo, schlechtem Ifo-Geschäftsklimaindex oder einfach zu vielen Nazis wegerklärt wird. Wir sind die kleinen Jungen und Mädchen, die noch wachliegen, obwohl morgen Schule ist, und davon träumen, mal was im Fernsehen erklären zu dürfen.

Kategorie: Meinung



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Briefe an die Leser

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster