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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Schande

Zwei Männer, zwei Reden, doch jedem liberalen Journalisten fallen die Unterschiede sofort auf: „Genau das ist der Unterschied zu Martin Walsers Paulskirchen-Rede von 1998, in deren Kontinuität Höcke sich stellt. Walser erkannte damals ,unsere unvergängliche Schande’ wenigstens an, bevor er gegen die Erinnerungskultur polemisierte“ (Detlef Esslinger, SZ), wofür er, wir hatten das bereits, mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Höcke dagegen polemisierte ohne Disclaimer gegen die Erinnerungskultur, indem er gegen „diese Dauerpräsentation unserer Schande“ ätzte, „die unaufhörliche Präsentation unserer Schande“, die „Kranzabwurfstelle“ Holocaust-Denkmal und den „fußballfeldgroßen Albtraum im Herzen der Hauptstadt“ – bzw. war das ja wiederum Walser; Höcke dagegen in der unvergleichlichen Sprache des Unmenschen: „Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Folglich und füglich stießen laut „Frankfurter Allgemeine“ die so divergenten Äußerungen Höckes „insbesondere bei Holocaust-Überlebenden auf Entsetzen“, ganz anders als noch bei Walser: „Nach Walsers Rede war im Anschluß allgemein von den Anwesenden stehend applaudiert worden, mit Ausnahme des Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland Ignatz Bubis, dessen Frau Ida und Friedrich Schorlemmer“ (Wikipedia), welchletzterer bekanntlich kein Überlebender des Holocaust ist. Und also ist die Übersicht wieder hergestellt: Höcke ist der Nazi und Walser freilich kein „geistiger Brandstifter“ (Bubis), sondern der letzte große Nationaldichter, dessen jüngste Prosa-Ruderei das Feuilleton entsprechend geschlossen akklamiert hat.

„Dieses Gefühl, zugleich der Sieger und der Besiegte zu sein! Das ist das Leben selbst.“ Walser, 2017 

Was damals ein Skandal der Mitte war, ist heute einer von rechts, und das liegt nicht daran, daß dieses famose Land nach links gerückt wäre. Im Gegenteil ist die „Wiedergutwerdung der Deutschen“ (Eike Geisel) im „besten Deutschland aller Zeiten“ (Pfr. Gauck) längst abgeschlossen, was bedingt, daß dieselben Meinungen, die das nationale Selbstbild einst geraderücken halfen, spätestens dann als falsche gelten müssen, wenn sie von den falschen, nicht vorzeigbaren Leuten geäußert werden. Von „Höckes moralischer Verdunkelung“ sprach denn auch eine Hoffnung namens Justus Bender in der FAZ und machte ohne jeden Arg deutlich, was das neue Deutschland in den letzten Jahrzehnten moralisch gestemmt hat – und zu wessen Nutzen:

„Der zentrale Standort des Denkmals entspricht der Bedeutung, welche die Erinnerungskultur in der Bundesrepublik hat. Schließlich gehört die Losung, Menschheitsverbrechen wie die Schoa dürften sich niemals wiederholen, zum Fundament der bundesrepublikanischen Verfassungsordnung“, die Verbrechen der Menschheit an der Menschheit halt einfach nicht mehr gutheißt. „Daß Höcke nicht mit Stolz auf die Integrität blickt, mit der sich Deutschland seiner Vergangenheit gestellt hat“, nach zwanzig, dreißig, fünfzig Jahren, als die ganzen dicken Nazis in Amt und Würden endlich tot waren, und auch dann nur so verlogen und selbstmitleidig wie nur eben möglich, „sondern mit einem Gefühl der Angegriffenheit. Daß er sich für die Hauptstadt lieber eine pompöse Inszenierung nationaler Größe wünscht als neben viel Herrschaftsarchitektur auch einen Ort stiller Nachdenklichkeit, an dem nicht ein therapiebedürftiger Schuldkomplex, sondern eine Haltung von moralischer Größe ausgedrückt wird“, wie sie ja bereits in dem fürstlichen Taschengeld zum Ausdruck drängte, mit dem die deutsche Industrie nach Jahrzehnten ihre Zwangsarbeiter abgefunden hat. „Selbst in den romantischen Begrifflichkeiten eines Björn Höcke könnte daraus ein Nationalstolz erwachsen, der nicht ausgrenzt“ und der mit 50 Millionen Vergasten, Erschossenen, Ausgehungerten, zu Tode Gefolterten und bei lebendigem Leibe Verbrannten halt nicht zu teuer bezahlt ist.

Per aspera ad astra: Das ist sie, die Instrumentalisierung von Auschwitz zu gegenwärtigen Zwecken. Müßten wir olle Walser fast mal recht geben. 




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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