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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Denk dir nix

Allzuviel hab ich im Leben leider nicht gelesen, und vielleicht war selbst das zuviel. Gremliza, Hacks, Schernikau, Dath – hätt’ ich all das beiseite gelassen, ich müsst’ mich nicht immerzu wundern: darüber etwa, dass mir aus Tagesthemen und Heute-Journal in der Mauerfalljubiläumswoche unablässig das Wort „Freiheit“ entgegenstürzt, während der Rewe-Supermarkt jetzt „Tafel-Tüten“ an der Kasse stehen hat:. Für fünf Euro kann man einem sog. Bedürftigen eine Papiertüte mit Tiefkühlpizza und Schokokeks der hauseigenen Ja!-Marke schenken, weil staatliche Daseinsvorsorge durch Caritas und Almosenprinzip ersetzt worden ist. Auch fiele mir, hätte ich nicht soviel Mist gelesen, die wunderbare Doppelseite in der wunderbar liberalen „Süddeutschen“ nicht auf: Links, auf der Seite zwei, eine ganze Seite zum Hartz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach im Sinne des ALG II straffällig Gewordenen nicht mehr bis zu 100 Prozent (!) des Allernötigsten gekürzt werden dürfen, sondern nur mehr 30; gleichwohl: „Die Karlsruher Richter billigen das Prinzip der Hartz-IV-Gesetze: Jobcenter können Leistungen kürzen, wenn jemand nicht mitzieht.“

Direkt nebenan auf der Seite drei dann wie bestellt und gleichfalls ganzseitig: „In der DDR-Diktatur wurden Schüler verfolgt – wegen ihres Glaubens oder weil sie sich nicht anpassten.“ Hätte ich, noch einmal, nicht gelesen, was ich gelesen habe, ich dächte mir nichts dabei: dass im freien Westen mit Billigung des höchsten Gerichts Leute staatlich geschurigelt werden, weil sie nicht mitziehen, und dass man im unfreien Diktatur-Osten Leute geschurigelt hat, weil sie nicht mitzogen; bloß dass sie im einen Fall nicht beim Kapitaldienst mitziehen (können), im anderen sich weigerten, jenen Christenglauben zu verleugnen, der nach dem Sieg des christlichen Abendlands reaktionäre Stimmungskanonen wie Göring-Eckart (Hartz IV ein „Bewegungsangebot“) und Joachim Gauck (Bundeswehr in alle Welt) ins Rampenlicht gerollt hat. Christlichen Schülern in der DDR wurde „Staatsfeindschaft“ vorgeworfen, mithin die feindlich-negative Einstellung zur Überzeugung, genau solche Leute dürften nie mehr etwas zu sagen haben; dass sie’s heute haben, verbaut nicht mehr jungen Christen die Zukunft, sondern anderen.

„Das Problem aller gegenwärtigen Propaganda ist, dass man dem Imperialismus, der mehr Grund zu Vorwürfen bietet als jede Gesellschaftsform sonst, gar nichts vorwerfen kann: weil ihm gelungen ist, den Leuten alle Kriterien für recht und unrecht, wahr und falsch, schön und hässlich aus den Hirnen zu waschen. Nichts gilt mehr, und wie argumentieren, wo nichts gilt? Das Waschmittel ist der Positivismus, die Wäscherei das Fernsehen. Es gibt Ausbeutung, es gibt Elend, es gibt Arbeitslosigkeit, es gibt Verweigerung von Gesundheit, es gibt Mietwucher, es gibt Bureaukratie, es gibt die Gewohnheit der öffentlichen Lüge, es gibt Krieg. Alle wissen es, keiner bezweifelts, und keinen störts.“ Hacks, 2000

Eine, die die Zukunft anders haben wollte, sitzt heute im glücklich befreiten Osten auf der Couch und quält sich, weil sie damals Kommunistin war: „Ich habe sogar die Mauer verteidigt.“ Das war schlimm, wenn man heute pensionsberechtigt im Warmen sitzt (Moral, schreibt Schernikau in der frisch wiederaufgelegten „Legende“, ist eine Folge der Fernheizung), könnte heute aber etwas weniger „fanatisch“ (Selbsteinschätzung der Lehrerin) dünken, wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich mal wieder ein Stückchen weiter geöffnet hat und das im Fernsehen kommt und sich nicht trotzdem nichts ändert, sondern gerade deshalb. Aber es ist natürlich auch vieles besser geworden, denn als DDR-Journalistin hätte die Renate Meinhof bloß blind reproduziert, was sich in die allgemeine Auffassung fügt, statt kritisch-widerständig nachzuhaken: „Hat man Kinder für eine Idee geopfert? ,Ja, natürlich’, sagt sie (…). So wurde Stefan Gerber geopfert, und Tausende andere wie er.“

Der Hartz-IV-Regelsatz für Schulkinder beträgt 339 Euro. Jedes fünfte Kind in der BRD ist arm, vermutlich Hunderttausende haben noch nie etwas von irgendeiner „Mauer“ gehört. Wer Gremliza, Hacks, Dath gelesen hat, mag finden: So werden Kinder geopfert, für eine Idee, deren unübertrefflicher Vorteil es ist, nicht von Marx, sondern von Bertelsmann zu stammen.




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Briefe an die Leser

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Mahlzeit, Erling Haaland!

Mahlzeit, Erling Haaland!

Zur Fußballeuropameisterschaft der Herren machte erneut die Schlagzeile die Runde, dass Sie Ihren sportlichen Erfolg Ihrer Ernährung verdankten, die vor allem aus Kuhherzen und -lebern und einem »Getränk aus Milch, Grünkohl und Spinat« besteht.

»Würg!« mögen die meisten denken, wenn sie das hören. Doch kann ein Fußballer von Weltrang wie Sie sich gewiss einen persönlichen Spitzenkoch leisten, der die nötige Variation in den Speiseplan bringt: morgens Porridge aus Baby-Kuhherzen in Grünkohl-Spinat-Milch, mittags Burger aus einem Kuhleber-Patty und zwei Kuhherzenhälften und Spinat-Grünkohl-Eiscreme zum Nachtisch, abends Eintopf aus Kuhherzen, Kuhleber, Spi… na ja, Sie wissen schon!

Bon appétit wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
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09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster