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Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (17)

Der freundliche Energieversorger setzte, geschlagen, noch ein paar Satzfet­zen zusammen der Art, es sei dies alles "kein Problem", er komme dann ein­fach "im Dezember" noch einmal wieder, und Kurtchen mußte an sich hal­ten, um nicht zu entgegnen, "im Dezember" sei er pauschal "nicht da", aber der Spaß, so merkte er, war nun zu Ende und der Mann auch schon im Ge­hen begriffen.

Kurtchen schloß die Wohnungstür und hörte, wie der Mann die Treppe hin­unterwerkte; er tat ihm leid. Das war, Kurtchen wußte es, der sogenannte Wettbe­werb, so sah er nämlich aus; und nicht wie die Spaßmobilfahrer mit den wei­ßen Zähnen aus dem Werbefernsehen. Der Wettbewerb, das waren Durch­schnittsmänner in schlechtsitzenden Anzügen, die ihre Tage damit hinbrach­ten, in wildfremde Häuser einzudringen und entweder selbst zu de­mütigen (näm­lich Trottel, die sich irgendeinen Quatschtarif andrehen ließen, um im Jahr den Gegenwert drei großer Biere zu sparen) oder sich demütigen zu lassen, nämlich von Überblicksbewahrern wie ihm, Kurtchen, was, das sah er ein, die Revolution natürlich um keinen Deut voranbrachte; einen Quatschtarif zu ordern, der ihm, Kurtchen, im Jahr den Gegenwert dreier großer Biere er­sparte, aber auch nicht. Ein Dilemma, ein Patt.

Auf dem Weg in die Küche und zum Kühlschrank, wo ein aufgrund fehlen­der Stromtarifsmilderung unnötig teures Bier wartete, erinnerte sich Kurt­chen an eine andere Bahnfahrt (warum man sich nur immer an Bahnfahrten erinnerte?), auf der er durch den Spalt zwischen den Sitzen hindurch auf den Laptopmonitor eines Wettbewerbsteilnehmers hatte spitzen können und so zum Augenblicksteilhaber einer Welt wurde, die ihm so faszinierend fremd war wie Alexander von Humboldt jene der dickbusigen Weiber am Orinoko:

"Umsätze nach Aktivitätsbereich und Top-Player der Baubranche – Neubau ist wichtigster Bereich für Fußbodenhersteller".

Der junge Mann im Anzug (gleichfalls auf oder allenfalls eine Handbreit über Delling-Niveau, in der Fußbodenbranche schienen die goldenen Zeiten auch vorbei zu sein, kein Wunder, wo jeder Esel heutzutage Parkett hatte oder wenigstens haben wollte) wechselte das Windows-Fenster und die Sei­tenüberschrift: "Die japanische Baubranche erwirtschaftet den drittgrößten Umsatz in der Welt", und Kurtchen wärm­te sich an der Erinnerung so, wie er sich damals im Zug an dem Gedanken gewärmt hatte, es als Klempner und Aushilfsphilosoph eventuell doch besser zu haben als dieser arme Jun­ge, dessen Tagwerk darin bestand, sich in ICE-Großraumwa­gen, in denen es, weil irgendwer seine Brotzeit ausgepackt hatte, roch, als sei ein Faß Tsatsiki explo­diert (die Leute wurden halt insgesamt immer unver­schämter, es kam noch so weit und sie schmissen im Zug den Grill an), über die Top-Player der Baubranche in Kenntnis zu setzen, weil der Neubau halt der wichtigste Be­reich für eben den Fußbodenhersteller war, in dessen durchschnittlich be­zahlten Diensten er durch die Gegend fahren mußte, den Zumutungen der Bahn und ihrer entsetzlichen Passagiere bis zur Rente (oder zur Entlassung) ausgeliefert.

Kurtchen nahm das Bier aus dem Gemüsefach, schloß die Kühlschranktür und freute sich dann doch wieder auf den geselligen Abend mit dem Top-Player der Scheißebau-Branche; er mußte sich ein bißchen sputen. (wird fortgesetzt)

Kategorie: Kurtchen Sahne



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Briefe an die Leser

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner