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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Zweifellos

In dieser Kolumne kann ich im Grunde nicht viel falsch machen: Hab ich recht, dann hab ich recht; hab ich einmal nicht recht, um so besser, weil dann irgend etwas nicht so arg steht, wie ich gemeint hab’.

Es verdankt sich diesem Zusammenhang, daß mich Nachrichten, die quasi wortgleich noch das bestätigen, was ich polemisch zusammengefaßt habe, den Kern des beruflichen Selbstverständnisses berühren: Im besten Fall ist man ja so was wie ein Müllmann, der den Dreck Woche für Woche wenigstens symbolisch beiseite räumt; im nicht so günstigen wäre man ein Aasfresser, der sich an dem labt, was da tot am Wegrand liegt. Im „Freitag“ berichtet eine Schauspielerin von ihrer Zeit unter Hartz IV, dieser „Martermühle“ und „Schreckenskammer der Gesellschaft“: Armut sei „selbst im Kollegenkreis tabu. Manche hungern und frieren, aus Stolz, aus Scham, aus Furcht vorm Amt. Ich ging hin; doch nach elf fehlerhaften Bescheiden, zehn Widersprüchen und einer Sanktion wurde mir klar: Hartz IV bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen“, die nämlich, wir hatten das, selbst schuld sind und für die Mehrheit schuld sein sollen. „,Hier hast du auch was zu trinken!’, sagte ein Politiker, als er bei einem Weinfest einem Obdachlosen Sekt über den Kopf goß. Fußfesseln für Arbeitslose wurden diskutiert, ein Professor schlug vor, Arbeitslose sollten ihre Organe verkaufen (dürfen). Selbst schwangere Frauen werden ,sanktioniert’. Sie können wegen Stromsperren nach Leistungskürzungen ihren Babys kein Fläschchen mehr warm machen. Ich wollte die unglaublichen Geschichten erzählen und schrieb ein Buch, wie das Alltagsleben mit Heart’s Fear wirklich ist: erniedrigend, bedrohlich, bedrückend, aussichtslos, existenzgefährdend, absurd“; und Teil einer „skrupellosen Gesellschaft“.

„Nicht der Zweifel, die Gewißheit ist das, was wahnsinnig macht …“ Nietzsche, 1888

Im Morgenblatt berichtet derweil ein „Spiegel“-Journalist indisch-pakistanischer Abkunft über die Haßmails, die er Tag für Tag bekommt: „Man schrieb mir zum Beispiel auch schon, daß eine Ratte, die in einem Pferdestall geboren ist, trotzdem immer eine Ratte bleiben wird – und niemals ein Pferd werden kann. Diese Zeilen kamen übrigens von einem Juraprofessor.“ Im Feuilleton fällt im Zuge einer Konzertkritik das Wort „Frustrations-Rechtsruck“; worüber der Juraprofessor wohl frustriert ist? Daß ihm sein schönes Vaterland durch Ratten – Ratten! – derart versaut wird?

Der sagenhafte Dietmar Dath in der „Frankfurter Allgemeinen“: „Der ,Gesellschaftvertrag’, den Marx in Verlängerung und Zuspitzung von Rousseaus einziger wirklich guter Idee realisiert wissen wollte, wird von allen mit allen geschlossen, macht so Privilegien unmöglich und schützt damit unter anderem auch die Privatsphäre, übrigens auch das Eigentum an persönlichen Gebrauchswerten (das andernfalls von denen, die Produktionsmittel besitzen, zugeteilt oder entzogen werden kann).“ Der aktuell gültige Gesellschaftsvertrag kommt da nicht ganz mit, sieht er doch vor, daß die, die haben, das, was sie haben, behalten und mehren können, und zwar um so sicherer, je mehr sie haben; und unterstellen wir, dies sei – auch wenn Eigentum grundgesetzlich irgendwie „verpflichtet“ – tatsächlich das, worum es dieser Gesellschaft geht (und wir können es, weil sie ja eine „marktkonforme“ ist), dann folgen daraus noch jene Skrupellosigkeiten ganz logisch, die auf den ersten Blick bloß pathologisch dünken: Denn auch das Schwein, das Menschen Ratten heißt, ist das Produkt einer Privilegswirtschaft, die sich eine Gesellschaft so hält wie ein völkischer Ordinarius seine fremdrassige Putzfrau.

Ein Skrupel ist laut Fremdwortduden zuallererst ein „Zweifel“. Ein Zweifel an der Triftigkeit dessen, was da zur Zeit Gesellschaft ist, besteht bekanntlich nicht mehr. Das macht Gesellschaft skrupellos; und Hartz IV ist nicht irgendein Unfall oder Auswuchs, sondern, traun, ihr genuiner Ausdruck.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Nachdem wir, »Spiegel«,

Deine Überschrift »Mann steckt sich bei Milchkühen mit Vogelgrippe an« gelesen hatten, müssen wir selbst kurz in ein Fieberdelirium verfallen sein. Auf einmal waberte da Schlagzeile nach Schlagzeile vor unseren Augen vorbei: »Affe steckt sich bei Vögeln mit Rinderwahnsinn an«, »Vogel steckt sich bei Mann mit Affenpocken an«, »Rind steckt sich bei Hund mit Katzenschnupfen an«, »Katze steckt sich bei Krebs mit Schweinepest an« und »Wasser steckt sich bei Feuer mit Windpocken an«.

Stecken sich auf den Schreck erst mal eine an:

Deine Tierfreund/innen von Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 Mmmh, Futterparadies Frankfurt a. M.!

Du spielst in einem Feinschmecker-Ranking, das die Dichte der Michelin-Sterne-Restaurants großer Städte verglichen hat, international ganz oben mit: »Laut einer Studie des renommierten Gourmet-Magazins Chef’s Pencil teilen sich in der hessischen Metropole 77 307 Einwohner ein Sterne-Restaurant.«

Aber, mal ehrlich, Frankfurt: Sind das dann überhaupt noch echte Gourmet-Tempel für uns anspruchsvolle Genießer/innen? Wird dort wirklich noch köstlichste Haute Cuisine der allerersten Kajüte serviert?

Uns klingt das nämlich viel eher nach monströsen Werkskantinen mit übelster Massenabfertigung!

Rümpft blasiert die Nase: die Kombüsenbesatzung der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
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09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster