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Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (62)

(Was bisher geschah)

Behende griff Kurtchen nach dem Katalog, den er seit dreißig Jahren so streng und eng am Mann mit sich führte wie, vor hundert Jahren, deutsche Welt­kriegssoldaten Rilkes "Cornet" und der, längst dick und schwer wie ein randvoll gehefteter Leitzordner, überquoll von Filmschauspielerinnen, Ex-Kommilitoninnen, Freundinnen, Ex-Freundinnen, Freundinnen von Freun­dinnen und Freundinnen von Ex-Freundinnen und Ex-Freundinnen von Ex-Freundinnen, Straßenbahnbekanntschaften, Nachbarinnen, Sprechstunden­hilfen, Friseusen und Unterwäschemodels, in wechselnden Rollen als Kran­kenschwestern, Fahrlehrerinnen, GEZ-Beauftragte oder Parkplatzluder, und nicht ohne Wehmut erinnerte sich Kurtchen an Zeiten, als dieser Katalog seiner, Kurtchens, frisch erwachten Sammelleidenschaft noch offengestan­den hatte wie ein Scheunentor dem Erntewagen, als er, der heute seine Zeit mit achtelgaren Romanplänen vertat und für jede vage Idee eine Woche brauchte, in unablässigen, problemlos abrufbaren Phantasiexplosionen Geschichten im Dutzend bil­liger (und wirklich: billiger) erfand, wie ein Autor von Heftchenromanen die immergleichen Arrangements mit wechselnden Figuren besetzend, dabei, versteht sich, viel Standard (der allerdings immer ausreichte) hervorbring­end, aber auch echte Klasse- und Sahnegeschichten von überraschendem Zu­schnitt, die er über Wochen und Monate ausschmückte, variierte, über Kreuz und retour erzählte, und am Ende gab es niemanden, der nicht zufrieden und erleichtert die Bühne verließ.

Das stimmte freilich nicht, wie Kurtchen wohl wußte, denn der Vorhang fiel, und das Theater war leer, und Kurtchen erinnerte sich, wie er neulich im dummen Magazin der Süddeutschen Zeitung ein Interview mit dem Schrift­steller Domingo gelesen hatte, der gesagt hatte, Männer seien viel är­mer dran als Frauen, weil sie, die Männer, dieses Abfuhrproblem hätten, das hät­ten Frauen nicht, und da sollten sie, die Frauen, mal schön froh drüber sein.

Und das stimmte wohl.

Kurtchen hielt den Katalog in der Hand, ohne ihn zu öffnen; seine Lust dar­an schwand in dem Maße, wie er sich klarmachte, daß ihm dazu nichts mehr einfiel, und es war ein bißchen wie mit den Büchern des Schriftstellers Do­mingo, den er äußerst schätzte, ja: verehrte und der, seit gleichfalls dreißig Jahren, seine Geschichten aus den immergleichen Bausteinen solange hin- und her- und immer wieder umarrangiert hatte, daß es nicht mehr zu verheh­len war, daß die Geschichte doch immer dieselbe blieb. Das war, einerseits, vollkommen plausibel, denn es war nun mal immer dieselbe Geschichte, war es immer; andererseits war das eben das Problem, und Kurtchen reichte es, in seinen eigenen Redundanzen gefangen zu sein.

Gottseidank rief Gernolf an. (wird fortgesetzt)

Kategorie: Kurtchen Sahne



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Diese Steilvorlage, Kristina Dunz (»Redaktionsnetzwerk Deutschland«),

wollten Sie nicht liegenlassen. Die Fußballnation hatte sich gerade mit der EM-Viertelfinalniederlage gegen Spanien angefreundet, der verlorene Titel schien durch kollektive Berauschtheit an der eigenen vermeintlich weltoffenen Gastgeberleistung sowie durch die Aussicht auf vier Jahre passiv-aggressives Gemecker über die selbstverständlich indiskutable Schiedsrichterleistung (»Klarer Handelfmeter!«) mehr als wiedergutgemacht, da wussten Sie einen draufzusetzen. Denn wie es Trainer Julian Nagelsmann verstanden habe, »eine sowohl fußballerisch als auch mental starke National-Elf zu bilden«, die »zupackt und verbindet«, hinter der sich »Menschen versammeln« können und der auch »ausländische Fans Respekt zollen«, und zwar »auf Deutsch« – das traf genau die richtige Mischung aus von sich selbst berauschter Pseudobescheidenheit und nationaler Erlösungsfantasie, die eigentlich bei bundespräsidialen Gratulationsreden fällig wird, auf die wir dank des Ausscheidens der Mannschaft aber sonst hätten verzichten müssen.

Versammelt sich lieber vorm Tresen als hinter elf Deppen: Titanic

 Mahlzeit, Erling Haaland!

Mahlzeit, Erling Haaland!

Zur Fußballeuropameisterschaft der Herren machte erneut die Schlagzeile die Runde, dass Sie Ihren sportlichen Erfolg Ihrer Ernährung verdankten, die vor allem aus Kuhherzen und -lebern und einem »Getränk aus Milch, Grünkohl und Spinat« besteht.

»Würg!« mögen die meisten denken, wenn sie das hören. Doch kann ein Fußballer von Weltrang wie Sie sich gewiss einen persönlichen Spitzenkoch leisten, der die nötige Variation in den Speiseplan bringt: morgens Porridge aus Baby-Kuhherzen in Grünkohl-Spinat-Milch, mittags Burger aus einem Kuhleber-Patty und zwei Kuhherzenhälften und Spinat-Grünkohl-Eiscreme zum Nachtisch, abends Eintopf aus Kuhherzen, Kuhleber, Spi… na ja, Sie wissen schon!

Bon appétit wünscht Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster