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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ein Sinngeber

Dass die gegenwärtige Viruskrise das Kleingewerbe besonders trifft, sei mit Blick auf mein eigenes nicht zum Witz gemacht, besteht doch mein Problem bloß darin, wie in derart monothematischen Zeiten eine Kolumne zu bewirtschaften ist; oder ja sogar deren zwei; oder, rechnen wir die (übrigens sehr guete) in der (ebenfalls sehr gueten) „Wochenzeitung“ (Zürich) hinzu, drei, wobei da die lokalen, wunderbaren Kolleginnen und Kollegen helfen. Bei der Gelegenheit und weil grad Zeit ist möchte ich das Urheberrecht auf den WOZ-Kolumnenwitz vom vergangenen Donnerstag anmelden, falls ihn, was ich gar nicht glauben mag, nicht schon wer gemacht hat: „Das bayerische Abitur lässt sich letztlich ohne Hochschulabschluss gar nicht bewältigen“, und im letzten Jahr hat das sogar gestimmt.

Jasper von Altenbockum, ein sicherer Banker in Saure-Virus-Zeiten wie diesen, hat, das wird aus Wikipedia nicht recht klar, entweder ein achtbares rheinland-pfälzisches oder ein unschlagbares baden-württembergisches Abitur, was ihn zu allerlei berechtigt, etwa zu einer ungetrübten Spargelsaison: „Die Corona-Krise schreibt ihre ersten leicht widersinnigen Geschichten. Um doch noch die benötigten dreihunderttausend Saisonhelfer für die Gemüse-Ernte in Deutschland zu organisieren, wird es nicht ohne Improvisationskunst abgehen können – es sei denn, das Gemüse verdirbt auf den Feldern.“ Andersrum, Jasper: Das Gemüse wird auf den Feldern verderben, es sei denn, es gelingt ein Improvisationskunststück, das den Ausfall der ausländischen Erntehilfe kompensiert. Ein „Katastrophenfall de luxe“ ist nämlich eingetreten, und „der Katastrophenfall erlaubt es durchaus, inländische Arbeitskräfte dort einzusetzen, wo es dringend nötig ist, auch wenn sie davon nicht begeistert sind“.

Ihm wird doch nicht fad geworden sein in der Frankfurter Redaktion? Er wird sich doch nicht sehnen nach Sonnenschein, frischer Luft und Rückenschmerzen? Für einen Stundenlohn, der auf der Fressgass für einen Cappuccino reicht? „Aber schon wird bis in das Bundeslandwirtschaftsministerium vor der Rekrutierung von ,Zwangsarbeitern’ gewarnt, etwa Studenten. Das mag daran liegen, dass Julia Klöckner aus eigener Erfahrung weiß, dass sich Soziologie-Studenten für schwere Landarbeit einfach nicht eignen. Geschweige denn zum Spargelstechen.“

„Er war bei ihnen gesessen / In der Zeit ihres Kampfes / Wo sie jeden nahmen / Der ihnen half. / Später dann, in der Zeit nach dem Kampf / … Blieb er plötzlich aus.“ Brecht, 1933

Sowenig wie ehemalige solche der Geschichte, die auch gar keine Zeit hätten, den Spargel, den sie verzehren, auch noch selbst zu ernten, es wäre dies ja auch ein Verstoß gegen das eherne Frankfurter Prinzip von oben und unten: Sich von der harten Arbeit anderer ernähren, das ist soziale Marktwirtschaft oder, in „Notzeiten“ (Jasper), sogar „Solidarität“, die „einzufordern“ (deutsch: zu fordern) „nicht nur heiße Luft“ bedeuten darf, sondern auch, jawoll: „Zumutungen“.

Wenn auch nicht für einen Frankfurter Allgemeinen Zeitungsredakteur, für den die Grenzen der Zumutbarkeit bereits dann weit überschritten sind, wenn in der Kantine der Pudding alle ist oder ein Frühling ohne Spargelgericht stattfinden soll, was zu verhindern jede Zumutung wert ist; sofern sie bloß arme Schlucker oder potentielle Diversantinnen trifft, die, wo Solidarität und harte Arbeit nottäten, sich mit „irgendeiner Soziologie“ (Gunnar Homann) die Zeit vertreiben. Dass man nicht mal faule Hartzer zur Spargelernte pressen kann, wird Jasper da so bedauern wie die von Missgünstigen wie mir gezogene Parallele zum sog. Ernteeinsatz in der Deutschen Demokratischen Republik, deren Unrechtscharakter aber gerade hier sehr deutlich sichtbar wird, denn da fehlten die billigen Bulgaren halt immer. Mangelwirtschaft, widerlich.

Gemüsebauer, der Angst um seine Ernte hat, möchte man nicht sein; doch um wieviel weniger ein Erzähler allzu sinniger Geschichten, bei dem „Solidarität“ noch im Frühjahr klingt wie Winterhilfswerk.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Tatütata, LKA Niedersachsen!

»Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin«, sagt angeblich das gesuchte ehemalige RAF-Mitglied Burkhard Garweg gut gelaunt in einem Video, das bei der Fahndung im Presseportal unter der Rubrik »Blaulicht« veröffentlicht wurde. Die Fahnder/innen erhofften sich dadurch, so heißt es, neue Hinweise, und richten sich deshalb mit den Fragen an die Bevölkerung: »Wer ist ›Karin‹ bzw. ›Carin‹?« und: »In welchem Zusammenhang steht sie zu Burkhard Garweg?«. Schön und gut, da möchten wir nach einem derartigen Cliffhanger nun aber auch die Frage hinzufügen: Wie ist Karins Prüfung denn nun eigentlich gelaufen?

Hinweise an Titanic

 Interessant, was Sie da sagten, Erling Haaland (Manchester City)!

»Die besten Spieler sind die besten in den einfachsten Dingen. Mit der rechten Hand berühren und mit der linken passen. Das ist das Wichtigste. Pep sagt das immer wieder zu mir.«

Mit welcher Hand man dann das Tor erzielt, ist egal, meint im Gedenken an Diego Maradona Titanic

 Keine Frage, DHT Speditionsgesellschaft,

steht da auf Deinen Lkw, sondern eine Aussage: »Lust auf Last«.

Als Du damit auf der Autobahn an uns vorbeirauschtest, waren wir erst mal verwirrt: Kann man wirklich Lust auf etwas haben, was laut Duden »durch sein Gewicht als drückend empfunden wird«? Erst dachten wir noch, dass Du vielleicht was anderes damit meinst. »Last Christmas, I gave you my heart«, »Last uns froh und munter sein«, »I last my heart in San Francisco« – irgendwie so was.

Aber offenbar behauptest Du tatsächlich einfach, dass Du Spaß an der monotonen und zermürbenden Aufgabe hättest, dem Kapitalismus seine Waren über die stinkenden Autobahnen zu fahren, dabei Sonntage auf zugepissten Autohöfen zu verbringen und Dich beim Überholmanöver von Teslas und Audi A-Sonstwas anhupen zu lassen. Diese »Lust« wünschen wir Dir von ganzem Herzen, aber vermuten doch ganz stark, dass Dir der Spruch von jemandem auf den Lkw diktiert wurde, der bei der Berufswahl »Lust auf Marketing« hatte und seine Mittagspausen nicht in der Fahrerkabine, sondern beim Bagel-Laden in der Innenstadt verbringt.

Fahren an der nächsten Ausfahrt ab: Deine Leichtgewichte von Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

 Schrödingers Ruhebereich

Wenn es im Abteil so still ist, dass ein Fahrgast einschläft und dann übertrieben laut schnarcht.

Loreen Bauer

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella