Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Gärtners Sonntagsfrühstück Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Das sind so Fragen

Dass in unseren beschleunigten Zeiten alles immer schneller gehe, ist ja nicht die ganze Wahrheit, und ich meine jetzt nicht meine Hauptpost. An der Ampel zum Supermarkt wirbt das Erste Programm noch immer für seine „Themenwoche Gerechtigkeit, ab 11. November“. Immerhin ist das Motiv super: Eine Grundschulgarderobe voller Jacken, und darüber die Frage: „Von klein auf abgehängt – ist das gerecht?“

Das sind so Fragen, die aber immerhin besser sind als gar keine, denn wer nicht fragt, bleibt dumm, und wenn die Leut’ nicht fragen und sich immer bloß fügen, ist das ja auch keine Lösung. Pluralismus ist, wenn möglichst vielen möglichst kluge Fragen einfallen, und lautet die Antwort, wie sie etwa als Online-Kommentar Gestalt gewinnt und in der Mittelschicht als mindestens latente gängig ist, auf obiges Beispiel dann: Na, wenn die Eltern nun einmal asozial sind!, liegt das in der Natur der freiheitlich-demokratischen Sache.

Und wenn die ARD etwas ist, dann freiheitlich-demokratisch. Sie gibt nicht einfach eine Meinung vor, wie in denselben Netzforen so gerne behauptet wird, nicht einmal eine, wie sie dem gesunden oder jedenfalls unverhetzten Menschenverstand als selbstverständlich erschiene: Kinder abhängen und aussortieren, das ist nicht gerecht, sondern infam. Aber selbst die augenfällig richtige Meinung als alternativlos zu verkaufen ist jene Meinungsdiktatur, die doch keiner wollen kann, und deshalb die gute, demokratische Frage: Alles für Constanze und nix für Kevin, ist das gerecht? Hm? Wie sind denn da die Meinungen so? Was sagen die Gäste bei Maischberger? Pro & Contra, Für und Wider? Dass das von kleinauf abgehängte Kind von derlei folgenlosen Gedankenaustäuschen nicht einmal das hat, was man „die Gesellschaft für ein Problem sensibilisieren“ nennt, versteht sich und ist das Opfer, das auch der abgehängteste Teil der Gesellschaft für ihre (nicht so sehr für seine) Freiheit zu bringen bereit sein muss.

„ … und morgen ist es dann vorbei.“ Nena, 1983

Der vor Weihnachten verstorbene Wolfgang Pohrt hatte ja zuletzt die resignierte Ansicht formuliert, der Kapitalismus sei ein perfekter Organismus und deshalb leider unschlagbar, zumal da die Leute auch nichts anderes wollten als vorne dran und Gewinner sein können, schon evolutionär nicht. Das ist so bedenkenswert wie alles Pohrtsche, aber um meinerseits mal eine gute Frage zu stellen: Warum dann noch die ganzen Umstände? Die scheinheiligen Fragen, die Flunkerei, die Hetze? Wenn der Kapitalismus rein gar nichts zu fürchten hat, schon gar nicht die Wut derer, die er abspeist, warum wirbt dann noch die Reklame für den neusten Panzerwagen damit, er verfüge über, gute Güte, „Empathie“?

Weil nicht alle Kapitalisten sowenig zu fürchten haben wie der Kapitalismus selbst, und je kleiner die Kapitalistinnen, desto mehr, und weil, um zur Woche der Gerechtigkeit zurückzukehren, öffentlich-rechtliches Fernsehen Mittelschichtsfernsehen ist. Dass die Frage nach Gerechtigkeit überhaupt gestellt wird, gibt der Mittelschicht das gute Gefühl, es gehe mitunter noch um jene Gerechtigkeit, um die es spätestens dann geht, wenn das Einkommen für die Privatschule oder die Miete, aber keinesfalls für beides reicht. Dass Gerechtigkeit lediglich in Frageform auftritt, hält andererseits die Konkurrenzängste klein, denn Gerechtigkeit meint die sog. Leistungsgerechtigkeit und nicht etwa eine, die eine Überwindung oder auch bloß Milderung von Klassenprivilegien auch bloß probierte.

Dass man’s nicht wissen kann, wie’s weitergeht, ist der einzige Trost, den der alte Pohrt für uns bereit hielt. Der hatte aber, was er selbst am besten wusste, seine Pension. Wer keine hat und sich auch keine Antworten vorstellen kann, die von den offiziellen abweichen, wird sich darüber beruhigen wollen, dass zu den vielen guten Fragen nicht noch welche hinzukommen, die nicht dümmer sind, als sie klingen.




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt