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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Krisenmanagement

„In Deutschland sind über zwei Millionen Kinder von Armut betroffen“, heißt im Weihnachtsbrief des Deutschen Roten Kreuzes. „Die Wohnungsnot ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, hieß es letztens in der Zeitung. In Nordrhein-Westfalen ist der Feldhamster, las ich andernorts, ausgestorben; immer mehr heimische Vogelarten verschwinden oder sind längst verschwunden, der Kuckuck zum Beispiel wird die Klimaerwärmung wohl nicht überleben; und wegen Insektensterben, Klimawandel und monokultureller Idiotie wird der Apfelanbau, am Bodensee und anderswo, in näherer Zukunft in ernste Schwierigkeiten geraten. (In Kalifornien und China werden die Blüten bereits von Hand bestäubt.) Derweil ist der Absatz von Sportgeländewagen ungebrochen und sehen selbst Leute mit Kindersitz keinen Widerspruch darin, den Nachwuchs in Autos durch die Welt zu kutschieren, die nicht nur diese Welt ruinieren helfen, sondern anderen Kindern bei einem Unfall keine Chance lassen; und tun moderne Eltern für ihre Kinder alles, sind aber, sofern der morgendliche Ausflug in die Stadtteilbibliothek irgendwas besagt, nicht in der Lage, auch nur für zwei Minuten ihre elenden Daddelphones im Parka zu lassen.

Shampoos und Cremes, sofern nicht aus dem Bioladen, sind randvoll mit Mikrokunststoff, der die Gewässer versaut und irgendwann wieder auf dem Teller landet; der Fernsehbericht darüber ist von der Erheblichkeit dieser Tatsache aber so wenig überzeugt, dass er mit Hochgeschwindigkeitsmontage und völlig sinnlosen Zooms (bei Interviews!: rein ins Gesicht, raus ausm Gesicht) um die Aufmerksamkeit der Leute buhlt, die ihr Daddelphone nicht aus der Hand legen können und deren Sprachschatz sich so rasant auf die Hauptbestandteile „alles gut“ und „lecker“ reduziert; derweil kopiert ein ARD-Fernsehfilm, ohne es wohl selbst zu merken, fugenlos die Bild- und Musiksprache der Margarinewerbung, und die Morgenzeitung – wo, wer’s aushält, verfolgen kann, wie das Plusquamperfekt aus der Sprache verschwindet, das totaler, verhältnisloser Gegenwart halt auch im Weg steht – hat gleichzeitig keine Schwierigkeiten mit der Schlagzeile: „O Pannenbaum“.

„,Wie meinst ,Krise’, Spatzl? – ,Ja merkst du das denn nicht? Merkst du nicht, in was wir da alle hineinschlittern?’ – ,In was?’ – ,Aber das liegt doch förmlich in der Luft, ich saug mir das doch nicht aus den Fingern, das spürn wir doch alle!’“ Dietl/Süskind, 1983 

Nennen wir’s ruhig Krise: ökologisch, geistig, sittlich, und selten genug, daß ich mit der Zeitung mal d’accord bin: „Daß in Deutschland gerade etwas schiefläuft, das gilt vielen als der einzig sichere Befund in diesen unsicheren Zeiten … So viel Ungewißheit, die Republik im Stillstand, das Land in der Schwebe. Wer hat da Angst? Wer hat nun Hoffnung? … Siemens schmeiße raus, und die Politik schmeiße hin. Dafür habe man nicht gewählt … Was darf eine Demokratie den Bürgern zumuten? Oder, andersherum: Was müssen die Bürger auch einmal aushalten können? … So eine Krise prüft ein Land … Hört man [Herfried Münkler, der jüngst ein Buch zum Dreißigjährigen Krieg veröffentlicht hat] zu, erscheinen Mißlichkeiten wie der Rückzug eines FDP-Chefs aus der Jamaika-Runde im Vergleich zur Auslöschung Magdeburgs 1631 als Fliegenschiß der Geschichte.“

Allerdings nur dann. Ein Satz, der nach dem Nannen-Preis geradezu schreit.

Wer solch krisenfesten Journalismus hat, muß sich vor dem Weltuntergang jedenfalls nicht fürchten. Er mag ihn fast herbeisehnen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Moin, »Spiegel«!

Bei dem Artikel »Wir gegen uns« wussten wir nach dem Artikelvorspann »Die linksextreme Szene in Deutschland hat einen neuen Gegner: sich selbst« schon, dass da nichts Kluges drinstehen kann. Die Linke sich selbst ein »neuer Gegner«? Da drehen sich aber so einige vor Lachen im Grabe um.

Nicht ganz so geschichtsvergessen: Titanic

 Eine dicke Nuss, »ZDF heute«,

hast Du uns da zu rechnen gegeben: »Die Summe aus sinkenden Ticketverkäufen und gestiegenen Kosten« führe dazu, dass Festivals heutzutage meist ein »Minusgeschäft« seien.

Also wenn man die Ticketverkäufe und die gestiegenen Kosten addiert, wie man es ja in der Erstsemester-BWL-Vorlesung gelernt hat, und davon ausgeht, dass die Ticketverkäufe trotz Flaute größer als Null bleiben und auch die Kosten eine positive Zahl bilden, die Summe entsprechend ebenfalls positiv bleibt (und kein »Minusgeschäft« ergeben kann), dann müsste das Ergebnis doch sein … hmm … ja, genau: dass Du wirklich keine Ahnung von Mathe hast.

Aber mach Dir nichts draus, dafür hast Du ja Deine Zählsorger/innen von Titanic

 LOL, Model Anna Ermakova!

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung verrieten Sie Ihre sprachlichen Ambitionen: »Ich möchte unbedingt lernen, Witze auf Deutsch zu machen. Ich will die Leute zum Lachen bringen, ohne dass sie nur über mich lachen«. In Deutschland fühlten Sie inzwischen »eine solche Wärme«.

Der war schon mal gut!

Loben die Witzeprofis von Titanic

 Tagesschau.de!

»Sei nicht immer so negativ!« wollten wir Dir schon mit auf den Weg geben, als Du vermeldetest: »Juli stellt knapp keinen Temperaturrekord auf«. Auf Schlagzeilen wie »Zehnkämpfer Leo Neugebauer erringt in Paris knapp keine Goldmedaille«, »Rechtsextremer Mob erstürmt im nordenglischen Rotherham knapp kein potentiell als Asylunterkunft genutztes Hotel« oder »19jähriger Islamist richtet bei Taylor-Swift-Konzerten in Wien knapp kein Massaker an« hast Du dann aber doch verzichtet.

Es gibt sie also noch, die positiven Nachrichten.

Vor allem von Titanic

 Etwas unklar, mallorquinische Demonstrant/innen,

war uns, warum wir Euch bei den Demos gegen den Massentourismus immer wieder palästinensische Flaggen schwenken sehen. Wir haben lange darüber nachgedacht, welchen logischen Zusammenhang es zwischen dem Nahostkonflikt und Eurem Anliegen geben könnte, bis es uns einfiel: Na klar, Ihr macht Euch sicherlich stark für eine Zwei-Staaten-Lösung, bei der der S’Arenal-Streifen und das West-Malleland abgeteilt werden und der Rest der Insel Euch gehört.

Drücken die diplomatischen Daumen: Eure Friedenstauben von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Steinzeitmythen

Fred Feuerstein hat nie im Steinbruch gearbeitet, er war Rhetoriker! Er hat vor 10 000 Jahren zum Beispiel den Whataboutism erfunden und zu seiner Losung erhoben: »Ja, aber … aber du!«

Alexander Grupe

 Verdrehte Welt

Vermehrt las ich in letzter Zeit, bei Männern werde die Kombination aus langen Haaren und Dreitagebart als besonders attraktiv wahrgenommen. Da bin ich kurz davor wohl doch wieder falsch abgebogen. Dafür bin ich jetzt stolzer Träger eines langen Bartes und Dreitagehaars.

Dennis Boysen

 Abwesenheit

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich bin vom 02.–05.09. abweisend. Ab 06.09. bin ich dann wieder freundlich.

Norbert Behr

 Meine Mitbewohnerin

legt Dinge, die nicht mehr so ganz intakt sind, in Essig ein. Dabei ist es egal, ob es sich um verkalkte, schmutzige oder verschimmelte Dinge handelt. Ich würde bei ihr den Verbrauch von Salzsäure in den kommenden Jahren intensiv beobachten – gerade falls ihr Partner unerwarteterweise verschwinden sollte.

Fia Meissner

 Zero Punkte für den Underdog

Nach meinem Urlaub in Holstein möchte ich an dieser Stelle eine Lanze für die oft zu Unrecht belächelte Ostsee brechen. Jene, so heißt es, sei eigentlich gar kein richtiges Meer und habe ihre unwürdige Existenz bloß einer brackigen XXL-Schmelzwasserpfütze zu verdanken. Wellen und Brandung seien lächerlich, die Strände mickrig und das Leben unter Wasser mit der Artenvielfalt in einem Löschtümpel vergleichbar. Außerdem habe ein Gewässer, in das man vierhundert Meter hineinschwimmen und danach selbst als Siebenjähriger noch bequem stehen könne, das Prädikat »maritim« schlicht nicht verdient. Vorurteile, die ich nur zu gerne mit fantastischen Bildern und spektakulären Videos widerlegen würde. Doch daraus wird dieses Mal nichts. Leider habe ich meine kompletten Küsten-Campingferien aus Versehen im »Freibad am Kleinen Dieksee« verbracht und den Unterschied erst zu spät bemerkt!

Patric Hemgesberg

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
24.09.2024 Oldenburg, Jasper-Haus Bernd Eilert
24.09.2024 Stade, Stadeum Hauck & Bauer und Thomas Gsella
25.09.2024 Leichlingen, Bürgerhaus Hauck & Bauer und Thomas Gsella
26.09.2024 Lüneburg, Spätcafé im Glockenhof Ella Carina Werner