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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Was zu sehen ist

Gerade einmal ein Vierteljahr ist es her, dass ich mich an dieser Stelle ausführlich gefreut habe, und was soll ich sagen, ich freue mich schon wieder: „Bundeskanzlerin Merkel (CDU) mahnte über eine Sprecherin zum sorgsamen Umgang mit Sprache“, aber der Satz ging noch weiter, und die Kanzlerin, von der ich immer gesagt habe, dass wir sie noch vermissen werden, ließ ausrichten: „Sprache kann zu Hetze, Hetze zu Taten werden“, und das, darf man sagen, stimmt.

Wie Sprache als Gegenteil von Hetze funktioniert, bewies Merkel dann bei einem Termin in Goslar, wo sie mit der Jugend über die Zukunftsfreitage und natürlich Rezo sprach: „Wir müssen die Wege zueinander noch besser finden. Wir sind alle noch mit ARD und ZDF aufgewachsen. Und heute ist eben Youtube sehr viel mehr in.“ Und das, darf man sagen, stimmt wiederum und ist nicht nur wunderhübsch gesprochen, sondern geradezu wahr, wenn das Feuilleton, geht es um ein unbekanntes (und ganz und gar läppisches) Liebesgedicht aus dem Nachlass Rio Reisers, bloß wieder von einem „unbekannten Liebesgedicht aus dem Rio-Reiser-Nachlass“ grunzt; und solche Sprache – nehmen wir es, was sich in Angelegenheiten der Sprache ja empfiehlt, ein wenig genauer – ist die der Sportreporter, Brüllaffen und Effizienzhansel, und auch aus deren Hetze werden Taten, und was sie anrichten, liegt vor aller Augen.

Doch was wir sehen sollen, steht in der Zeitung, und als es im Morgenblatt um Nolde ging und wie man mit Kunst von Leuten verfährt, die Nazis oder sonstwie Arschlöcher waren, standen die Autorinnen nicht an, den geradezu grotesk komplizierten Fall – ein führertreuer Antisemit stilisiert sich nach dem Krieg als Opfer – fürs geneigte Publikum aufzubereiten: „Auf das Ende der DDR-Diktatur bezogen, könnte man sagen: Es ist, als wäre das Stasi-Opfer Nolde als IM enttarnt, als hätte jemand in einem Keller den zweiten Teil seiner Akte gefunden, in der Täter-Kartei.“ Weil, in diesem ganzen Nazidurcheinander da, da kennen wir uns ja gar nicht mehr aus, wer da nun wie sehr schuld dran war und warum, der Unglücksfriede von Versailles z.B. spielte da ja eine spannende Rolle, und Täter und Opfer, das ging schon ziemlich durcheinander; sinnvoll also, für uns Spätgeborene, die wir vom Serienglotzen und Quatschbestellen halt auch etwas schwer von Kapee sind, die Sache auf den Punkt zu nageln: Nolde, das war ein Nazi-IM, und es ist, als hätte Honecker Auschwitz befohlen.

„Schau lieber weg / Die Gefahr ist viel zu groß“ Frank Schöbel, 1966

Die Sprache und die Hitze, pardon: Hetze, pardon: doch Hitze: „Sonne satt: Wetterdienst erwartet neue Hitzerekorde für Juni“, freut sich DPA, denn Hitze und Sonnenrekorde sind heute sehr viel mehr in, als sie sein dürften, und das ist dann immer das Dilemma, einerseits Sonne melden zu können, anderseits Sonne melden zu müssen; aber da tatsächlich 80 bis 95 Prozent aller journalistischen Fachkräfte trotz Abi und Studium keinen Schimmer haben, was so ein Dilemma eigentlich ist, und spätestens vorm Wort „Rekord“ auch keine Lust mehr haben, darüber nachzudenken, kriegen wir jetzt Sonne satt und freuen uns aufs Grillen. Dass irgendwelche Wissenschaftler irgendwo dem Planeten, wie wir ihn kennen, nur noch zehn Jahre geben, gehört dann zu diesem frömmelnden Tugendterror, von dem die Zeitung, die Nolde zu einem IM umlügt, neulich so überzeugt war; eine „große Scham“, unter der wir alle leiden und die sich dann so äußert, dass die Pfingstferiengrüße nicht aus dem Opel-Zoo oder dem Wisentgehege Springe kommen, sondern aus Kos und Chicago, und wenn es dann soweit ist und nämlich vorbei, sind wieder alle Opfer und haben von nichts etwas gewusst.

Aber nachdenken ist heute einfach nicht so sehr in, und man sieht nur, was man sehen will: „Die Behörden haben die Gefahr von rechts offenbar übersehen“ (FAZ.net, 21.6.). Und dass wir die von links nicht übersehen, dafür sorgt die Zeitung.




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 Halt, Stromanbieter Ostrom!

Du kannst uns noch so oft auf Insta mit den vielen »reasons to join ostrom« kommen, unsere Treue gehört dem einzig wahren Rom: Westrom!

In diesem Sinne vale und semper fi von Deiner Imperialtraditionalistin Titanic

 Unzufrieden, »Deutschlandfunk Kultur«,

sind einer Deiner Instagram-Kacheln zufolge knapp 20 Prozent der Jugendlichen. Vor allem Zukunftsängste machen ihnen zu schaffen. Als serviceorientierter Wohlfühlsender hast Du aber direkt eine praktische Lösung parat, wie den jungen Leuten geholfen werden könnte. Und zwar, indem man ihnen in der Schule sogenannte Selbstregulationskompetenzen beibringe. Gut geeignet seien demnach zum Beispiel Yoga und Atemübungen.

Die aufkommende Panik einfach wegmeditieren? Zugegeben: Bei der Hilflosigkeit, die beim Gedanken an Verarmung, Klimakatastrophe und Faschismus aufkommt, keine abwegige Idee. Trotzdem schiene uns »Selbstregulation« ein irgendwie spaßigeres Konzept zu sein, wenn Du, Deutschlandfunk, es den Jugendlichen anhand der Konten von Milliardär/innen oder anhand leerstehender Luxuslofts beibrächtest!

Deine Revoluzzerkids von Titanic

 Na, lange nichts von Ihnen gehört, Seehofer, Sie alte Schabracke!

Na, lange nichts von Ihnen gehört, Seehofer, Sie alte Schabracke!

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung geben Sie Ihrer ehemaligen Chefin eine Mitschuld am Erfolg der AfD: »Ich finde, dass Angela Merkel sich keinen Zacken aus der Krone brechen würde, wenn sie mal erklärt: In der Migrationsfrage habe ich nicht jeden Tag richtig gelegen.« Nein, verkündeten Sie außerdem generös, Sie hätten »keine Triumphgefühle« ihr gegenüber, nur weil jetzt in der Flüchtlingspolitik »sehr viel von dem getan wird, was ich schon vor Jahren gefordert habe – und dafür von einigen sogar als Rechtsextremist beschimpft wurde«. Stattdessen spürten Sie nur »Genugtuung nach innen«. Natürlich: Stille, nach innen gerichtete Genugtuung posaunt man bekanntlich in die Süddeutsche … Aber wäre es nicht so oder so treffender gewesen, Sie hätten von einem »inneren Reichsparteitag« gesprochen?

Fragt Sie Ihre sprachpsychologische Praxis auf der Titanic

 Mal wieder typisch, Bundespolizei!

Du testest gerade den Einsatz von Tasern, hast Dir in einem vertraulichen Bericht aber eingestehen müssen, dass diese ihre Mannstoppwirkung oder gleich das ganze Ziel gerne mal verfehlen. Ein Grund für das Versagen der Taser ist wohl: eine »offene Softshell-Jacke«. Und das ist ja mal wieder typisch! Wer muss sich um Polizeigewalt in Taserform also keine Sorgen machen? Gutsituierte Krautwurst-Teutonen in ihren ewigen Softshell-Jacken! Komm, Bundespolizei, Rassismus kannst Du doch auch weniger auffällig, weiß aus anders gekleideter Quelle

Deine Titanic

 Und aber apropos, brigitte.de!

»Diese Angewohnheit schadet deinem Gehirn mehr, als du denkst« – eigentlich ist uns das als Vorlage zu billig. Aber schwer fällt uns der Verzicht schon!

Gewohnheitsmäßig nicht Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Sprachchanges

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Wir verwenden in der deutschen Sprache immer öfter Anglicisms.

Jürgen Miedl

 Ungenießbar

Zu Beginn der kalten Jahreszeit wird einem ja wieder überall Tee angeboten. Ich kann das Zeug einfach nicht trinken. Egal wie viel ich von dem brühheißen Wasser nachgieße, ich schaffe es einfach nicht, den Beutel im Ganzen herunterzuschlucken.

Leo Riegel

 Schattenseite des Longevity-Trends

Ob ich mit fast 60 noch mal Vater werden sollte? Puh, wenn das Kind 100 ist, bin ich schon 160!

Martin Weidauer

 Krass, krasser, Kasse

Wenn ich im Alltag mal wieder einen Kick suche, gehe ich kurz nach Feierabend oder samstags bei einem Discounter einkaufen. Finde ich dort eine richtig lange Kassenschlange vor, stelle ich mich nicht etwa an, sondern lege meine Einkäufe auf die nicht besetzte Kasse daneben. Hier beginnt der Nervenkitzel: Werde ich wie der letzte Idiot erfolglos auf die Öffnung der neuen Kasse warten oder wie ein allwissender Gott über den gewöhnlichen Einkäufern schweben? Mehr Spannung geht nicht. Anfängern rate ich allerdings, sich erst nach dem Schrillen, mit dem im Supermarkt Kollegen gerufen werden, an der leeren Kasse anzustellen. So kann man sich mit ein paar sicheren Erfolgen langsam an das freie Anstellen herantasten.

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Ich habe letztens geträumt, dass ich Teil einer christlichen Punk-Band war. Unser größter Hit: »Jesus muss sterben, damit wir leben können«.

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