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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ein Geschenk

Wie rund das immer alles läuft: Zum Geburtstag des Grundgesetzes darf der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani im Bundestag sprechen, und er tut, was von ihm erwartet wird: Er hält eine Rede, in der er das Land der Deutschen „scharf kritisiert“ (SZ, irgendwann hau ich ihnen das persönlich um die Ohren), indem er es nämlich Satz für Satz für Satz lobt und preist als, mit Gauck, das beste, toleranteste und friedlichste Deutschland aller Zeiten, auch wenn er, hier kommt der Haken, dies „nicht im Namen von allen Einwanderern“ tun könne, „nicht im Namen von Djamaa Isu, der sich fast auf den Tag genau vor einem Jahr im Erstaufnahmelager Eisenhüttenstadt mit einem Gürtel erhängte aus Angst, ohne Prüfung seines Asylantrages in ein sogenanntes Drittland abgeschoben zu werden, nicht im Namen von Mehmet Kubasik und den anderen Opfern des Nationalsozialistischen Untergrunds, die von den ermittelnden Behörden und den größten Zeitungen des Landes über Jahre als Kriminelle verleumdet wurden, nicht im Namen auch nur eines jüdischen Einwanderers oder Rückkehrers, der die Ermordung beinahe seines ganzen Volkes niemals für bewältigt halten kann –, aber doch im Namen von vielen, von Millionen Menschen, im Namen der Gastarbeiter, die längst keine Gäste mehr sind, im Namen ihrer Kinder und Kindeskinder, die wie selbstverständlich mit zwei Kulturen und endlich auch zwei Pässen aufwachsen, im Namen meiner Schriftstellerkollegen, denen die deutsche Sprache ebenfalls ein Geschenk ist, im Namen der Fußballer, die in Brasilien alles für Deutschland geben werden, auch wenn sie die Nationalhymne nicht singen“. 

„Seit ich das Land verlassen hab, / So viele sanken dort ins Grab, / Die ich geliebt – wenn ich sie zähle, / So will verbluten meine Seele. // Und zählen muß ich – mit der Zahl / Schwillt immer höher meine Qual, / Mir ist, als wälzten sich die Leichen / Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!“ Heine, 1844

Das ist natürlich, ganz im Ernst, glänzend, und wer will, daß sich Herrschaften, die immer dafür gewesen sind, daß das Grundrecht auf Asyl seit der Reform des Artikels 16 „praktisch abgeschafft“ (Kermani) ist, zu stehenden Ovationen erheben, nachdem die Sprache auf tote, verhöhnte, unerwünschte Kanaken gekommen ist, der muß seine Kritik auf diese Weise verzuckern: muß das Deutsch der Verfassung loben und die deutsche Bescheidenheit und Willy Brandts Kniefall wie auch „den sozialen Ausgleich, die beruflichen Chancen, kostenlose Schulen und Universitäten, übrigens auch ein hervorragendes Gesundheitssystem, Rechtsstaatlichkeit, eine bisweilen quälende und doch so wertvolle Meinungsfreiheit, die freie Ausübung der Religion“, was, zugegeben, nach iranischen Maßstäben (und denen des größeren Teils der Welt) alles völlig richtig ist, nach solchen, die eher durch Marx und Adorno als Volker Kauder und Cem Özdemir sich bestimmen, eher nicht. Daß das nach Shoa und Weltkrieg „entehrte“ Deutschland mit dem Grundgesetz seine „Würde“ wiedergefunden habe, ist dann eine Obszönität, die Kermani, der ein kluger Mann ist, nicht etwa unterläuft, denn er muß dem Deutschland, in dem es ihm so gut geht und auf das er so stolz ist, doch den Dienst erweisen, den es von ihm, zum Geburtstag zumal, verlangen kann: eine nationale Würde und Ehre zu rehabilitieren, unter deren Banner die Landsleute 60 Millionen Menschen massakriert haben, dieselben Landsleute, die nach Willy Brandt noch mindestens einen Nazi als Bundespräsidenten und einen Arisierungsprofiteur als Kanzler ertrugen, ihre Türken und Asis noch immer nicht gern aufs Gymnasium lassen und vor Wut schäumen, wenn osteuropäische Lohnsklaven 180 Euro extra bekommen: „Neben dem Lohn lockt das Kindergeld: Polnische Saisonarbeiter bei der Spargelernte in Sachsen“ (Bildunterschrift auf faz.net). Und die den geänderten Artikel 16, „diese monströse Verordnung“ (Kermani), in ihrer Mehrheit ganz selbstverständlich begrüßen.

Und daß der bleibe, nicht daß er abgeschafft werde: dafür hat Kermani („Danke, Deutschland“), wie bona fide immer, gesprochen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg