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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Verschwörung

Das sind so Zufälle: Erst bittet mich ein Kollege, das Wort „Journaille“ nicht mehr so bedenkenlos zu verwenden, weil es neuerdings zur Kennzeichnung des „Verschwörungsschweinejournalismus“ diene, „den inzwischen die Hälfte der Bevölkerung wittert“; dann beende ich eine Kolumne mit der polemischen Frage, ob Journalisten eigentlich eher dumm sind oder sich nur dumm stellen, woraufhin Leser sofort auf Interviews verlinken, die der Verschwörungsjournalist U. Ulfkotte im Internet zum Thema „gekaufter Journalismus“ gegeben hat; dann schreibt Hans Leyendecker in der Süddeutschen über den (Internet-)Trend, Journalisten für die neuen Illuminaten zu halten, und dann weist mich ein weiterer Leser auf die verschwörungstheoretischen Umtriebe des von mir mit Wohlwollen zitierten Herrn Rügemer hin, die ich nicht kannte, weil ich den Herrn Rügemer nicht kannte.

Und wieder ist man wo hineingeraten.

Vielleicht ein Wort zur Klärung: Wenn an dieser Stelle, ex- oder implizit, von korruptem Journalismus die Rede ist, dann ist das nicht so gemeint, daß Thyssen oder BMW einmal im Monat einen Geldumschlag schicken oder das Innenministerium einen Freßkorb vorbeibringen läßt, wenn ein Kollege das Vaterland in einem besonders hellen Licht abbildet. Es ist, fürchte ich, nicht einmal mehr so, daß Journalisten schreiben, wie sie schreiben, weil sie gezwungen sind, ihre Meinung zu verkaufen, und zwar an Besitzende oder die Sachwalter von Besitzenden, und kein Verleger die Meinung drucken wird, daß Verleger zu enteignen seien. Wenn Journalismus, z.B., die Splitter im Auge des Auslands bekräht, die Balken im nationalen Auge aber übersieht, wenn er Erzählungen von Sommermärchen, beliebten Kanzlerinnen oder coolen Hauptstädten ventiliert und die entscheidende Frage, die immer die ist, wer was besitzt und warum, nie oder nur ausnahmsweise stellt, dann deshalb, weil Journalismus nicht darin besteht, sich eigene Gedanken zu machen, sondern die zu nehmen, die schon da sind und als gültig erkannt.

„Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.“ Marx, 1843/44

Wer die herrschende Ideologie unbedingt eine Verschwörung nennen will, kann das natürlich tun. Dann muß er aber übersehen, daß Verschwörung eine Absprache voraussetzt, Ideologie aber keine benötigt. Man könnte sagen, Ideologie ist eine Absprache, die nicht mehr gewußt wird. Wenn Journalistinnen, weil z.B. die DDR seit einem Vierteljahrhundert tot ist, „Freiheit“ krähen, dann mag es eine von zehn geben, die trotzdem weiß, daß diese Freiheit nicht die Freiheit der Massen, sondern jene des Axel-Springer-Verlags ist. Die übrigen neun glauben daran. Sie kennen es nicht anders, sie haben nichts anderes gelernt, und wenn, haben sie gelernt, es zu vergessen. Wie gut sie ihr Klasseninteresse kennen, wissen sie gar nicht.

Hier wird die Zone allerdings grau, und ein Proselyt wie Reinhard Mohr, der früher über Springers Lügen schrieb und heute mit breiter Brust der Reaktion das Lied singt, ist im guten planen Sinn korrupt. Ebenso reaktionär sind aber die verschwörungstheoretischen Vorhalte gegen den Journalismus, weil sie, statt Ideologie zu diagnostizieren, Machenschaften vermuten, welche, sonst wären sie keine, die irgendwelcher Minderheiten (Juden) sind. „Weder links noch rechts“ seien jene, welche den Journalismus für eine Verschwörung halten, schreibt Leyendecker, und das stimmt eben nicht und nimmt, wie aus Versehen, die Reaktion in Schutz, die von Verschwörungsdenken immer profitiert. Doch ist der tapfere Aufklärer Leyendecker deshalb korrupt?

Nein. Er ist bloß gläubig. Er glaubt an die freiheitlich demokratische Grundordnung und den Journalismus, der ihr dient. Das soll ihm nur vorwerfen, wer der Ordnung etwas vorwerfen kann, das nichts mit Zion zu tun hat.




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Briefe an die Leser

 Hello, tagesschau.de!

All Deinen Leser/innen, die von Tim Walz, der für die US-Demokraten als Vizekandidat in den Wahlkampf ziehen soll, bisher noch nicht allzu viel gehört hatten, wusstest Du doch immerhin zu berichten, er sei ein ehemaliger »Lehrer und gilt als einer, der die einfache Sprache der Menschen spricht«. Und nichts für ungut, tagesschau.de, aber dass ein Kandidat im US-Wahlkampf, ein einstiger Lehrer zudem, Englisch spricht, das haben selbst wir uns schon beinahe gedacht.

Deine einfachen Menschen von Titanic

 Puh, »Frankfurter Rundschau«!

»Während im Süden Europas weiter enorme Hitze herrscht, sorgt ein kurzweiliges Tief in Deutschland für eine Abkühlung.« Es bleibt aber dabei: Die Tiefs sorgen für Abkühlung, und für die Kurzweil sorgen Deine Sprachkapriolen. Nicht durcheinanderbringen!

Warm grüßt Titanic

 Kunststück, »Welt«!

Im Interview mit der Rheinischen Post beschwerte sich Sängerin Cyndi Lauper darüber, dass Frauen ständig auf ihr Alter reduziert würden. Aus diesem Statement hast Du, Welt, nicht nur geschafft, einen ganzen Artikel zu stricken, Du hast auch noch äußerst subtil Deinen eigenen Standpunkt zur Causa klargemacht und Laupers Aussage folgendermaßen zusammengefasst: »Popsängerin Cyndi Lauper hält es für sexistisch, Frauen nach ihrem Alter zu fragen: ›Alter ist eine Kategorie, die benutzt wird, um uns kleinzuhalten‹, sagte die 71jährige.«

Wie clever von Dir! Indem Du das Alter genüsslich anmerkst, hast Du es der meckernden alten Frau aber mal so richtig gezeigt! Andererseits: Es nötig zu haben, aus Interviews anderer Zeitungen Artikel zusammenzukloppen – lässt das nicht Dich und Deinen angeblichen journalistischen Anspruch auch ziemlich alt aussehen?

Fragt Dein greises Kollegium von Titanic

 Gute Güte, sehr unverehrter Hassan Nasrallah!

Gute Güte, sehr unverehrter Hassan Nasrallah!

Sie sind Chef der Hisbollah, und ein neues Propagandavideo Ihrer freundlichen Organisation war mit einem Satz unterlegt, den Sie bereits 2018 gesagt haben sollen: Die Hisbollah besitze »Präzisions- und Nicht-Präzisionsraketen und Waffenfähigkeiten«, die Israel »mit einem Schicksal und einer Realität konfrontieren werden, die es sich nicht ausmalen kann«.

Das, Nasrallah, glauben wir, verkörpern Sie doch selbst eine Realität, die wir agnostischen Seelchen uns partout nicht ausmalen können: dass das Schicksal von Gott weiß wie vielen Menschen von einem Knall- und Sprengkopf wie Ihnen abhängt.

Ihre Präzisions- und Nicht-Präzisionsraketenwerferin Titanic

 Eine Frage, »Welt«-Newsletter …

Du informiertest Deine Abonnent/innen mit folgenden Worten über die Situation nach dem Hoteleinsturz in Kröv: »Bisher wurden zwei Menschen tot geborgen, weitere konnten verletzt – aber lebend – gerettet werden.« Aber wie viele Menschen wurden denn bitte verletzt, aber leider tot gerettet?

Rätselt knobelnd Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Steinzeitmythen

Fred Feuerstein hat nie im Steinbruch gearbeitet, er war Rhetoriker! Er hat vor 10 000 Jahren zum Beispiel den Whataboutism erfunden und zu seiner Losung erhoben: »Ja, aber … aber du!«

Alexander Grupe

 Hä?

Demenz kennt kein Alter.

Moppel Wehnemann

 Abschied

Juckeljuckeljuckel,
Das Meer liegt hinterm Buckel,
Dort vorne, da ist Dover,
Da ist die Reise over.

Gunnar Homann

 Meine Mitbewohnerin

legt Dinge, die nicht mehr so ganz intakt sind, in Essig ein. Dabei ist es egal, ob es sich um verkalkte, schmutzige oder verschimmelte Dinge handelt. Ich würde bei ihr den Verbrauch von Salzsäure in den kommenden Jahren intensiv beobachten – gerade falls ihr Partner unerwarteterweise verschwinden sollte.

Fia Meissner

 Verdrehte Welt

Vermehrt las ich in letzter Zeit, bei Männern werde die Kombination aus langen Haaren und Dreitagebart als besonders attraktiv wahrgenommen. Da bin ich kurz davor wohl doch wieder falsch abgebogen. Dafür bin ich jetzt stolzer Träger eines langen Bartes und Dreitagehaars.

Dennis Boysen

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
10.09.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Miriam Wurster
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer