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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Leviathan

Der neue Bioladen in unserem Viertel, ein Kettenprodukt, hat ein Zeitschriftenregal, und wer das Land, in dem zu leben wir die Aufgabe haben, auf den Begriff gebracht haben möchte, der kämpfe den Ekel nieder und sehe sich das an, diese durchaus repräsentative Mischung aus Landleben, Esoterik, Service und Scheißkram, in der sich das Lebensideal der bürgerlichen Bio-Mitte abgebildet findet, deren Horizont da aufhören darf, wo der (ebenfalls ausliegende) Spiegel Klugheit diagnostiziert als eine, die nicht durch Arno Schmidt noch Dietmar Dath befördert wird, sondern durch Computerspiele. Weil die halt gut für die Reflexe sind.

Direkt aus diesem (im kritisch-theoretischen Sinne) totalen Elend kommend, liest man die nicht eben neue, aber seitenlange SZ-Klage übers öffentlich-rechtliche Sedier- und Knallkopf-Fernsehen mit seinem gebührenfinanzierten Krimigedöns noch einmal anders; denn bildet dieses etwas anderes ab als den Inhalt jenes Zeitschriftenregals? Und nämlich die lokal besonders ausgeprägte Neigung zu fanatischer Regression und willigem Jasagen? Und was bedeutet es, daß das golden age of television fast ausschließlich ein angelsächsisches ist, während man in Deutschland, ist man noch bei Trost, ganz einfach nicht mehr fernsehen kann? Wie denkbar wäre „Breaking Bad“, diese epische kapitalistische Allegorie, in einem Land, in dem Systemfragen nicht einmal mehr in Nebensätzen gestellt werden und die komplette Journalistik sich auf staatsfrommes Blödeln verständigt hat? Wie vorstellbar „House of Cards“ in einem Umfeld, das wirkt wie ein Goebbelscher Ufa-Schwarzweißfilm?

„Aber ,Konformismus' ? : das ist die selbstgewollte Uniformität in der Restauration !“ Arno Schmidt, 1957

Nun ist auch gutes Fernsehen Kulturindustrie, und der Kapitalismus in den USA und Großbritannien ist ja nicht freundlicher als hierzulande, im Gegenteil. Aber er ist ein vergleichsweise ehrlicher; und während der Ami, bei allem patriotischen Gelärme, Staatlichkeit als feindlich auffaßt und der Tommy Personalausweise weder kennt noch wünscht, ist die nationale Sache hierzulande Sache einer Volksgemeinschaft, die von Kapitalismus, Klassengesellschaft und den zugehörigen Widersprüchen nichts wissen will. Wenn sich der Gauck öffentlich mehr Neoliberalismus wünscht, dann springt ihm die freie Presse bei und erinnert an den „Neu-Liberalen“ Walter Eucken, den Erfinder der sog. sozialen Marktwirtschaft, der, als sei das ein und dasselbe, „die Zentralwirtschaft des NS-Staates und des Sozialismus“ abgelehnt habe, und sucht dieselbe Presse bona fide Beispiele für gelungenes deutsches Serienfernsehen, dann fallen ihr „Weißensee“ und „Unsere Mütter, unsere Väter“ ein, also Stasi-Kitsch und offen revisionistischer Dreck.

Kunst, und finde sie auch als Fernsehen statt, braucht Distanz und Haltung. Nichts davon hat auch nur irgendeiner (m/w), der beim deutschen Fernsehen beschäftigt ist, wie überhaupt Distanz und Haltung nicht eben Zutaten des deutschen Volkscharakters sind. Je mehr „Nazi=on“ (Schmidt), desto tiefer die Provinz in den Köpfen, und wo die Freiheit des Denkens nottäte, gibt’s nur die Freiheit des Gauck. Das hiesige Fernsehen, über das sich die sich klüger Dünkenden beschweren, ist nichts weiter als ein paßgenau deutsches, und wer sich für dieses Land ein anderes Fernsehen wünscht, der muß sich ein anderes Land wünschen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella