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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Selbstverständlich Judenfeind

Auch wenn es nicht so ist, daß d. Verf. (obwohl er sich zugute halten darf, zu einem Teil der Beachtung, die diese Angelegenheit dann doch noch erfahren hat, beigetragen zu haben) sich darum risse, die eklige Sache ums Zuckerbergsche Krakentum noch einmal anzulangen, so ist sie doch schneller unter den neuesten Aufgeregtheiten um Krim und Wulff und Schalkes 1:6 begraben worden, als es der Besinnung darauf, was denn da eigentlich passiert ist, dienlich gewesen wäre.

Der Zeichner Mohr fiel aus allen Wolken, als man ihm hinrieb, die prototypisch antisemitische Zeichnung aus seiner Feder sei eine prototypisch antisemitische, und weil er nicht sich noch uns erklären konnte, wo in aller Welt die Hakennase plötzlich herkam, erklärte er es gar nicht, und weil die SZ nicht erklären konnte (oder wollte), warum der Stürmerjude Z. überhaupt in den Satz geschickt worden war, beließ sie es bei des Zeichners Erklärung, die nichts erklärte. Das versuchte Alan Posener in der Welt: „Es ist ja nicht so, daß man in der früheren Hauptstadt der Bewegung mit Absicht antisemitische Provokationen in die Welt setzt. Es ist vielmehr so, daß solche Dinge ganz ohne Absicht passieren. Es fällt halt niemandem in der Redaktion auf, daß man so etwas nicht tut. So wie ,es‘ aus Burkhard Mohrs Feder quasi automatisch fließt, wenn er sich mal fragt, wie man sich Mark Zuckerberg vorzustellen habe, so hat ,es‘ bei den zuständigen Redakteuren nichts dagegen, wenn der jüdische Staat oder ein jüdischstämmiger Unternehmer als Ungeheuer hingestellt werden. Gegen eine Absicht könnte man wenigstens etwas unternehmen. Gegen den unschuldigen Antisemitismus ist man hilflos.“

„Das Übel ist nicht, daß freie Menschen radikal böse handeln …, sondern daß noch keine Welt ist, in der sie … nicht mehr böse zu sein brauchten. Das Böse wäre demnach ihre eigene Unfreiheit: was Böses geschieht, käme aus ihr.“ Adorno, 1966

Es ist dies freilich nicht die Unschuld des Kindes, das ohne Absicht in die Hose macht, sondern die Unschuld desjenigen, der trotz Auschwitz-Gedenktag und Leistungskurs Geschi nichts anderes gelernt hat. Der Blogger Patrick Gensing zitiert die Forscherin Monika Schwarz-Friesel, „die rund 14 000 Leserbriefe an jüdische Institutionen ausgewertet hat“: „Man muß sich von der Vorstellung lösen, daß Antisemitismus ein normales Vorurteilssystem ist. Der Judenhaß ist Teil des kulturellen Codes vieler Menschen und gehört seit Jahrhunderten ungebrochen zum kommunikativen Gedächtnis der abendländischen Gesellschaft. Dagegen helfen oft weder Bildung noch Intelligenz.“ Antisemitismus ist kein Unfall und keine Sondermeinung skurriler Minderheiten; er existiert als (meist) stille, aber mächtige Unterströmung von Gesellschaft, welche, als strukturell gewalttätige, auf den tradierten Universalsündenbock nicht verzichten kann. Es ist mithin völlig glaubhaft, daß dem Mohr keine Sekunde klar war, welchen Code er da ins Lesbare übertrug, und nicht daß er es tat, will im Nachgang als Skandalon erscheinen, sondern mit welcher Automatik, mit welcher Selbstverständlich- und Arglosigkeit. Und mit welcher Selbstverständlich- und Arglosigkeit die Sauerei erst einmal in Druck ging, durchgewunken von Leuten, deren weltoffene Liberalität kein Lügendetektor zu überführen in der Lage wäre.  

Denn das ist Antisemitismus, nach wie vor und bis auf weiteres: eine Selbstverständlichkeit. Und wenn das der einzige Grund wäre, den ganzen Laden in Frage zu stellen, es wäre immer noch genug.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt