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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Angeschmiert

Der Deutschen liebste Freizeitbeschäftigungen, informiert mich das Radio, sind laut irgendeiner unverzichtbaren Sommerumfrage „Musical und Events unter freiem Himmel“. Wäre man ein bißchen dümmer, man müßte diese Info jetzt erst einmal sacken lassen, und täte man's, man wäre bereits in der Welt aus Cats und PUR-Open-Air, in die sich die Majorität der Deutschen am liebsten flüchtet, wenn sie von „Bildungsrepublik“ und „lebenslangem Lernen“ nichts mehr hören will.

Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: einerseits die vollständige, als solche nicht einmal mehr gewußte Bereitschaft, sich für dumm verkaufen zu lassen, folgsame Regression allerorten und das gar nicht so stille Verwehen intellektueller Standards, wenn in der renommierten, überregionalen Qualitätszeitung nach dem durchaus üblichen Halbdutzend Sprach- und Denkfehler – man kann, z.B., eine Sache schlechterdings nicht „vorzeitig abbrechen“, nicht einmal in München, und schon gar nicht auf der Titelseite – der Medienkritiker das „Debakel“ (ebd.) um eine sowieso rappeldumme Samstagabendunterhaltung und ihren scheiternden Moderator so ernsthaft verhandelt, als ginge es um mehr als darum, wie professionell und reibungslos ein Massenpublikum zu idiotisieren sei, und der Wirtschaftsteil mit vor Staunen offenem Mund die Mitteilung versendet, bis zum neuen Rentenalter von 67 hielten sehr viele Werktätige überhaupt nicht durch, „das aber heißt: Ihre Altersbezüge sinken“, als sei das nicht von Anfang an der Witz der Veranstaltung gewesen.

„Mitleid mit den Dummen, erbarmen mit den Armen / Mitleid mit den Dummen, erbarmen mit den Armen // die sind nicht so clever wie ihr, die verstehen nicht was passiert / denn eure Komplotte sind zu hartgesotten und viel zu kompliziert“ Begemann, 1987

Andererseits, auf der südlichen Seite der Welt, die Brasilianer, die selbst dem Spitzenblödmacher Fußball nicht mehr ohne weiteres auf den Leim gehen wollen und, ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft und drei vor Olympia in Rio de Janeiro, in Massen (und gegen die Massenmedien, die es wie überall mit der Herrschaft halten) lauthals fragen, warum für zig Milliarden Fußballstadien und Sportstätten in Dschungel und Favela betoniert werden, wo es vielen Millionen Menschen (und nicht nur den Ärmsten) an den elementarsten Dingen fehlt und es schließlich, wie die renommierte, überregionale deutsche Zeitung notiert, „wichtigere Dinge als Fußball“ gibt, so wie es ja auch weitaus wichtigere Dinge als „Wetten, daß...?“ gibt, aber zuhause darf die renommierte, überregionale Zeitung gewisse Dinge nicht aussprechen, damit die Leute „nicht auf Gedanken kommen“ (Gremliza).

Die Sache mit Olympia in einem Land, das nicht einmal Schulsport kennt, die riesengroßen Fußballstadien an gottverlassenen Orten, die bloß irgendwelche Dorfvereine beherbergen – daß im Sport, gerade im Fußball mit seiner hemmungslosen Obermafia Fifa, die Korruption so unübersehbar ist, bedeutet nicht, daß anderswo die Widersprüche weniger eklatant wären, z.B. die zwischen Bildungsdeutschland und „Phantom der Oper“ oder zwischen der felsenfest gesundheitsbewegten Zukunftsorientiertheit unserer Biomuttis und der marktkonformen, weltverschandelnden Wirtschaftspolitik ihrer Sachwalter: „Die deutschen Autohersteller dürfen doch noch auf weniger strikte EU-Vorgaben für den Kohlendioxidausstoß ihrer Neuwagen von 2020 an hoffen. Die irische Ratspräsidentschaft gab am Donnerstag dem deutschen Druck nach und verzichtete darauf, den gerade erst vereinbarten Kompromiß zur Abstimmung zu stellen. Die Einigung sah vor, daß Neuwagen von 2020 an im Durchschnitt nur noch 95 Gramm statt 130 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen dürfen. Damit würde der Verbrauch von heute fünfeinhalb auf künftig vier Liter Kraftstoff je 100 Kilometer sinken. Besonders Daimler und BMW würden davon hart getroffen … In Brüssel hieß es, Bundeskanzlerin Merkel (CDU) habe persönlich interveniert“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.6.).

Es heißt, wir lebten in immer unsichereren Zeiten. Das stimmt nicht. Auf die allerorts epochenbestimmende Korruptheit selbst jener Verhältnisse, die für zivilisiert gelten, kann man sich auf deprimierende Weise verlassen, und das einzige Versprechen, das diese unsere Zeit anzubieten hat, ist, daß man zu den Korrumpierten gehören darf und nicht zu den Angeschmierten.




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Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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