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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Eine Geschichte voller Missverständnisse

Wenn es einem Esel wie mir zu wohl ist, wagt er sich aufs Eis, aber warum, frage ich mich, weil es sich die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch fragt und mit ihr das interviewende Morgenblatt, steht auf Monatsprodukten bloß immer „Hygiene“ drauf und nicht „Periode“? Und wie groß ist also der Fortschritt, dass eine Supermarktkette in Neuseeland nun Klartext reden will, denn „Menstruation sei eine natürliche Körperfunktion und müsse nicht versteckt werden, sagte eine Sprecherin“?

„Das Thema ist noch immer schambehaftet“, beginnt die Pusch-Nachricht. „Frauen schmuggeln Tampons in der Faust aufs Klo, obwohl sie verpackt sind. Weil ein Tampon an Menstruation und Blut erinnert, und das gilt als eklig. Die Industrie folgt hier den Gepflogenheiten der Kultur: Sie passt sich an und erklärt eine Produktgruppe zum Tabu, macht aber dennoch ein gewaltiges Geschäft.“ Das freilich nicht kleiner werden wird, wenn nun plötzlich „Periode“ auf der Packung steht; wär’s nämlich so, würde die Industrie von diesem Schritt sicher absehen. „Die Menstruation von Schamgefühl zu befreien ist ein letzter Schritt (der) sexuellen Revolution … Denkbar wäre etwa, eine Menstruationsbeauftragte ins Familien- und Gesundheitsministerium zu integrieren … Diese ganzen ,Hygieneprodukte’ lassen eine millionenfache Tatsache einfach so verschwinden. Frauen tanzen in weißen Kleidern über Blumenwiesen, ihre Menstruationsflüssigkeit in der Werbung ist blau. Ich finde das unheimlich, man fragt sich: Ist die Frau krank oder vergiftet? Menstruationshygiene sollte etwas Selbstverständliches sein, so selbstverständlich wie Zahnhygiene.“

Ob es Monatshygiene aber selbstverständlicher macht, wenn die Menstruationsbeauftragte dafür sorgt, dass Frauen sich in der Fernsehwerbung, statt über Blumenwiesen zu tanzen, mit benutzten Tampons bewerfen, ist die Frage, wie die ganzen „Hygieneprodukte“ eine Sache nicht dadurch verschwinden lassen, dass sie in jeder Drogerie zentnerweise und gut sichtbar im Regal liegen und auf der Tamponpackung auch „Tampon“ draufsteht. Ob es tatsächlich der letzte Schritt der sexuellen Revolution ist, da nun „Tampon (für Monatsblut)“ draufzuschreiben? Und ist die blaue Flüssigkeit wirklich das Verschweigen einer millionenfachen Tatsache oder eher eine freundliche Abstraktion? Einer halben Erinnerung zufolge stand in den Spots sogar immer „Testflüssigkeit“ drunter, so wie in der Babywindelwerbung auch, und vielleicht ist es ja bloß diskret, Körperflüssigkeiten in der Öffentlichkeit durch Testflüssigkeiten zu ersetzen. Es ist nämlich, fragt man mich, schon genug Körper in der Öffentlichkeit.

„Distanz und Scham lassen sich nicht in die beschleunigten Kreisläufe des Kapitals, der Information und der Kommunikation integrieren. So werden alle diskreten Rückzugsräume im Namen der Transparenz beseitigt. Sie werden ausgeleuchtet und ausgebeutet. Die Welt wird dadurch schamloser und nackter.“ Byung-Chul Han, 2017

Das bedeutet weder, dass menstruierende Frauen, wie in der Welt leider noch üblich, zuhause bleiben sollen, noch dass sich wer für seine Flüssigkeiten schämen muss, so wie sich auch keiner für seine Meinungen, seine Freunde und deren Meinungen zu schämen braucht, ohne dass es gleich revolutionär wäre, Handygespräche über Lautsprecher zu führen. Es ist tatsächlich Gepflogenheit von Kultur, dass Blut, Sperma, Kot, Urin keine öffentlichen Angelegenheiten seien, und sowenig ich mich fürs Furzen als natürliche Körperfunktion schäme, sowenig muss ich’s doch in der Straßenbahn tun. Frauen kriegen ihre Regel, gut, doch wenn sie das ins Handy schreien, damit der Bus dran teilhat, ist zwar etwas vollendet, aber nicht die sexuelle Revolution.

Über Jahrtausende waren Frauen Opfer männlicher Körperpolitik, und dass jetzt „Periode“ auf der Packung steht, wird vielleicht tatsächlich als Befreiung empfunden. Aber das triumphale Tabubruchs- und Raus-damit-Gekrähe scheint mir doch zu übersehen, dass schambefreite Körperfreude längst etwas Reaktionäres hat und Perioden-Power schlechterenfalls nicht Emanzipation, sondern bloß Neue Weiblichkeit markiert. „Als Linguistin finde ich aber auch die Syntax bemerkenswert: Ich habe Migräne, Durchfall, meine Tage – als wäre es eine Krankheit. Man könnte auch sagen: Ich erlebe meine Tage.“ Ganz bewusst vermutlich, so wie es Frauen tun, die ihre Plazenta in den Garten buddeln oder nicht zum ersten Mal unsinnige Analogien finden: Denn Frau haben genausogut gute Laune, den Durchblick oder sogar Glück.

Wenigstens hoffe ich das; i-ah.




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Briefe an die Leser

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»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

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Deiner Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

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Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
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Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
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 Frühlingsgefühle

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wenn überall Narzissen blühen,
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 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
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